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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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auszugehen wünsche.
    »Wohin, glauben Sie, soll ich
gehen? Auf eine Wallfahrt zum Schrein meiner Jugend?«
    »Ich dachte, Sie hätten vielleicht
Freunde hier; Leute, die Sie von früher kennen.«
    »Wenn ich sie hätte, wäre es
unvorsichtig, sie zu besuchen. Ich bin unter einem anderen Namen hier.«
    »Verzeihen Sie. Natürlich.«
    Dann sagte Haldane mit strengem
Lächeln: »Außerdem schließt nicht jeder von uns so leicht Freundschaft.«
    Aufgebracht entgegnete Avery: »Sie
haben mir selbst gesagt, ich solle immer mit ihm zusammen sein!«
    »Sehr richtig, und das taten Sie
auch. Es wäre unangebracht von mir, mich zu beklagen. Sie machen es
bewunderungswürdig. «
    »Was?«
    »Befehle
befolgen.«
    In diesem
Augenblick läutete es an der Haustür, und Avery ging hinunter, um zu öffnen. Im
Licht der Straßenlampe konnte er auf der Straße die vertrauten Umrisse eines
parkenden Lieferwagens der Organisation erkennen. Vor der Tür stand eine
kleine, unscheinbare Gestalt in braunem Anzug und Mantel. Seine braunen
Schuhspitzen glänzten. Es hätte der Gasableser sein können.
    »Mein Name ist Jack Johnson«,
sagte er unsicher. >»Johnson's Radioquelle<, das bin ich.«
    »Kommen Sie herein«, sagte Avery. »Ich
bin doch hier richtig, nicht wahr? Captain Hawkins und so?«
    Er trug
eine weiche Ledertasche, die er vorsichtig auf den Boden stellte, als enthielte
sie seine ganze Habe. Gekonnt schüttelte er den Regen aus dem halb geschlossenen
Schirm und stellte ihn dann in den Ständer unter seinem Mantel. »Ich heiße
John.«
    Johnson ergriff Averys Hand und
drückte sie herzlich. »Freue mich sehr, Sie kennenzulernen. Der Chef hat sehr
viel von Ihnen erzählt. Also Sie sind das Wunderkind, wie ich höre.« Sie
lachten.
    Er faßte Avery mit einer
vertraulichen Geste am Arm. »Sie verwenden Ihren eigenen Namen, nicht wahr?«
    »Ja. Den Vornamen.«
    »Und der Captain?«
    »Hawkins.«
    »Wie ist er, Mayfly, meine ich?
Wie stellt er sich an?«
    »Sehr gut. Einfach sehr gut.«
    »Ich höre, er ist ein ziemlicher
Schürzenjäger.« Während Johnson und Haldane im Wohnzimmer miteinander
sprachen, ging Avery zu Leiser hinauf. »Wir können nicht weggehen, Fred. Jack
ist gekommen.«
    »Wer ist Jack?«
    »Jack Johnson, der Funker.«
    »Ich
dachte, wir würden nicht vor nächster Woche damit anfangen.«
    »Nur die
Grundbegriffe in dieser Woche, damit Ihre Finger wieder locker werden. Kommen
Sie herunter und sagen Sie guten Tag.«
    Leiser trug einen dunklen Anzug
und hielt eine Nagelfeile in der Hand. »Was ist also, gehen wir dann?«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, Fred,
wir können heute abend nicht weg. Jack ist gekommen.« Leiser ging hinunter und
schüttelte Johnson ohne Formalität kurz die Hand, als wären ihm Neuankömmlinge
zuwider. Sie unterhielten sich steif eine Viertelstunde lang, bis Leiser unter
dem Vorwand, daß er müde sei, mürrisch zu Bett ging. Johnson gab seinen ersten
Bericht: »Er ist langsam«, sagte er. »Er hat freilich schon sehr lange nicht
mehr gemorst. Aber ich traue mich nicht, ihn mit dem Gerät arbeiten zu lassen,
ehe er nicht auf der Taste schneller geworden ist. Ich weiß, es ist mehr als
zwanzig Jahre her, Sir, man kann ihm keinen Vorwurf machen. Aber langsam ist
er, Sir, sehr sogar.« Er hatte die bedachtsame Sprechweise einer Kinderfrau,
als verbrächte er viel Zeit mit Kindern. »Der Chef sagt, ich soll ihn die
ganze Zeit steuern - auch beim Einsatz. Ich höre, wir fahren alle nach
Deutschland rüber, Sir.«
    »Ja.«
    »Dann
werden wir uns kennenlernen müssen, Mayfly und ich. Von dem Moment an, wo ich
mit ihm auf dem Gerät zu arbeiten beginne, sollten wir viel zusammen sein, Sir.
Das ist wie mit der Handschrift: Wir müssen uns beide an die Handschrift des
anderen gewöhnen. Außerdem die Fahrpläne, die Zeiten, zu denen er sich melden
kann, und derartiges. Die Tabelle der Zeichen für seine verschiedenen
Frequenzen. Sicherheitszeichen. Das ist für vierzehn Tage ziemlich viel zu lernen.«
    »Sicherheitszeichen?«
fragte Avery. »Absichtlich gemachte Fehler, Sir; wie zum Beispiel ein
Rechtschreibfehler in einer bestimmten Gruppe, statt eines A ein E oder so
etwas. Wenn er uns mitzuteilen wünscht, daß man ihn geschnappt hat und er
unter Aufsicht sendet, wird er das Zeichen auslassen.« Er wandte sich zu
Haldane. »Sie kennen das ja, Captain.«
    »Man hat
in London davon gesprochen, ihm auch die Schnellübermittlung per Tonband
beizubringen. Wissen Sie, was aus dieser Idee geworden

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