Carre, John le
Captain hat's
gesagt.«
»Der Captain hat's
gesagt, John?«
»Genau das. Und er hat es nach
London berichtet. Dort ist man auch zufrieden. Wir haben nur Angst, daß Sie ein
bißchen zu.«
»Zu was?«
»Nun - zu britisch sind.« Leiser
lachte. »Keine Bange, John.« Auf der Innenseite seines Armes, dort wo Leisers
Hand lag, fühlte Avery eine angenehme, trockene Wärme.
Den
Vormittag verbrachten sie mit dem Verschlüsseln. Haldane unterrichtete. Er
hatte Seidentücher mitgebracht, die jeweils mit einem Kode von der Art bedruckt
waren, wie Leiser ihn verwenden würde. Außerdem hatte er eine auf Karton
geklebte Tabelle zur Umwandlung von Buchstaben in Zahlen bei sich. Er klemmte
die Tabelle hinter die Marmoruhr auf dem Kaminsims und erläuterte sie in einem
Vortrag. Seine Art war der Leclercs sehr ähnlich, aber ohne jede Geziertheit.
Avery und Leiser saßen mit gezücktem Bleistift am Tisch und übertrugen nach
Haldanes Anweisungen einen Text Absatz für Absatz in die auf der Tabelle
angegebenen Zahlen, zogen diese von den Zahlenkolonnen auf den Seidentüchern ab
und übersetzten das Ergebnis wieder zurück in Buchstaben. Es war eine Arbeit,
die eher Geschicklichkeit als Konzentration erforderte, und da sich Leiser
vielleicht allzusehr bemühte, wurde er unruhig und verwirrt. »Wir werden jetzt
einmal zwanzig Gruppen nach der Stoppuhr übertragen«, sagte Haldane und
diktierte von einem Blatt in seiner Hand eine aus elf Worten bestehende Meldung
und die Unterschrift >Mayfly<. »Ab nächster Woche werden Sie es ohne
Tabelle schaffen müssen. Ich stelle sie in Ihr Zimmer, und Sie müssen sie auswendig
lernen. Los!«
Er drückte
auf die Stoppuhr und ging zum Fenster, während die beiden Männer am Tisch
fieberhaft arbeiteten und mit beinahe einstimmigem Murmeln einfache
Additionen auf das Schmierpapier vor sich kritzelten. Avery konnte die
wachsende Zerfahrenheit in Leisers Bewegungen bemerken, die unterdrückten Seufzer
und Flüche, das ärgerliche Durchstreichen. Während er selbst nun absichtlich
langsamer arbeitete, spähte er über Leisers Arm, um dessen Fortschritte
festzustellen, und er sah, daß der Bleistiftstummel in Leisers Hand
schweißverschmiert war. Ohne ein Wort zu sagen, tauschte er ruhig sein eigenes
Blatt gegen das Leisers aus. Haldane, der sich gerade umwandte, schien es nicht
bemerkt zu haben. Schon diese ersten Tage hatten genügt, deutlich zu machen,
daß Leiser zu Haldane aufsah wie ein Kranker zu seinem Arzt, oder wie ein
Sünder zu seinem Priester. Dieser Mann, der seine Stärke aus einem so
gebrechlichen Körper gewann, hatte etwas Furchterregendes an sich.
Haldane
tat so, als bemerke er Leiser gar nicht. Er hielt starrköpfig an seinen
privaten Gewohnheiten fest. So unterließ er es nie, sein Kreuzworträtsel zu
lösen, und bei den Mahlzeiten, während sie die Tonbänder ablaufen ließen, trank
er allein seinen Burgunder, von dem er eine Kiste halber Flaschen aus der Stadt
hatte liefern lassen. Seine Verschlossenheit war so vollkommen, daß man
tatsächlich glauben konnte, allein die Nähe des Menschen widere ihn an. Und
doch zog Haldane Leiser mit immer unwiderstehlicherer Kraft an, je
ausweichender, je verschlossener er wurde. Auf Grund irgendwelcher
geheimnisvoller Maßstäbe erschien er Leiser als Musterexemplar des englischen
Gentleman, und was immer Haldane tat oder sagte, bestärkte Leiser nur in seiner
Auffassung. Haldane war eindrucksvoller geworden. In London war er ein Mann,
der langsam und pedantisch über die Korridore tappte, als suche er für seine
Füße Halt. Hinter ihm stauten sich dann immer ungeduldig Büroboten und
Sekretärinnen, die es nicht wagten, ihn zu überholen. Hier in Oxford dagegen
zeigte er eine Beweglichkeit, die seine Londoner Kollegen erstaunt hätte.
Seine vertrocknete Figur war wieder zum Leben erwacht, er hielt sich aufrecht.
Selbst seine Unfreundlichkeit schien nun ein Zeichen besonderer Autorität. Nur
sein Husten blieb - dasselbe gequälte, hoffnungslose Schluchzen, das diesen
schmalen Brustkorb zu sprengen schien und in Haldanes magere Wangen rote
Flecken trieb, was Leiser mit der stummen Sorge eines Schülers für seinen
bewunderten Meister erfüllte.
»Ist der
Captain krank?« fragte er Avery einmal, während er eine alte Ausgabe von
Haldanes Times in die Hand nahm.
»Er
spricht nie darüber.«
»Ich nehme
an, das wäre ungezogen.« Seine Aufmerksamkeit war plötzlich von der Zeitung
gefesselt, die offenbar noch niemand gelesen hatte - nur
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