Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten von gestern (Smiley Bd 1)
Vom Netzwerk:
jeden Tag, wenn ich ihn benutze. Aber, wie gesagt,
ich bin scheu, und Sie kennen mich nicht. Dafür<, sagt er, >zahle ich:
daß Sie mich nicht kennen.«
    Den Tag
werde ich nicht vergessen. Es hat in Strömen geregnet, und ich habe gerade am
Motor von einem alten Taxi herumgebastelt, das ich von einem Kerl in Wandsworth
gekauft hatte. Einem Buchmacher war ich vierzig Pfund schuldig, und die
Polente ist zudringlich geworden wegen eines Wagens, den ich auf Abstottern
gekauft und in Clapham verkloppt hatte.«
    Mr. Scarr
holte tief Atem und blies dann die Luft wieder aus, mit einem Ausdruck von
komischer Resignation.
    »Auf
einmal stand er hinter mir wie mein eigenes Gewissen und ließ Pfundnoten über
mich herunterregnen wie alte Totoscheine.«
    »Wie hat
er ausgesehen?« erkundigte sich Mendel.
    »Ziemlich
jung war er. Großer blonder Bursche, aber eiskalt, kalt wie die Nächstenliebe.
Seit damals habe ich ihn nie mehr gesehen. Er hat mir Briefe geschickt, die in
London aufgegeben und auf gewöhnlichem Papier mit der Maschine geschrieben
waren. Einfach nur: >Seien Sie Montag abend bereit« oder: »Donnerstag abend«
und so. Es war alles genau ausgemacht. Ich habe den Wagen in den Hof gestellt,
fix und fertig und voll Sprit. Wann er zurück sein wird, hat er nie gesagt. Hat
ihn nur reingefahren bei Feierabend, oder später, die Standbeleuchtung brennen
lassen und ihn abgesperrt. In die Kartentasche hat er immer ein paar Pfund
gelegt, für jeden Tag, den er weg war.«
    »Was war,
wenn was schiefgegangen ist, wenn man dich für irgend etwas anderes beim Kragen
hatte?«
    »Er hat
mir eine Telefonnummer gegeben und gesagt, ich soll anrufen und nach jemandem
fragen.«
    »Wie war
der Name?«
    »Er hat
mir gesagt, ich soll mir einen aussuchen. Ich habe Blondie ausgesucht. Er hat
das nicht sehr komisch gefunden, aber wir sind dabei geblieben. Die Nummer war
Primrose 0098.«
    »Hast du
sie einmal gebraucht?«
    »Ja, vor
ein paar Jahren. Ich wollte zur Erholung zehn Tage nach Margate. Da habe ich
mir gedacht, es ist besser, daß ich ihm das sage. Ein Mädchen war am Telefon -
nach der Stimme auch eine Holländerin. Sie hat gesagt, Blondie ist in Holland,
und sie wird die Botschaft übernehmen. Aber dann später habe ich mir die Mühe
nicht mehr gemacht.«
    »Warum
nicht?«
    »Es ist
mir aufgefallen, verstehen Sie, daß er immer alle vierzehn Tage, immer am
ersten und dritten Dienstag gekommen ist, außer im Januar und Februar. Diesmal
ist er zum erstenmal im Januar gekommen. Er hat den Wagen meistens am
Donnerstag zurückgebracht. Komisch, daß er heute abend gekommen ist. Aber
jetzt ist es ja aus mit ihm, oder?« Scarr hielt die Karte, die ihm Mendel
gegeben hatte, in seiner riesigen Hand.
    »Ist er
eigentlich manchmal weggeblieben? Längere Zeit?«
    »Im Winter
war er mehr weg. Im Januar ist er nie gekommen, auch im Februar nicht. Wie ich
gesagt habe.«
    Mendel
hatte die fünfzig Pfund noch in der Hand. Er warf sie Scarr auf den Schoß.
    »Bilde dir
jetzt nicht ein, daß du Schwein gehabt hast. Ich möchte nicht in deinen Schuhen
stecken, nicht einmal für zehnmal soviel Geld. Ich werde wiederkommen.«
    Mr. Scarr
sah beunruhigt aus.
    »Ich hätte
nicht gepfiffen«, sagte er, »aber ich will da in nichts hineinverwickelt
werden, verstehen Sie. Schon gar nicht, wenn das alte Land dabei zu Schaden
kommen würde, nicht wahr, Chef?«
    »Ach,
jetzt halt doch schon endlich den Mund«, sagte Mendel. Er war müde. Er nahm die
Karte wieder an sich, stieg aus und ging in der Richtung zum Spital weg.
    Dort gab
es nichts Neues. Smiley war noch immer bewußtlos. Man hatte das C.I.D.
benachrichtigt und riet Mendel, seinen Namen und seine Adresse zu hinterlassen
und nach Hause zu gehen. Das Spital würde anrufen, wenn es etwas Neues gäbe.
Nach langem Hin- und Herreden bekam Mendel endlich den Schlüssel zu Smileys
Wagen von der Schwester.
    Daß ich in
Mitcham wohne, ist doch zu blöd, dachte er.
     
    Erwägungen in einem Krankenzimmer
     
    Er haßte
das Bett wie ein Ertrinkender das Meer. Und die Bettücher, die ihn so
festhielten, daß er weder Hand noch Fuß bewegen konnte.
    Und das
Zimmer haßte er, weil er davor Angst hatte. Bei der Tür stand ein kleiner
Rollwagen mit Instrumenten drauf, Scheren, Verbandzeug, Flaschen, unheimliche
Gegenstände, die den Schrecken des Unbekannten an sich hatten, das zur letzten
Kommunion in weißes Leinen gehüllt war. Da gab es Gefäße, große, die halb mit
Tüchern bedeckt waren und wie weiße Adler

Weitere Kostenlose Bücher