Carte Blanche - Ein Bond-Roman
wollen. Bond trennte die Verbindung und wollte Bill Tanner anrufen.
Doch Dunne erreichte den Wagen und riss die Tür auf. »Na los, Theron. Lassen Sie Ihren neuen Boss nicht warten. Sie wissen ja schon Bescheid. Lassen Sie Ihr Telefon und die Waffe im Auto.«
»Ich dachte, ich hinterlege sie wieder bei Ihrem freundlichen Pförtner.«
Falls es auf einen Kampf hinauslief, würde er vielleicht an die Pistole herankommen und mit der Außenwelt in Kontakt treten können.
Doch Dunne sagte: »Diesmal nicht.«
Bond fing keine Diskussion an. Er schloss sein Telefon und die Walther im Handschuhfach des Wagens ein, gesellte sich zu Dunne und verriegelte das Fahrzeug mit der Funkfernbedienung.
Während er abermals das Ritual in der Sicherheitsschleuse über sich ergehen ließ, fiel sein Blick zufällig auf eine Uhr an der Wand. In York war es kurz vor acht Uhr morgens. Ihm blieben nur noch rund zweieinhalb Stunden, um herauszufinden, wo die Bombe hochgehen sollte.
55
Die Green-Way-Lobby war menschenleer. Bond nahm an, dass Hydt – oder eher Dunne – dafür gesorgt hatte, dass das Personal einen Tag freibekam, damit das Treffen und die Premiere des Gehenna-Plans ungestört über die Bühne gehen konnten.
Severan Hydt kam ihm auf dem Flur entgegen und begrüßte Bond herzlich. Er war guter Laune, sogar überschwänglich. Seine dunklen Augen strahlten. »Theron!«
Bond schüttelte ihm die Hand.
»Ich möchte, dass Sie für meine Partner eine Präsentation des Killing-Fields-Projekts vorbereiten, denn sie werden es mit finanzieren. Dabei brauchen Sie nicht groß auf die Form zu achten. Zeigen Sie einfach auf einer Karte, wo die wichtigsten Gräber liegen, seit wann sie existieren, wie viele Leichen sich dort ungefähr befinden und was Ihre Kunden in etwa zu zahlen bereit sind. Ach, übrigens, ein oder zwei meiner Partner arbeiten auf einem ähnlichen Gebiet wie Sie. Vielleicht kennen Sie sich ja.«
Bond erschrak. Diese Männer würden sich womöglich genau das Gegenteil fragen: Wieso hatten sie noch nie von dem skrupellosen Söldner Gene Theron aus Durban gehört, der schon haufenweise Leute unter die afrikanische Erde gebracht hatte?
Auf dem Weg durch das Green-Way-Gebäude erkundigte Bond sich, wo er arbeiten könne. Er hoffte, dass Hydt ihn als neuen geschätzten Partner eventuell in die Forschungs- und Entwicklungsabteilung bringen würde.
»Wir haben ein Büro für Sie.« Doch der Mann führte ihn in einen großen, fensterlosen Raum, in dem ein paar Stühle, ein Tisch und ein Schreibtisch standen. Außerdem lagen Büroartikel wie Notizblöcke und Schreibstifte bereit, dazu Dutzende detaillierter Landkarten von Afrika sowie eine Gegensprechanlage, aber kein Telefon. An den Seiten hingen Pinnwände und daran wiederum Kopien der Fotos von verwesenden Leichen, die Bond geliefert hatte. Er fragte sich, wo die Originale sein mochten.
In Hydts Schlafzimmer?
»Ist das ausreichend?«, fragte der Lumpensammler freundlich.
»Aber ja. Ein Computer wäre hilfreich.«
»Das lässt sich machen – für die Textverarbeitung und zum Ausdrucken. Natürlich ohne Internetzugang.«
»Ohne?«
»Wir fürchten Hacker und achten sehr auf unsere Sicherheit. Aber wie gesagt, Sie brauchen sich vorläufig nicht um die Form zu kümmern. Handschriftliche Notizen reichen völlig aus.«
Bond sah auf die Uhr und blieb äußerlich ruhig. In York war es nun zwanzig nach acht. Nur noch rund zwei Stunden. »Tja, dann mache ich mich mal lieber ans Werk.«
»Wir sind den Flur hinauf im großen Konferenzraum. Gehen Sie bis zum Ende und dann nach links. Nummer neunhundert. Gesellen Sie sich gern jederzeit zu uns, auf jeden Fall aber noch vor zwölf Uhr dreißig. Dann läuft nämlich etwas im Fernsehen, das Sie interessieren dürfte.«
Zehn Uhr dreißig in York.
Nachdem Hydt gegangen war, beugte Bond sich über die Landkarten und kreiste einige der Regionen ein, die er bei der Unterredung mit Hydt im Lodge Club willkürlich als Kampfgebiete genannt hatte. Dann schrieb er diverse Zahlen dazu – die vermeintlichen Opfer – und packte die Karten, einen Notizblock und ein paar Stifte zusammen. Er trat hinaus auf den leeren Korridor, orientierte sich kurz und ging zur Forschungs- und Entwicklungsabteilung.
Die Erfahrung lehrt, dass der einfachste für gewöhnlich auch der beste Ansatz ist, sogar bei einer improvisierten Operation wie dieser.
Also klopfte Bond einfach an die Tür.
Mr. Hydt hat mich gebeten, einige Unterlagen für ihn zu holen
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