Carte Blanche - Ein Bond-Roman
bekommen.
Wie, zum Teufel, kam Hydt an so ein Ding?
Bond blätterte weiter und stieß auf ausführliche Konstruktionszeichnungen und Blaupausen, auf Anweisungen zur Herstellung der Schrapnellklingen und zur Programmierung des Zündsystems, alle auf Serbisch verfasst und mit englischen Übersetzungen versehen. Das erklärte es: Hydt hatte den Cutter angefertigt . Er war irgendwie in den Besitz dieser Pläne gelangt und hatte seinen Ingenieuren befohlen, eine dieser verfluchten Bomben zu bauen. Die Titanspäne, die Bond auf dem Armeestützpunkt gefunden hatte, stammten von den tödlichen Klingen.
Und der Zug in Serbien – dies erklärte das Geheimnis der gefährlichen Chemikalie. Dunne hatte es gar nicht auf sie abgesehen gehabt. Er hatte wahrscheinlich nicht mal etwas von ihr gewusst. Das Ziel seiner Reise nach Novi Sad war der Diebstahl von Titan für die Bombe gewesen – aus den beiden Waggons voller Altmetall direkt hinter der Lokomotive. Dunnes Rucksack hatte keine Waffen oder Bomben enthalten, um die Fässer des dritten Waggons zu sprengen, sondern war leer gewesen. Er hatte ihn mit einzigartigen Titanresten gefüllt und diese dann nach March gebracht, wo sie für den Cutter benötigt wurden.
Die durch den Iren herbeigeführte Entgleisung sollte wie ein Unfall aussehen und den Diebstahl des Metalls verschleiern.
Doch wie waren Dunne und Hydt überhaupt an die Pläne gekommen? Die Serben hätten die Blaupausen und Spezifikationen unter allen Umständen geheim gehalten.
Die Antwort darauf fand Bond einen Moment später, in einem Memo von Mahdi al-Fulan, dem Ingenieur aus Dubai. Das Datum lag ein Jahr zurück.
Severan,
ich habe mich mit Ihrer Anfrage beschäftigt, ob es möglich ist, ein System zu konstruieren, das geschredderte Geheimdokumente wieder zusammensetzt. Ich fürchte, bei modernen Schreddern lautet die Antwort Nein. Doch ich würde Folgendes vorschlagen: Ich kann eine elektronische Optik entwickeln, die vermeintlich der Sicherheit dient und Verletzungen vorbeugt für den Fall, dass jemand in einen Dokumentenschredder greift. In Wahrheit jedoch würde sie außerdem als Hochgeschwindigkeitsscanner fungieren. Wenn die Dokumente in das System geschoben werden, liest der Scanner sie vollständig ein, bevor sie den eigentlichen Schredder erreichen. Die Daten können auf einer drei oder vier Terabyte großen Festplatte gespeichert werden, die sich irgendwo im Gehäuse verstecken lässt. Von dort aus kann man sie via verschlüsselter Mobilfunk- oder Satellitenverbindung herunterladen. Oder man tauscht die Festplatte aus, wenn Ihre Angestellten das Gerät warten oder reinigen.
Ich empfehle ferner, dass Sie Ihren Kunden Schredder aus eigener Fertigung anbieten, in denen die Dokumente im wahrsten Sinne des Wortes zu Staub zermahlen werden. Das schafft das nötige Vertrauen, und man wird Ihnen auch die geheimsten Unterlagen zur Vernichtung überlassen.
Außerdem schwebt mir ein ähnliches Gerät vor, das Daten von Festplatten extrahiert, bevor sie zerstört werden. Ich halte es für möglich, eine Maschine zu bauen, die Laptop- oder Desktop-Computer eigenständig zerlegt, dabei die Festplatte optisch identifiziert und sie zu einer Spezialstation leitet, wo sie vorübergehend mit einem Prozessor der Maschine verbunden wird. So könnte man Geheiminformationen kopieren, bevor die Festplatten gelöscht und physisch vernichtet werden.
Bond erinnerte sich an seine Führung über das Gelände und Hydts Begeisterung für die automatisierte Computerzerlegung.
In ein paar Jahren wird das mein lukrativster Geschäftszweig sein.
Er las weiter. Die mit Scannern versehenen Dokumentenschredder waren bereits in jeder Stadt in Gebrauch, in der Green Way eine Filiale besaß. Zu den Kunden zählten auch hochgeheime serbische Militäranlagen und Waffenzulieferer außerhalb von Belgrad.
Andere Memos umrissen Pläne, weniger geheime, aber dennoch wertvolle Dokumente zu erbeuten. Zu diesem Zweck sollten besondere Teams der Green-Way-Abfallentsorgung den Müll der Zielpersonen sammeln, an einem Ort zusammentragen und nach persönlichen und heiklen Informationen durchsuchen.
Bond begriff sofort, worum es ging: Er fand Kopien von Kreditkartenbelegen, manche intakt, andere wieder zusammengesetzt, nachdem man sie in einen haushaltsüblichen Aktenvernichter gesteckt hatte. Eine Rechnung stammte beispielsweise aus einem Hotel am Rand von Pretoria. Der Karteninhaber trug den Titel »Right Honourable« und war somit
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