Cash Out (German Edition)
und begebe mich grummelnd zum Van.
Larry faulenzt auf seiner Veranda, einen Kaffee in Händen, und beobachtet mich.
Ich werfe meinen Kram in den Wagen und überquere die Straße zu Larry. Wasserstreifen verdunkeln die Hälfte seiner Zufahrt, während winzige Bäche unter dem Garagentor herausplätschern. Gerade als ich einen schrägen Blick auf die Garage werfe, zischt und poppt und sprüht irgendwas darin; ein größerer Bach schiebt sich unter dem Tor hervor und fließt die Zufahrt hinunter.
Larry trinkt seinen Kaffee und starrt in die Luft.
«Hey, Larry.» Ich versuche freundlich und unbefangen zu klingen, als wäre er nie mit einem Taser in meinem Schlafzimmer gewesen. «Immer noch mit Mr. Wetty zugange?»
Larry sieht nachdenklich zu mir auf, ist offenbar in Gedanken Lichtjahre entfernt. «Pass auf, Larry, ich kann das jetzt gar nicht genug betonen. Diese Typen da drinnen – ich brauche sie irgendwann zurück. Unbeschadet. Und mit irgendwann meine ich ungefähr in vierundzwanzig Stunden.»
«Wir werden sie im Hochland freilassen.»
Ich muss an Park Ranger denken, die einen Bären betäuben und ihn anschließend Hunderte Meilen entfernt wieder aussetzen.
«Tja, vielleicht ist es an der Zeit, Mr. Wetty mal eine Pause zu gönnen.»
Larry rutscht herum, trinkt einen Schluck und blinzelt in die Leere.
«Larry?»
Langsam dreht er seine Augen in meine Richtung. Sie wirken leer.
Ich sehe auf meine Uhr und begreife, dass ich mich schleunigst auf die Socken machen sollte. Ich kann mich jetzt nicht mehr mit Mr. Wetty beschäftigen. Aber ich hoffe, er kann mir bei einer letzten Sache noch helfen.
«Larry, du hast gesagt, du hättest die Einzelheiten aus diesem kleinen Burschen extrahiert.»
Starrt immer noch auf den Boden, denkt nach.
«Es würde mir sehr viel helfen, wenn du mir sagst, was er über Tampa erzählt hat. Dann weiß ich, worauf ich mich da unten einlasse.»
Starrt immer noch.
«Larry?»
Streicht sich über den Bart.
«Larry», fahre ich ihn an, «sag mir jetzt, was dieser Typ von Tampa erzählt hat.»
Er steht auf, starrt auf meine Schuhe. «Mach einfach, was sie dir gesagt haben.»
«Sie?»
«Die kleinen Leute.»
«Larry. Komm schon. Ich brauche mehr als das.»
Larry öffnet die Haustür, dreht sich dann um und inspiziert mich ein letztes Mal, fast ernüchtert. «Auf mich wartet Arbeit», sagt er und schließt die Tür.
Ganz egal wie oft ich schon mit Stephen Fitzroy geflogen bin, das Spektakel beeindruckt mich jedes Mal aufs Neue.
Ich verlasse mein winziges Peninsula-Haus mit seinen verschrammten Parkettböden und angestoßenen Möbeln, steige in meinen alten Corolla und verschmelze mit den Pendlerhorden auf der U.S. 101 , fahre am Langzeitparkplatz des San Jose International vorbei weiter auf die andere Seite des Flughafens. Ich parke den Corolla vor dem Gebäude von Atlantic Aviation, dem Unternehmen, das technische Dienstleistungen für die Dutzenden Privatjets anbietet, die jeden Tag San Jose anfliegen und verlassen. Und mir nichts, dir nichts befinde ich mich in einer anderen Welt, einer, von der ich früher nie gedacht hätte, sie jemals zu Gesicht zu bekommen.
Ich trotte durch die Tür, nicke den vertrauten Gesichtern zu, mache mich auf den Weg über die Rollbahn rüber zu Fitzroys Gulfstream 5 . Sie ist riesig, die Morgensonne verleiht ihr einen glänzenden, blauweißen Schimmer, ihre Triebwerke laufen mit einem hohen Schnurren. Ein lächelnder Steward in einer dunkelblauen Windjacke nimmt meine Taschen entgegen und begleitet mich zum Jet, was mir immer etwas unangenehm ist – ich bin kein Schnösel, der jemanden braucht, der ihm die Taschen trägt und ihn wie ein Mitglied des Königshauses behandelt –, aber ich weiß, es ist sein Job, und so ziemlich das Letzte, was ich will, ist, als undankbares Arschloch durchzugehen.
«Wie geht’s Ihnen heute, Sir?»
Ich stelle Blickkontakt zu ihm her, nicke und lächle. «Mir geht’s wunderbar.» Ein Flashback – Larry heute Morgen auf seiner Veranda faulenzend und ins Leere stierend. «Ein herrliches Flugwetter heute.»
Er nickt emsig. «Ein perfekter Tag, Sir.»
Während wir uns der G 5 nähern und die Turbinen unsere Stimmen übertönen, denke ich an den gerade mal fünfzig Meter entfernt stehenden Familienvan mit seinen zerrissenen Polstern und dem ausgeblichenen Armaturenbrett, denke an mein einfaches kleines Haus an meiner bescheidenen kleinen Straße und schüttele ungläubig den Kopf.
Wie zum Teufel bin
Weitere Kostenlose Bücher