Cash
wo er ist?«
»Ja, er hat den nächsten genommen. Sollte in etwa drei Stunden in New York sein.«
»Und du konntest mich nicht anrufen, um mir das mitzuteilen?«
«Er meinte, er macht das.«
»Hat er aber nicht, und ich stehe hier rum wie ein Idiot.«
»Er hat gesagt, er ruft an. Was soll ich sagen?«
Matty kochte. Das brauche ich nicht, das will ich nicht. »Was hat dieser Junge für ein Problem?«
»Keine Ahnung, Matty, vielleicht ist sein Telefon kaputt, vielleicht ist er weggedröhnt, ich lebe nicht in seinem Kopf.«
»Gib mir mal seine Nummer.« Er notierte sie in derselben gehetzten Klaue, mit der er eine Million Eckdaten für hunderttausend Verbrechen in zehntausend Nächten notiert hatte. »Wann kommt sein Bus an?«
»Gegen halb acht«, sagte Lindsay, und dann verabschiedete sie sich, »Viel Spaß«, mit diesem aufreizend unnötigen Singsang.
Matty setzte sich auf eine Bank neben die Ausreißerin, vermutlich Ausreißerin, wollte etwas zu ihr sagen und ließ es lieber bleiben. Durch die Halle kam ein Mann mittleren Alters auf sie zu und taxierte Matty ausführlich; Matty, scheinbar unbedarft, saß in den Startlöchern. Bevor dieser Kerl allerdings die Bank erreichte, stand das Mädchen auf, schlang ihm die Arme um den Hals, der Mann sagte in ihr Haar: »Mom sitzt zu Hause auf Kohlen« und hob dann den Kopf, um Matty noch einmal gründlich zu beäugen. Peinlich berührt wandte Matty den Blick ab und sah schließlich zu, wie die beiden sich durch die Menge schlugen und im Sonnenlicht auflösten.
Minette hatte ihm neulich erzählt, wie schwer es Billy gefallen sei, für sie und ihre Tochter seine erste Frau und seinen Sohn zu verlassen. Für Matty war das Schwerste an der Trennung von Lindsay und den Kindern gewesen, wie schwindelerregend leicht es ihm gefallen war.
Er sah auf sein Telefon und gab die Nummer des Anderen ein, um dem Jungen den Marsch zu blasen und ein paar Pflöcke einzuhauen, kappte den Anruf aber vor dem ersten Klingeln.
Halb acht: drei Stunden noch. Matty beschloss, sitzenzubleiben und zu warten. Lieber von Angesicht zu Angesicht.
Impressum
Cash
von Richard Price (Autor),
Miriam Mandelkow (Übersetzer)
Preis: EUR 19,95
Gebundene Ausgabe: 528 Seiten
Verlag: Fischer (S.), Frankfurt; Auflage: 1. (22. Mai 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3100608100
ISBN-13: 978-3100608109
ebook Erstellung - Juni 2010 - TUX
Ende
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