Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
könnte mit einem Telefonanruf oder einem Treffen der Anwälte hinter verschlossenen Türen geregelt werden.«
»Ich versuche es nur«, wiederholte er, während er seine Arme nach mir ausstreckte.
»Versuch es«, sagte ich, »aber ich werde dem nicht länger als einen Tag zusehen.«
»Sie werden ihn schon nicht mißbrauchen«, sagte er und versuchte, es weniger tragisch klingen zu lassen.
»Logan!« Meine Augen wurden schmäler. »Du hast mir versprochen, daß Drake für dich wie ein eigenes Kind sein wird.«
»Ich weiß, und das ist er auch«, protestierte er.
»Nun, würdest du so etwas bei deinem eigenen Kind zulassen? Daß jemand ihn mitnimmt und seinen Kopf mit schrecklichen Dingen über dich füllt?« Er antwortete nicht. »Würdest du das?«
»Natürlich nicht.«
»Also, dann… ich rufe morgen J. Arthur Steine an und werde mich von ihm beraten lassen und ihn nach einem Anwalt in Virginia fragen. Ich werde die bestmögliche Rechtsberatung haben und, wenn nötig, mein ganzes Geld dafür ausgeben.«
»Sicher, das verstehe ich«, sagte er sanft.
»Und wenn es bedeutet, daß wir unsere zerrissene und dreckige Wäsche hinaushängen müssen, so daß es alle sehen können. Ich werde es trotzdem tun, um Drake wiederzubekommen. Es ist mir egal, was diese Leute von uns denken.«
»Also, da hast du das magische Wort gesagt, Heaven«, sagte Logan. »Uns. Es gibt auch noch andere Menschen, an die wir denken müssen… meine Eltern, zum Beispiel.«
In meiner Brust brannte eine solche Hitze, daß ich dachte, mein Herz würde Feuer fangen. Das Glühen wanderte meine Kehle hinauf über meinen Hals und in mein Gesicht. Ich fühlte, wie meine Wangen brannten.
»Du hast auch nicht an sie gedacht, als du mit Fanny in der Holzhütte geschlafen hast, oder, Logan?« fragte ich schnell. Er erbleichte. »Nun?«
»Ich habe dir doch gesagt, wie das passiert ist. Muß ich nun mein ganzes Leben lang dafür bezahlen?« fragte er verzweifelt.
»Ich weiß es nicht«, sagte ich. Ich wischte mir die letzten Tränen vom Gesicht. »Vielleicht ist es Zeit, daß wir alle zu unserer Vergangenheit und unseren Taten stehen. Vielleicht ist all das passiert, daß wir uns reinigen können«, sagte ich. »Was auch die Gründe sind… Ich bin entschlossen, das zu tun, was richtig und notwendig ist, mit oder ohne deine Unterstützung.«
Logan starrte mich einen Moment an und nickte dann.
»Es tut mir leid. Ich wollte nicht selbstsüchtig sein. Natürlich hast du meine Unterstützung, und natürlich werde ich an deiner Seite sein. Ich liebe dich zu sehr, um dich noch einmal so etwas allein durchstehen zu lassen«, sagte er. »Morgen früh tue ich alles, was ich kann, um das zu stoppen, und wenn es nicht gelingt, dann gehe ich überall hin und tue alles, was du willst, um Drake hierher zurückzubringen, wo er hingehört.«
»Danke, Logan.« Meine Augen füllten sich mit Tränen.
»Danke mir nicht dafür, daß ich dich so sehr liebe, Heaven. Das ist es, was mein Leben lebenswert macht.«
Er streckte sich nach mir aus und umarmte mich.
»Es wird alles gut werden«, flüsterte er. »Du wirst sehen.«
»Das hoffe ich«, sagte ich.
Am Morgen, gleich nach dem Frühstück, verschwand Logan zu seinem Anwalt, um die Telefonate zu erledigen. Ich ging nicht zum Frühstück hinunter. Mrs. Avery brachte mir ein Tablett herauf mit einem Kaffee und einem Stück Toast, mehr konnte ich nicht essen. Sie sagte nichts, aber ich konnte ihr ansehen, daß sie wußte, etwas Schreckliches war passiert. Sie mußte nach Drake gefragt haben, und Logan mußte ihr etwas erzählt haben. Sie war zu diskret, damit anzufangen, aber einen Augenblick lang sehnte ich mich danach, mit jemandem ihres Alters sprechen zu können, einer wirklichen Mutter, der ich meine Angst und meine Probleme anvertrauen könnte. Wie glücklich waren diese Mädchen, die Mütter und Schwestern hatten, denen sie vertrauen konnten, dachte ich.
Nachdem ich den Kaffee getrunken hatte, nahm ich mich zusammen und tat, was ich Logan angekündigt hatte.
Ich rief J. Arthur Steine an. Er kam sofort ans Telefon und unterbrach dabei eine Konferenz mit Mitarbeitern. Er hörte teilnehmend zu.
»Kann sie tun, was sie gesagt hat?« fragte ich schnell, als ich alles, was geschehen war, zusammengefaßt hatte.
»Nun, wie Sie mir erzählt haben, ist sie eine erwachsene Frau und eine Schwester von ihm dazu. Es war mir nicht eingefallen, bei unserem Treffen in meinem Büro etwas über Ihre Brüder und
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