Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
Drakes Vertrauen und Liebe gewonnen hatte. Wegen seiner Trauer und all dem, was ihm passiert war, hatte er eine harte Schale um sich herum aufgebaut. Genauso hatte es Luke damals gemacht, als meine Mutter Leigh bei meiner Geburt starb. Aber ich war dabei gewesen, die Schale um Drake Stück für Stück abzukratzen, und ich hatte gefühlt, daß ich dabei gute Fortschritte machte. Jetzt zerstörte Fanny alles. Ich dachte daran, wie hübsch Drake in seinem kleinen Anzug auf der Party ausgesehen hatte. Kurz bevor wir die Auffahrt zum Hasbrouck-Haus hinauffuhren, brach der Damm, und ein Strom von Tränen brach aus mir heraus.
War ich dazu ausersehen, mit Verzweiflung und Trauer durch das Leben zu gehen, mit diesen Zwillingen, die sich bei mir wohl fühlten? Oder wartete vielleicht das Glück auf mich, das Glück, nach dem ich weiterhin langte wie nach einem schönen Vogel? Wenn man ihn zu fest hielt, dann brach man ihm die Flügel und drückte ihn zu Tode. Hielt man ihn nicht fest genug, flog er weg. War das Glück weggeflogen?
Als ich ins Haus trat, ging es mir noch einigermaßen gut, dann stieg ich hinauf und stockte vor Drakes Zimmer. Ich brach in Tränen aus, rannte in mein Schlafzimmer, warf mich aufs Bett und weinte. Nach einer Weile kam Logan herauf und schloß die Türe sanft hinter sich. Ich konnte meine Tränen und mein Schluchzen nicht zurückhalten. Er legte seine Hand auf meine Schulter. Ich drehte mich um und sah ihn an.
»Nun, nun«, sagte er. »Es gibt doch keinen Grund, so unglücklich zu sein. Du weißt doch, wie Fanny ist.«
»Was willst du damit sagen, Logan?« Ich wischte mir mit der Hand die Tränen ab.
»Sie macht gerne schreckliche Sachen, und danach, wenn sie befriedigt ist, oder wenn sie meint befriedigt zu sein, hört sie wieder auf damit. Wie lange, meinst du, will sie die Verantwortung für einen kleinen Jungen übernehmen?« Er lachte. »Fanny? Ich kann es mir nicht vorstellen.«
»Randall Wilcox wird sie heiraten, Logan.«
»Randall Wilcox? Das kann ich nicht glauben. Sein Vater wird ihn enterben. Das hat sie sich nur ausgedacht, um die Dinge für dich schlimmer zu machen.«
»Nein, es ist wahr. Er war bei ihr zu Hause. Er steht unter ihrem Pantoffel. Sie hat ihn sogar dazu gebracht, daß er mich nicht mehr mag. Aber das Wichtige dabei ist, daß Fanny einen Ehemann haben wird und so ein passendes Heim für Drake vorweisen kann.«
»Ich glaube trotzdem nicht, daß sie sich um ihn kümmern – «
»Logan! Was erwartest du von mir? Daß ich herumsitze und warte, bis sie von Drake gelangweilt ist? Sie hat seinen Kopf schon jetzt mit schrecklichen Geschichten über mich angefüllt. Jeder weitere Tag wird das Unglück nur noch schlimmer machen.«
Er nickte nachdenklich.
»Also, ich werde einen meiner Anwälte damit beauftragen, sich um den Papierkram zu kümmern, er soll sie mit einem Gerichtsverfahren ein wenig einschüchtern. Sie wird dann nicht wissen, was sie tun soll, und dann – «
»Sie hat bereits einen Rechtsanwalt«, sagte ich schnell. »Wendell Burton.«
»Wendell Burton?«
Ich nickte. »Er hat ihr bereits Rechtshilfe gegeben.«
»Wendell Burton. Er ist einer von denen, die hinter Unfällen her sind, weil sie daran am meisten verdienen. Einer von der schlimmsten Sorte, ein Parasit, ein Schleimer. Immer wenn jemand tödlich verunglückt, dann kommt er zur Grabrede und verteilt dort seine Visitenkarte. Er hofft, daß die Angehörigen ihn engagieren, um jemanden zu verklagen.«
»Es ist egal, was für ein Anwalt er ist oder wie gut er ist. Wichtig ist, wie weit sie dabei schon gegangen ist. Es ist nicht so einfach, wie du denkst. Wir werden vor Gericht gehen müssen.« Er starrte mich einen Moment lang an. »Ich kann das nicht glauben… gerade jetzt, wo die Fabrik anläuft und wir endlich einmal einen Schritt weiterkommen in dieser Gemeinde, jetzt müssen wir einen Familienkrach öffentlich austragen.«
»Es ist mehr als ein Familienkrach, Logan. Weit mehr. Ein kleiner Junge steht auf dem Spiel.«
»Ich weiß das, ich weiß das«, sagte er. Er stand auf und ging auf und ab. »Vielleicht können wir trotzdem etwas hinter geschlossenen Türen vereinbaren.«
»Das können wir nicht. Du mußt den Tatsachen ins Gesicht sehen.«
»Himmel, Heaven, kann ich es nicht wenigstens probieren, ob es nicht doch einfacher geht? Ich werde einige Anrufe machen und sehen, was dabei herauskommt.«
Ich schüttelte den Kopf und setzte mich gerade hin.
»Du bist wie Tony. Du meinst, alles
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