Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
Tisch schlug, verstummten alle: Niemand wollte hinausgeworfen werden und etwas verpassen. »Wir gaben vor, daß das Kind von uns wäre… Schließlich wollten wir dem unschuldigen Kind das Leben erleichtern. Wir wollten, daß es in der Gemeinde akzeptiert werden würde. So hat es der Herr gewollt.«
»Ich will nicht Ihre Motive in Frage stellen, Reverend, aber boten Sie damals Fanny Casteel nicht zehntausend Dollar an, damit sie schriftlich alle Rechte auf das Kind aufgab?«
»Das tat ich… aber nicht, weil ich damit das Kind kaufen wollte. Meine Frau und ich waren der Meinung, daß sie das Geld nötig hätte, da sie unser Haus verlassen und in der Welt ihren eigenen Weg gehen wollte.«
»Die schriftliche Vereinbarung besagt, daß die wahre Herkunft des Kindes niemals verraten werden würde. Stimmt das?«
»Ja.«
»Fanny Casteel hat also freiwillig ihr eigenes Kind an Sie verkauft?«
Der Reverend nickte nur.
»Dieses Dokument hier bestätigt die Aussage des Zeugen«, sagte Lakewood. »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren.«
Lakewood hatte mir seine Strategie erklärt. Er wollte vermeiden, daß der Reverend in Verlegenheit käme. Es sollte so aussehen, als hätte Fanny ein leichtsinniges Leben geführt und dann ihr Kind verkauft. Er hoffte, daß Fanny und ihr Anwalt die wirklichen Umstände nicht aufdecken würden. Aber er hatte sich getäuscht.
»Reverend Wise«, eröffnete Wendell Burton das Verhör, indem er sich blitzschnell von seinem Sitz erhob. »Gaben Sie Fanny Casteel die zehntausend Dollar wirklich nur, um ihr zu helfen?«
»Ich bin nicht sicher, ob – «
»Waren oder sind Sie nicht der Vater von Fanny Casteels erstem Kind?«
Die Stille in dem Raum war vollkommen. Niemand wagte auch nur zu husten.
»Ja, das bin ich«, bekannte er mit fester Stimme. Die Zuschauer schnappten nach Luft. Aber dieses Mal brauchte der Richter nicht mit dem Hammer auf den Tisch zu schlagen: Niemand gab einen weiteren Ton von sich. Keiner wollte auch nur ein einziges Wort verpassen.
»Sie schwängerten also ein junges Mädchen in Ihrem eigenen Heim, ein unwissendes, vertrauensseliges Kind, das Ihnen anvertraut worden war?« fuhr Burton fort und beugte sich vor.
»Mr. Burton, ich bin nichts anderes als ein normaler Mensch, den der Herr ausersehen hat, sein Wort zu verkünden. Ich wollte Fanny Casteel ändern, aber ich war nicht dazu ausersehen, es zu schaffen.«
»Und deshalb haben Sie ein vierzehnjähriges Mädchen verführt?« fuhr Burton ihn an.
»Glauben Sie mir, kein Mann mußte sich die Mühe machen, dieses leichtlebige Geschöpf zu verführen. Dieses böse, sündhafte Mädchen«, sagte er und zeigte mit ausgestrecktem Arm auf Fanny, so daß er wie ein Prophet aussah, der Gottes Wort verkündet, »stahl sich in mein Bett, preßte ihren unkeuschen nackten Körper gegen mich und verführte mich. Wie ich Ihnen bereits gesagt habe: Ich bin auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut.« Er ließ den Arm sinken und schüttelte dann bedauernd den Kopf. »Leider.«
»Aber Sie sind ein erwachsener Mensch. Warum haben Sie sie nicht abgewiesen?« fragte Burton weiter.
»Nein, das tat ich nicht«, sagte der Reverend und sah auf. »Aber ich habe niemals daran gezweifelt, daß sie ein Werkzeug des Teufels war. Meine Gemeinde kann jederzeit bestätigen, daß ich den Satan erfolgreich bekämpft habe in Winnerow. Und so wollte er sich rächen. Ich war froh, als sie mein Haus verließ. Und ich verstehe, warum der Herr mich anwies, das Kind zu kaufen. Er wollte nicht, daß es bei einer solchen Frau aufwachsen würde, einer Frau, die fest in der Hand des Teufels ist.«
»Sie haben also ein junges Mädchen mit zehntausend Dollar in Versuchung geführt, ihr Kind zu verkaufen. Was hätte sie auch tun sollen? Sie war erst vierzehn«, sagte Burton.
»Einspruch, Euer Ehren. Der Anwalt beantwortet seine eigenen Fragen.«
»Einspruch stattgegeben. Mr. Burton, wollen Sie Reverend Wise jetzt die Frage stellen?«
»Nein«, sagte Burton schnell. »Keine weiteren Fragen.«
»Reverend Wise, lassen Sie mich die Frage stellen.«
Lakewood nutzte die Chance. »Hatte Fanny Casteel keine andere Wahl, als Ihnen ihr Kind zu verkaufen?«
»Natürlich hätte sie es behalten können. Es gibt Sozialhilfe, Fürsorge.« Er sah ins Publikum. »Sie hätte darauf bestehen können, daß ich sie und ihr Kind unterstütze.«
»Aber sie wollte das Kind nicht; ist das richtig?«
»Ja. Sie wollte nur das Vergnügen, das sündige Vergnügen, aber nicht die
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