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Castello Christo

Titel: Castello Christo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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deutlich waren die meisten der offensichtlich mit Tinte geschriebenen Daten zu lesen, mit denen die linke Seite des alten Passes ausgefüllt war. Zuoberst stand der Nachname
Gatto
und darunter
Niccolò
. Die weiteren Zeilen sah Barberi sich gar nicht mehr näher an.
    »Sieht so aus, als ob ihr recht hattet.«
    »Alle Achtung, Matthias!«, sagte Varotto anerkennend. »Ich gebe zu, ich hatte zwischenzeitlich meine Zweifel, aber jetzt . . .«
    Matthias hörte kaum zu. Er starrte auf den Ausweis, und seine Gedanken kreisten um einen alten Mann in Rom, dessen schlimmste Befürchtungen sich hiermit bestätigten. Er versuchte, den Gedanken abzuschütteln, aber es wollte ihm nicht recht gelingen.
    »Warum hat er wohl seinen Ausweis hier zurückgelassen?«, fragte er nachdenklich.
    »Er hat mit Sicherheit einen neuen, denn der hier ist schon ewig nicht mehr gültig.«
    »Das ist mir klar, aber warum lässt er etwas zurück, das ihn identifiziert?«
    »Vielleicht, weil er
möchte
, dass er identifiziert wird, dass man weiß, wer diese Gräueltaten vollbracht hat?«
    Matthias setzte sich auf die Bettkante, stützte die Ellbogen auf den Oberschenkeln ab und verbarg sein Gesicht in den Händen. Lange saß er so da, bis Varotto sich neben ihn setzte.
    »Was ist? Worüber denkst du nach?«
    Langsam hob Matthias den Kopf und sah ihn gequält an. »Ich dachte bisher, durch meine Vergangenheit hätte ich alle sonderbaren Verhaltensweisen kennengelernt, zu denen Menschen fähig sind, ihre Motivationen. In den letzten Tagen musste ich aber erkennen, dass ich an meine Grenzen stoße.«
    »Was meinen Sie damit?«, wollte Barberi wissen. Er griff sich den Stuhl, stellte ihn vor die beiden und setzte sich verkehrt herum darauf.
    »Ich verstehe dieses Verhalten einfach nicht«, erklärte Matthias. »Mir fehlt die Logik in dem ganzen. EineGruppe entführt fast fünfzig Kinder in einem Zeitraum von rund zwei Jahren. Diese Jungen sind alle am gleichen Tag geboren und haben auch sonst noch einige Gemeinsamkeiten. Schon sie zu finden, muss ein wahnsinniger Aufwand gewesen sein. Dann werden diese Kinder zwanzig Jahre lang gefangen gehalten. Wieder ein enormer organisatorischer und auch finanzieller Aufwand. Und das alles mit dem Ziel, sich mit einem spektakulären Massenmord an Gott oder der Kirche zu rächen. Nun dieser mehr als deutliche Hinweis darauf, wer hinter der Sache steckt. Warum? Wo kommt dieser unbändige Hass her? Nur weil Gatto vor langer Zeit wegen der Schwangerschaft seiner Freundin die Kirche verlassen musste? Reicht diese Verbitterung wirklich aus für all das, was im Moment geschieht? Ich kann es mir einfach nicht vorstellen.« Er atmete einige Male tief durch. »Es gibt auch noch andere Dinge, die ich merkwürdig finde. Warum engagiert er einen privaten Sicherheitsdienst, um das Gebäude bewachen zu lassen? Wenn wir die Szene im Keller finden sollten – und das wollte man mit Sicherheit   –, warum dann die Wachen? Und warum ist er mit seinen Helfershelfern so kurzfristig geflohen, wie es den Anschein hat? Warum haben sie die Szene inszeniert, dann aber gewartet, bis wir hier tatsächlich auftauchten, bevor sie flohen? Warum der Ausweis? Warum, warum, warum.«
    »Also, was ist dein Fazit, Matthias?«, wollte Varotto wissen.
    Bevor Matthias antworten konnte, betrat einer der Carabinieri aus Terni das Zimmer.
    »Wir haben gerade einen Anruf von unserer Dienststelle erhalten. Ihre Kollegen aus Rom haben schon ein paar Mal versucht, Sie zu erreichen. Sie möchten sich bitte sofort dort melden.«
    »Hier drin haben wir wahrscheinlich keinen Empfang«, sagte Barberi. Er zog das Telefon aus der Hosentasche und warf einen Blick auf die Anzeige, wo ihm ein Symbol zeigte, dass er tatsächlich keine Netzverbindung hatte. Bei der Gelegenheit sah er auch, dass es schon fast halb sechs am Morgen war. Er verließ den Raum und ging nach draußen.
    Knappe zwei Minuten später war er zurück. Sein Gesicht war bleich. Wortlos ging er zu dem Bett und setzte sich auf die Kante.
    »Was ist los?«, fragte Varotto. »Sie sehen aus, als wäre Ihnen ein Geist begegnet.«
    »Schlimmer als das. Wir müssen sofort nach Rom zurück. Ein Hubschrauber ist schon unterwegs.«
    Varotto brauchte nur einen Moment, bis ihm klar wurde, was das zu bedeuten hatte.
    »Eine weitere Station?«, fragte er.
    Barberi sah zu dem Carabiniere hinüber, der ihm die Nachricht von dem Anruf aus Rom überbracht hatte. »Würden Sie uns bitte alleine lassen?«
    Es klang so, als

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