Casting fuer die Liebe
unzähligen Aufnahmen sitzen Miri und ich haarlos und mit den gleichen Herzchen-Sonnenbrillen auf den Nasen im Garten. Selig vor uns hin brabbelnd und völlig ahnungslos, welche geschmacklichen Verirrungen da gerade an uns begangen werden.
Sobald wir unsere Bekanntschaften selber aussuchen durften, war es aus mit der Freundschaft. Kein Wunder, der alberne Partnerlook ist uns einfach nicht gut bekommen!
Blöderweise kaufen wir uns auch heute noch immer wieder die gleichen Klamotten. Allerdings zufällig. Und außerdem kombiniert Miri die Teile mit deutlich mehr Schmuck und Schminke und mit jeder Menge affigem Getue!
Trotzdem nervt das noch mehr als Schnupfen und Läuse zusammen! Wer braucht schon einen siamesischen Zwilling? Und noch dazu einen, der so zimtzickig ist wie Miriam Böhme!
Unsere Häuser sehen auch gleich aus, weil wir ja in der gleichen Siedlung wohnen. Und zu allem Überfluss habenMiris Eltern sogar das gleiche Auto wie wir! Einen silbernen Citroën.
Das Schlimmste ist aber, dass Miri und ihre beste Freundin Manu auch noch die gleiche Musik hören wie Isabel und ich.
Und das Allerschlimmste:
Room 16
ist die unangefochtene Nummer eins unter Miris und Manus Lieblingsbands!
Miri und Manu dürfen also auf keinen Fall erfahren, dass
Room 16
in der Stadt sind!
»Was M&M betrifft …«, schreibe ich jetzt in mein Heft, »… herrscht Geheimhaltungsstufe tausendsiebzehn!«
Seitdem wir denken können, nennen wir Miri und Manu M&M. Auch wenn sie alles andere als süß, sondern echt ungenießbar sind.
»Mindestens!«, kritzelt Isabel zurück und nickt mir heftig zu.
»Isabel Schmitt, es freut mich, dass dir das Auflösen von Klammern so großes Engagement entlocken kann«, feixt der Giftzwerg von der Tafel. Nicht einmal Kartoffelsetzlingen könnte der ironische Unterton entgehen.
»Von Haarklammern vielleicht«, fängt jetzt auch noch Miri an zu gackern.
»Deine hätten es nötig«, kontert Isabel mit Blick auf Miris zerzausten Pferdeschwanz.
Nein, M&M dürfen auf keinen Fall erfahren, dass
Room 16
in der Stadt sind. Die Jungs sollen in den nächsten drei Wochen
uns
kennenlernen. Und sonst niemanden.
Immer wenn wir Nachmittagsunterricht haben, bringt uns meine Mutter mit dem Auto zur Schule und holt uns dann auch wieder ab. Um halb vier ist nämlich auch ihre Arbeit im Büro zu Ende. Wir bringen zuerst Isabel nach Hause und nehmen dann noch meinen Bruder Luis vom Fußballtrainig mit. Das alles dauert zwar so lang, dass ich zu Fuß fast schneller wäre, aber irgendwie ist schon so eine Art Ritual daraus geworden.
Wir sehen den silbernen Citroën schon auf dem Parkplatz stehen, als wir aus dem Schultor kommen.
»Da steht ja schon unser Chauffeur!«, kichert Isabel und hakt sich bei mir unter. »Ich bin so aufgeregt!«, schnattert sie. »Stell dir vor, vielleicht sehen wir Dominik, Gregor und Philipp schon heute Abend!«
Vergnügt reißt sie die Tür unseres Autos auf und lässt sich auf den Rücksitz fallen. Ich rutsche hinter ihr her.
»Stellen Sie sich vor, Frau Hermann«, plappert Isabel fröhlich weiter, während sie sich den Gurt schnappt. »
Room 16
sind in Grünstett!« Das ist mal wieder typisch Isabel! Manchmal vergisst sie einfach, dass meine Mutter nicht wie ihre ist.
Ich hätte meiner Mutter bestimmt nichts von
Room 16
erzählt.
»Ach, sag bloß!«, höre ich jetzt eine Stimme vom Beifahrersitz. Moment mal, wer sitzt denn da vorne neben meiner Mutter?
Und seit wann hat meine Mama diesen bescheuerten Hut?
»Das sind ja Wahnsinns-News!«, trompetet es von vorne. Diese Stimme und den zerzausten Pferdeschwanz, der da über der Beifahrerlehne baumelt, kenne ich doch!
Miri dreht sich zum zweiten Mal an diesem Tag zu uns um. Ihr Grinsen ist so breit wie das von Kermit, dem Frosch, in seinen besten Zeiten.
»Was machst du in unserem Auto?«, fauche ich sie wütend an. Jetzt fängt Miri auch noch an, lautstark loszuwiehern.
Auch Frau Böhme kann sich ein Lachen nicht verkneifen.
»Die Frage müsste doch eher lauten: Was macht
ihr
in
unserem
Auto?«
Verdammt. Wir sind in Böhmes Citroën gestiegen!
Auf heißer Spur
G eheimhaltungsstufe tausendsiebzehn. Dass ich nicht lache«, zische ich Isabel zu, als wir wieder vor der Schule stehen und auf meine Mutter warten.
»Kann ich ahnen, dass die Schnepfe ausgerechnet heute nach der Schule zum Zahnarzt kutschiert wird?«, antwortet Isabel zerknirscht und fügt dann grinsend hinzu: »Geschieht ihr übrigens recht!«
Ich vergrabe mein Kinn
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