Castle 1 - Castle, R: Castle 1
sich ein. Dann war das Kribbeln plötzlich wieder da. Vermutlich war es ein Hinweis darauf, wie peinlich es ihr war, dass die Grand Drame sie dabei erwischt hatte. War es wirklich so offensichtlich gewesen? Nikki tauchte unter die Schaumbläschen und hielt so lange die Luft an, bis das Pochen des Kribbelns verschwand und durch das Pochen des Sauerstoffmangels ersetzt wurde.
Sie stieß durch die Wasseroberfläche und wischte sich die Schaumreste von ihrem Gesicht und ihren Haaren. Dann ließ sie sich einfach schwerelos im langsam abkühlenden Wasser treiben und gestattete sich die Überlegung, wie es mit Jameson Rook sein würde. Wie würde er sein? Wie würde er sich anfühlen und schmecken und sich bewegen?
Sofort kehrte das Kribbeln zurück. Wie würde sie sein, wenn sie mit ihm zusammen wäre? Die Vorstellung machte sie nervös. Sie wusste es nicht.
Es war ein Rätsel.
Sie zog den Stöpsel aus der Wanne und stieg hinaus.
Nikki hatte die Klimaanlage abgeschaltet und lief nackt und nass durch ihre Wohnung. Aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit machte sie sich gar nicht erst die Mühe, sich abzutrocknen. Die verbliebenen Schaumbläschen fühlten sich gut auf ihrer Haut an, und außerdem wäre sie in der schwülen, feuchten Luft ohnehin sofort wieder klatschnass gewesen, wenn sie sich abgetrocknet hätte. Warum sollte sie also nicht klatschnass sein und dabei wenigstens nach Lavendel duften?
Nur zwei ihrer Fenster lagen so, dass man von den benachbarten Wohnungen aus hineinsehen konnte, und da ohnehin keine frische Brise wehte, die sie hätte aussperren können, ließ sie die Jalousien herunter und ging zu der kleinen Abstellkammer neben der Küche. Detective Nikki Heats wundersame Art, Zeit und Geld zu sparen, bestand darin, ihre Kleidung abends selbst zu bügeln. Es ging nichts über wohlplatzierte, strenge Bügelfalten, um sich Respekt bei den Ganoven zu verschaffen. Sie klappte das Bügelbrett herunter und schloss das Bügeleisen an den Strom an.
Sie hatte heute Abend nicht übermäßig viel Alkohol getrunken, aber das bisschen hatte ausgereicht, um sie durstig zu machen. Im Kühlschrank fand sie eine letzte verbliebene Dose Zitronen-Limetten-Mineralwasser. Es war nicht sehr umweltfreundlich von ihr, aber sie ließ die Kühlschranktür eine Weile offen stehen und rückte ein Stück näher heran, um zu spüren, wie die kühle Luft gegen ihren nackten Körper strömte, bis sie eine Gänsehaut bekam.
Ein leises Klicken ließ sie von der geöffneten Tür zurückweichen. Das rote Licht am Bügeleisen war angegangen und signalisierte ihr, dass das Gerät einsatzbereit war. Sie stellte die Getränkedose auf die Küchentheke und eilte zu ihrem Schrank, um sich etwas relativ Sauberes und vor allem Atmungsaktives zum Anziehen für den nächsten Tag herauszusuchen.
Ihr marineblauer Leinenblazer benötigte nur kleine Ausbesserungen. Als sie damit durch den Flur ging, fiel ihr jedoch auf, dass ein Knopf am rechten Ärmel kaputtgebrochen war, und sie blieb stehen, um sich den Schaden anzusehen und zu überlegen, ob sie irgendwo noch einen passenden Ersatzknopf hatte.
Und dann hörte Nikki, wie die Getränkedose in der Küche geöffnet wurde.
SIEBEN
Selbst als sie wie erstarrt im Flur stand, war Nikkis erster Gedanke, dass sie das Geräusch gar nicht wirklich gehört hatte. Zu viele geistige Wiederholungen des Mordes an ihrer Mutter hatten diesen Laut in ihr Gehirn eingebrannt. Wie oft hatten dieses Knacken und das darauffolgende Zischen sie schon aus einem Albtraum gerissen oder sie im Pausenraum zusammenzucken lassen? Nein, sie konnte es nicht gehört haben.
Das redete sie sich in den ewig scheinenden Sekunden ein, die sie dort nackt und mit trockenem Mund stand und sich bemühte, etwas anderes zu hören, als den verdammten nächtlichen Lärm von New York City und das heftige Pochen ihres eigenen Pulses.
Ihre Finger schmerzten, weil sie sich den zerbrochenen Hemdknopf ins Fleisch gebohrt hatte. Sie lockerte ihren Griff, ließ den Blazer aber nicht los, da sie fürchtete, ein Geräusch zu verursachen und sich dadurch zu verraten.
Wem gegenüber sollte sie sich verraten?
Warte einfach eine Minute
, sagte sie sich.
Bleib ruhig, sei sechzig Sekunden lang eine Statue, und danach ist alles vorbei
.
Sie verfluchte sich für ihre Nacktheit und dafür, wie verletzlich sie sich deswegen fühlte. Da gönnte sie sich einmal den Luxus eines Schaumbads und das hatte sie nun davon.
Hör auf damit und konzentrier dich
, dachte
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