Castle 1 - Castle, R: Castle 1
fragen?“
„Natürlich.“
„Haben Sie jemals einen riesigen Schock erlebt, und dann, wenn Sie dachten, dass Sie damit klarkommen und ihn verarbeiten könnten, dann … ähm, entschuldigen Sie mich kurz.“ Sie hörte, wie er etwas trank. „Also, Sie reißen sich zusammen und verarbeiten das Ganze und dann kommt der nächste Schock und schließlich erreichen Sie einen Punkt, an dem Sie sich fragen: Was zum Teufel mache ich hier eigentlich? Und dann denken Sie darüber nach, alles hinzuschmeißen. Nicht nur den Job, sondern das Leben. Sie könnten einer dieser Typen an der Jersey Shore sein, die in einer kleinen Hütte Sandwiches machen oder Hula-Hoop-Reifen und Fahrräder vermieten. Einfach. Alles. Hinschmeißen.“
„Denken Sie darüber nach?“
„Die ganze Zeit. Besonders in dieser Minute.“ Er seufzte und fluchte leise. „Also, wie weit sind Sie mit Ihren Ermittlungen? Haben Sie irgendwelche Spuren?“
„Das wird sich zeigen“, erwiderte sie und hielt sich an ihre übliche Vorgehensweise, bei einer Befragung die Einzige zu sein, die Fragen stellte. „Ich gehe davon aus, Sie haben für letzte Nacht ein Alibi?“
„Mann, Sie kommen gleich auf den Punkt, was?“
„Das Gleiche erwarte ich nun von Ihnen.“ Nikki wusste mittlerweile, wie er sich in solchen Situationen verhielt: Zuerst widersetzte er sich, dann gab er dem Druck nach.
„Ich sollte nicht wütend sein, ich weiß, dass Sie nur Ihren Job machen, Detective, aber kommen Sie.“ Sie schwieg weiterhin beharrlich, und er gab nach. „Gestern Abend leitete ich meinen wöchentlichen Abendkurs am Westminster Community College in Valhalla.“
„Kann das jemand bestätigen?“
„Ich unterrichtete fünfundzwanzig Fortbildungsstudenten. Wenn sie sich erwartungsgemäß verhalten haben, dürften mich ein oder zwei von ihnen bemerkt haben.“
„Und danach?“
„Danach fuhr ich nach Hause nach Tarrytown, um in meiner Stammkneipe ein paar Bier zu trinken und mir das Spiel der Yankees gegen die Angels anzusehen.“
Sie fragte nach dem Namen der Kneipe und schrieb ihn sich auf. „Noch eine Frage und dann sind Sie mich für immer los.“
„Das bezweifle ich.“
„Waren die Gemälde versichert?“
„Nein. Früher waren Sie es natürlich mal, aber als die Geier zu kreisen anfingen, hat Matthew die Versicherung gekündigt. Er meinte, er wolle nicht länger ein kleines Vermögen verschwenden, um etwas zu schützen, dass sich am Ende ohnehin nur die Gläubiger unter den Nagel reißen würden.“ Nun war es an Nikki, zu schweigen. „Sind Sie noch dran, Detective?“
„Ja. Ich habe nur gerade daran gedacht, dass Kimberly Starr jeden Moment hier auftauchen wird. Wusste Sie, dass die Versicherung für die Kunstsammlung gekündigt wurde?“
„Ja. Kimberly erfuhr es am selben Abend, an dem Matthew ihr von der Kündigung seiner Lebensversicherung erzählte.“ Dann fügte er hinzu: „Ich beneide Sie nicht um die nächsten paar Minuten, die Sie erleben werden. Viel Glück.“
Das mit den Ohrstöpseln war kein Scherz von Raley gewesen. Als Kimberly Starr die Wohnung betrat, schrie sie laut los. Sie sah schon ziemlich mitgenommen aus, als sie aus dem Fahrstuhl stieg und begann beim Anblick der zerstörten Tür auf dem Flurteppich leise zu stöhnen. Nikki versuchte, ihren Arm zu umfassen, als sie in ihr Zuhause kam, aber Kimberly schüttelte sie ab, und ihr Stöhnen verwandelte sich in ein ausgewachsenes Kreischen aus einem Horrorfilm der Fünfzigerjahre.
Nikkis Magen zog sich voller Mitleid zusammen, während Kimberly ihre Handtasche fallen ließ und erneut schrie. Sie wollte keine Hilfe und streckte abwehrend einen Arm aus, als Nikki versuchte, auf sie zuzugehen. Nachdem ihr Geschrei schließlich verstummt war, ließ sie sich auf das Sofa sinken und stöhnte: „Nein, nein, nein.“ Ihr Kopf schnellte hoch und drehte sich herum, um den gesamten Raum zu betrachten. „Wie viel muss ich noch ertragen? Kann mir jemand sagen, wie viel ich noch ertragen muss? Womit habe ich das verdient? Womit?“ Ihre Stimme war nach dem Geschrei ganz heiser, doch sie redete einfach weiter und murmelte rhetorische Fragen vor sich hin, die ihr niemand im Raum, der einigermaßen bei Verstand war oder Mitleid empfand, beantworten würde. Also warteten sie einfach ab.
Rook verließ den Raum und kehrte mit einem Glas Wasser zurück, das Kimberly nahm und gierig trank. Sie hatte die Hälfte des Wassers heruntergekippt, als sie sich daran verschluckte und es auf den
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