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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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ihm höchst lächerlich vor, bis einer der beiden Ärzte sagte: »Was meinen Sie, sollen wir ihn retten? Man wird vielleicht wütend auf uns sein, wenn wir «s tun.«
    »Operieren wir ihn doch«, sagte der andere Arzt. »Schneiden wir ihn auf und gehen wir den Dingen ein für alle Mal auf den Grund. Er klagt immer über seine Leber. Auf dieser Röntgenaufnahme hier sieht seine Leber recht klein aus.«
    »Das ist seine Bauchspeicheldrüse, Sie Tropf, das hier ist die Leber.«
    »Nein, das ist sie nicht. Das ist sein Herz. Ich wette mit Ihnen um einen Groschen, daß das da seine Leber ist. Ich operiere ihn jetzt und werde es gleich feststellen. Muß ich mir vorher die Hände waschen?«
    »Operiert wird nicht«, sagte Yossarián, schlug die Augen auf und versuchte, sich aufzurichten.
    »Haben Sie auch schon was zu sagen?« kläffte der erste Arzt empört.
    »Kann man denn dem Kerl nicht das Maul stopfen?«
    »Wir könnten ihm eine Vollnarkose machen. Äther steht hier genug herum.«
    »Keine Vollnarkose«, sagte Yossarián.
    »Haben Sie auch schon was zu sagen?« fragte der Arzt wieder.
    »Geben wir ihm eine Vollnarkose. Dann ist er weg, und wir können mit ihm machen, was wir wollen.«
    Sie gaben Yossarián eine Vollnarkose. Er erwachte durstig in einem Einzelzimmer, erstickt von Ätherdünsten. Neben seinem Bett saß Colonel Korn in seiner ausgebeulten, wollenen, olivfarbenen Uniform behäbig wartend auf einem Stuhl. Ein mildes phlegmatisches Lächeln lag auf seinem braungebrannten Gesicht mit den starken Bartstoppeln, und er polierte die Oberfläche seines haarlosen Schädels sanft mit den Handflächen. Als Yossarián erwachte, lehnte er sich glucksend vor und versicherte ihm aufs liebenswürdigste, daß die zwischen ihnen getroffene Abmachung in Kraft bliebe, falls Yossarián nicht stürbe. Yossarián erbrach sich. Colonel Korn sprang beim ersten Würgen auf und räumte angeekelt das Feld. Es scheint wirklich, als hätte auch noch die dunkelste Wolke einen silbernen Rand, überlegte Yossarián, ehe er wieder in einen erstickenden Halbschlaf fiel. Eine Hand mit knochigen Fingern schüttelte ihn rauh. Er drehte sich um, öffnete die Augen und erblickte einen Fremden mit bösartigem Gesicht, der ihn anbleckte und gehässig prahlte: »Wir haben Ihren Spezi erwischt, Freundchen. Wir haben ihn erwischt.«
    Yossarián wurde es kalt und schwach, und der Schweiß brach ihm aus. »Wer ist mein Spezi?« fragte er, als er den Kaplan dort sitzen sah, wo Colonel Korn gesessen hatte.
    »Vielleicht bin ich Ihr Spezi«, erwiderte der Kaplan.
    Yossarián verstand ihn jedoch nicht und schloß wiederum die Augen. Jemand gab ihm Wasser zu trinken und entfernte sich auf Zehenspitzen. Er schlief, und als er aufwachte, fühlte er sich herrlich, bis er den Kopf wandte, um den Kaplan anzulächeln, und statt seiner Aarfy erblickte. Als Aarfy ihn kichernd nach seinem Befinden fragte, stöhnte Yossarián und verzerrte gequält das Gesicht. Aarfy sah ihn verständnislos an, als Yossarián sich erkundigte, warum er nicht im Gefängnis sei. Yossarián schloß die Augen, um Aarfy zu verscheuchen. Als er sie wieder öffnete, war Aarfy weg, und der Kaplan war da. Als Yossarián das heitere Lächeln auf dem Gesicht des Kaplans bemerkte, mußte er lachen. Er fragte den Kaplan, worüber er denn so glücklich sei.
    »Ihretwegen bin ich glücklich«, erwiderte der Kaplan ehrlich entzückt. »Ich hörte beim Geschwader, daß Sie schwer verletzt seien, und daß man Sie nach Hause schicken werde, falls Sie durchkämen. Colonel Korn meinte, Ihr Zustand sei sehr bedenklich. Aber eben habe ich von einem der Ärzte erfahren, daß Ihre Wunde in Wirklichkeit nur geringfügig ist, und daß Sie in zwei bis drei Tagen entlassen werden können. Es besteht keinerlei Gefahr. Die Sache ist durchaus harmlos.«
    Yossarián lauschte diesen Mitteilungen des Kaplans mit großer Erleichterung. »Das ist ja schön.«
    »Ja«, sagte der Kaplan, und seine Wangen röteten sich vor koboldhafter Lustigkeit. »Ja, das ist schön.«
    Yossarián lachte, denn er erinnerte sich seiner ersten Unterhaltung mit dem Kaplan. »Wissen Sie noch, daß ich im Lazarett war, als wir uns kennen lernten? Jetzt bin ich wieder im Lazarett. Mir scheint, ich sehe Sie in letzter Zeit nur noch im Lazarett. Wo stecken Sie denn immer?«
    Der Kaplan hob die Schultern. »Ich habe viel gebetet«, gestand er.
    »Ich halte mich so oft wie möglich in meinem Zelt auf und bete immer, wenn Sergeant Whitcomb abwesend

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