CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)

vor einem Auto in Sicherheit bringt.«
    Sie erreichten den oberen Treppenabsatz. Robbie warf einen kurzen Blick in das große Schlafzimmer – offenbar war es in der Zwischenzeit neu gestrichen worden. Er wusste, er durfte es nicht übertreiben, aber es bereitete ihm ein teuflisches Vergnügen, so über Hanks Tod zu sprechen.
    »Ich nehme an, es ist ein Trost zu wissen, dass er nicht leiden musste?«
    »M-hm. Es ist jedenfalls nicht das Ende, das ich ihm prophezeit hätte.«
    »Oh. Wieso das?«
    »Er hat sich furchtbar schlecht ernährt. Er hat sehr viel getrunken und scheußliche Zigarren geraucht. Er war immer unterwegs und hat sich mit üppigem Essen vollgestopft. Hat nächtelang an Hotelbars herumgestanden und bestimmt seine Gesprächspartner zu Tode gelangweilt. Es ist ein Wunder, dass er nicht schon vor Jahren tot umgefallen ist.«
    »Was hat er noch mal beruflich gemacht?«
    Cheryl brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen; sie war noch nicht fertig. »Und ich muss sagen, wenn es nicht die verstopften Arterien gewesen wären, dann hätte ich mir immer irgendwie ein gewaltsames Ende für ihn vorgestellt, zum Beispiel, dass ihm jemand auf der Tanzfläche ein Messer zwischen die Rippen rammt, weil er die Frau eines anderen begrabscht hat. Er war ein alter Schlawiner, wissen Sie.«
    »Tatsächlich?«
    »Na ja, er hatte schon seine ganz eigenen, erstaunlichen Talente, aber mit Menschen zurechtzukommen gehörte nicht dazu. Um einfach mal die Konvention zu umgehen, dass man nicht schlecht von den Toten reden sollte: Er war ein richtiger Kotzbrocken, oder?«
    Robbie zuckte mit den Achseln. »Also ich – äh, ich fand nicht …«
    »Natürlich, Sie glauben, diplomatisch sein zu müssen. Aber ich würde viel lieber die ungeschminkte Wahrheit hören.«
    Sie lächelte. Er sah ganz deutlich das Blitzen in ihren Augen. Er las es als eine Art Aufforderung – und nicht nur dazu, kein Blatt vor den Mund zu nehmen.
    »Wir haben nur ein paarmal miteinander telefoniert. Ich habe ihn nie persönlich kennengelernt.« Er reagierte auf die Hammerschläge, die plötzlich durchs Haus hallten, und fragte: »Lassen Sie gerade Umbauten durchführen?«
    »Nur ein paar Reparaturen. Es wurde eingebrochen. Na ja, es waren eher Vandalen. Ich kann nicht feststellen, dass sie irgendetwas mitgenommen haben.«
    Robbie schluckte. »Und das ist nach dem Tod Ihres Bruders passiert?«
    »Soviel ich weiß, ja. Das Merkwürdige ist, dass die Alarmanlage nicht aktiviert war.« Cheryl sah einen Moment lang besorgt drein. »Da ich keine Ahnung habe, wie viele Schlüssel im Umlauf sind, hielt ich es für geraten, alle Schlösser austauschen zu lassen.«
    »Aber sicher. Eine sehr kluge Entscheidung.« Robbie hoffte, dass seine Stimme normal klang, doch in seinem Gehirn rotierte es. Er konnte sich lebhaft vorstellen, wie Dan reagieren würde, wenn er das hörte.
    Hier lief noch irgendetwas anderes. Aber wer steckte dahinter?
    58
    Nach einer unruhigen Nacht, geplagt von Alpträumen mit Gewaltszenen, schlief Cate länger als gewöhnlich. Als sie aufwachte und die Ereignisse des Abends Revue passieren ließ, stellte sie erleichtert fest, dass sie doch nicht ganz so erschreckend gewesen waren wie die Träume, die sie ausgelöst hatten.
    Sosehr Martin auch getobt hatte, er hatte ihr letztlich kein Haar gekrümmt. Das durfte sie nicht vergessen und auch nicht, dass sie in jedem Fall zurückgeschlagen hätte, falls er es tatsächlich gewagt hätte, sie anzugreifen.
    Aber was sie beunruhigte, war die Frage: Was wäre gewesen, wenn … Wenn sie an seine körperliche Überlegenheit dachte, konnte sie sich nur allzu leicht vorstellen, welche Verletzungen er ihr hätte zufügen können.
    In einem Punkt stand ihr Entschluss felsenfest: Martin würde nie wieder einen Fuß über ihre Schwelle setzen.
    Aber genügte das? Sie grübelte darüber nach, während sie duschte. War sie es Janine nicht schuldig, sie vor Martins unberechenbarem Verhalten zu warnen? Die Frau erwartete ein Kind von ihm. Cate wusste von ihren Freundinnen, dass Wochen voller schlafloser Nächte bisweilen auch die liebevollsten Eltern zu halben Psychopathen mutieren ließen. Vielleicht sollte Martin darüber nachdenken, sich zu einem Anti-Aggressions-Training anzumelden.
    Sie zog sich an, goss sich ein Glas Cranberrysaft ein und stellte fest, dass sie für ein richtiges Frühstück einfach zu aufgewühlt war. Zum Glück hatte sie sich für diesen Tag nicht allzu viel vorgenommen, obwohl ihre