CATCH - Stunden der Angst: Thriller (German Edition)
vertrösten.
»Können wir es vielleicht auf nächste Woche verschieben? Bei uns geht es gerade ziemlich hektisch zu.«
»Mein Gott, Dad«, stöhnte Lisa. »Wann trittst du endlich mal ein bisschen kürzer?«
»Wenn deine Mutter mich lässt«, sagte Gordon leise. Weder sie noch er lachten darüber. Nachdem er das Gespräch beendet hatte, musste er feststellen, dass Patricia wieder einmal einem Nervenzusammenbruch nahe war.
»Ich bin alles noch mal durchgegangen, und ich bin überzeugt, dass es sich um ein gezieltes Komplott handelt. Jemand will unseren Platz einnehmen. Aber Hank – das muss man ihm zugutehalten – hat sich wohl geweigert mitzumachen …«
»Oder einen zu hohen Preis verlangt.«
»Ja, gut. Wie dem auch sei, sie haben ihn jedenfalls umgebracht und die Dokumente gestohlen. Was ist, wenn sie schon außerhalb unserer Reichweite sind? Sie könnten in diesem Augenblick schon auf dem Weg zu Templeton sein.«
»Niemand wird sie außer Landes bringen. Viel zu gefährlich.« Gordon setzte sich neben sie und legte eine Hand auf ihr Knie. »Was haben wir vorhin gesagt? Wir wollen uns doch nicht diesen düsteren Fantasien hingeben.«
»Normalerweise würde ich dir zustimmen. Aber mit so etwas waren wir noch nie zuvor konfrontiert.« Patricia ergriff seine Hand, und als sie sich ihm zuwandte, schimmerten Tränen in ihren Augen. »Ich halte das nicht aus. Diese Ungewissheit – der Schmerz, all das zu verlieren, was uns schon so lange am Herzen liegt.«
Gordon gab sich größte Mühe, sie zu trösten, doch sie hatte recht. Ihr Lebenswerk stand auf dem Spiel.
Einer der jungen Parlamentsabgeordneten, mit denen Patricia sich in den frühen Achtzigerjahren angefreundet hatte, leitete später verschiedene Ministerien, unter anderem das für Entwicklungshilfe. Zu diesem Zeitpunkt waren die Blakes als Berater und PR-Manager für diverse Ressorts tätig, und sie hatten eine Einladung angenommen, den Minister auf eine Fact-Finding-Mission in irgendein gottverlassenes Land am Horn von Afrika zu begleiten.
Gordon hätte jederzeit bereitwillig zugegeben, dass sie mit den üblichen Vorurteilen über den Kontinent angereist waren, ganz zu schweigen von einer gesunden Verachtung für die Praxis, Unsummen an Entwicklungshilfe in Länder der Dritten Welt mit ihren unfähigen Regierungen und Verwaltungsapparaten zu pumpen. Nur wenige Jahre zuvor hatte Patricia die viel beachtete Initiative einer Gruppe von Popstars mit dem Ziel, das Leiden der Menschen in Äthiopien zu lindern, mit unverhohlenem Spott kommentiert. Das diente doch alles nur der Selbstdarstellung dieser linken Gutmenschen.
Aber die Begegnung mit der unverfälschten Wirklichkeit von Afrika löste etwas in ihnen aus – zumindest in Patricia. Die Fahrten in langen Landrover-Konvois zu staubigen, von der Dürre gebeutelten Dörfern; die Besuche in Schulen, wo es am Nötigsten fehlte und die Kinder sich voller Begeisterung um diese seltsamen Besucher mit den ernsten Gesichtern scharten; die improvisierten Unterrichtsstunden, belebt von fröhlichem Kinderlachen, das sie oft zu Tränen rührte – all das hatte eine grundlegende Veränderung in ihr bewirkt.
Dann die Verzweiflung der Flüchtlingslager und der beinahe unfassbare Anblick von Männern und Frauen, die buchstäblich nichts besaßen und die dennoch weiterlebten, weiterlächelten, die immer noch genug Liebe und Verantwortungsbewusstsein und Hoffnung in sich trugen, um zu überleben. Das hatte in Patricia das Bedürfnis geweckt, denen zu helfen, die sich nicht selbst helfen konnten – ein Bedürfnis, das kaum je zutage getreten war, als ihr eigenes Kind es am meisten gebraucht hätte.
Seitdem wurden sie aktiv, wann immer sie konnten; sie waren mehrmals wieder vor Ort gewesen und hatten Geld gespendet, vor allem für eine grundlegende medizinische Versorgung und Schulbildung. Patricia unterstützte leidenschaftlich Projekte zur Ausbildung von Mädchen und zur Stärkung ihrer gesellschaftlichen Position. Und als Templetons unverdienter Erfolg die Blakes erstmals auf die Idee brachte, sich an ihm schadlos zu halten, waren es diese Projekte, die ihnen den Anstoß zum Handeln gaben.
Fünfzig Millionen Pfund. Das war ihr Ziel gewesen. Hank O’Brien hatte erbittert um die Hälfte gekämpft, doch da die Blakes den ganzen Plan ausgearbeitet hatten, konnten sie ihn auf fünfzehn Millionen herunterhandeln. Die Blakes hatten geschätzt, dass von ihrem Anteil nach Abzug von Jerrys Honorar und verschiedener
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