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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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gehalten hatte, endlich abgeklungen war.
    Sich brüsk umdrehend, sah sie Sara ins Gesicht und rief zornig:
    »Und wenn ich Lust zu leben hätte? Wenn ich Lust hätte zu lieben, nicht mehr eine lebende Leiche zu sein, Gegenstand des Respekts und der Verehrung, sondern bebendes Fleisch, schlagendes Herz, rinnendes Blut! Wenn ich also leben wollte?«
    Die schwarzen Augen Saras hielten Cathérines Blick wortlos stand, aber das Mitleid darin erregte den Zorn der jungen Frau nur noch mehr. Sie rief:
    »Also? Was hast du darauf zu antworten?«
    »Nichts!« entgegnete Sara tonlos. »Niemand wird dich daran hindern, nicht einmal ich!«
    »Gut, daß ich das höre! Gute Nacht! Laß mich allein! Ich will allein sein, denn das ist alles, was man mir erlaubt!«
    Zum erstenmal seit langem schlief Sara in dieser Nacht nicht im Zimmer Cathérines, sondern in der benachbarten Kleiderkammer.
    In den folgenden Tagen wich Pierre de Brézé nicht von Cathérines Seite. Er trug ihr das Gebetbuch, wenn sie zur Kapelle ging, setzte sich bei Tisch neben sie, begleitete sie auf Spaziergängen und plauderte abends in einer Fensternische lange mit ihr, während die Musikanten des Königs spielten und die anderen tanzten. Es wurde vieldeutig gelächelt, wenn sie vorbeigingen, und selbst die Königin Marie hatte zu Cathérine gesagt, die neben ihr an einem Gobelin arbeitete:
    »Pierre de Brézé ist ein sehr charmanter Junge, nicht wahr, meine Teure?«
    »Charmant, Madame … Euer Majestät haben völlig recht.«
    »Er ist auch ein tapferer Mann. Er wird es weit bringen, und ich glaube, daß die, die ihn sich zum Gatten wählt, keine schlechte Wahl treffen wird.«
    Cathérine war errötet und hatte den Kopf auf ihre Arbeit gesenkt, aber ihre Verlegenheit war nicht von langer Dauer. Es war um sie eine Art Verschwörung. Die Menschen und Dinge schienen sich verschworen zu haben, sie Pierre in die Arme zu treiben und ihnen immer wieder Gelegenheit zu geben, einige Augenblicke allein zu sein. Nur Bernard hätte sich zwischen die beiden jungen Leute stellen können, aber wie durch ein Wunder war der Graf de Pardiac verschwunden. Er hatte sich nach Montrésor zu Jean de Bueil begeben. Was Sara betraf, so wahrte sie bei Cathérine die reservierte Haltung einer gut geschulten Kammerzofe und richtete nur das Wort an sie, wenn unerläßliche Dinge zu besprechen waren. Keine endlosen Plaudereien bei der Toilette mehr, keine Ermahnungen oder Ratschläge! Saras Gesicht war merkwürdig ausdruckslos geworden. Es schien starr, doch manchmal, am Morgen, entdeckte Cathérine in ihm die Spuren von Tränen, die einen Augenblick Gewissensbisse in ihr weckten. Aber das hielt nicht lange an. Pierre erschien wieder mit seinem Lächeln, seinen vor Liebe strahlenden Augen, und die junge Frau schob alles beiseite, was ihr neues Hochgefühl trüben konnte, und wandte sich begierig dieser Quelle der Jugend und Sorglosigkeit zu, die er für sie geworden war. Nachts, in der Stille ihres Zimmers, gestand sie sich ein, daß es ihr immer schwerer fiel, sich gegen das drängende Werben Pierres zu wehren, gegen seine Liebesworte, gegen die Liebkosung seiner Lippen auf ihrer Hand, gegen seine Blicke, die unaufhörlich mehr verlangten. Es war wie ein sacht abschüssiger, glitschiger Grashang, der so üppig mit Blumen bewachsen war, daß man sich gerne gehenließ. Und für das wunde Herz Cathérines hatte diese Sommerliebe die Frische eines wohltuenden Taus, unter dem es von neuem erblühen konnte.
    Eines Abends, als sie zusammen unter den Bäumen des Obstgartens in der Süße der Nacht, im Schatten der dicken, mit Blattwerk und reifenden Früchten beladenen Äste promenierten, trieben die leidenschaftlichen Worte, die Pierre ihr ins Ohr flüsterte, Cathérine zu einer halben Hingabe. Sie ließ den Kopf auf die Schulter des jungen Mannes sinken, erlaubte ihm, ihre Taille zu umfassen …
    Sachte drückte er sie an sich, und so standen sie einen langen Augenblick, wagten nicht, sich zu rühren, hörten ihre einander so nahen Herzen schlagen. Cathérine ließ sich von dem köstlichen Gefühl einlullen, endlich in Sicherheit zu sein, beschützt und verteidigt zu werden. Er liebte sie, er gehörte ihr ganz … Mit einem einzigen Wort könnte sie ihn fürs Leben gewinnen, und genau dieses Wort forderte er von ihr …
    Sie hob den Kopf, um durch die Zweige das bestirnte Firmament zu suchen, aber ein Frösteln überkam sie: Die Lippen des jungen Mannes hatten sich der ihren bemächtigt,

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