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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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umschlossenen Obstgarten, durchschritt das hohe, noch offene Portal, durch das sie in den Schloßhof gelangte, ohne genau zu wissen, wohin sie ging. Sie brannte vor Scham und Demütigung. Nur ihr Instinkt leitete sie, doch als sie ihr Gemach erreichte, traf sie Sara auf der Türschwelle an. Ihre Scham wandelte sich angesichts der Zigeunerin in Zorn. Sie warf ihr einen wütenden Blick zu.
    »Wer hat Bernard in den Obstgarten geschickt? Du?«
    Sara zuckte mit den Schultern.
    »Bist du verrückt? Ich wußte nicht einmal, daß er zurückgekehrt ist! … Dieser Brézé hat dir entschieden den Kopf verdreht! Du faselst, auf mein Wort!«
    »Erspare dir deine Bemerkungen. Ja, man hat heute abend versucht, ihn mir zu töten. Bernard hat sich mit ihm geschlagen … Er hat ihn verwundet! Aber ihr verliert eure Zeit, alle, wie ihr da seid, weil ihr uns nicht trennen werdet! Ich liebe ihn, verstehst du? Ich liebe ihn und werde ihm angehören, wann es mir paßt! Und je früher, desto besser!«
    »Das ist genau meine Meinung!« warf Sara kalt ein. »Du führst dich auf wie ein läufiges Tier! Du brauchst einen Mann, du hast den da gefunden. Behalte ihn! Was deine Liebe für ihn betrifft, so glaube ich gar nichts! Du spielst dir selbst eine Komödie vor, Cathérine, und du weißt genau, daß du lügst!«
    Sich auf dem Absatz umwendend, kehrte Sara in ihre kleine Kammer zurück und schloß vernehmlich die Tür hinter sich zu. Durch die Heftigkeit ihres Abgangs verblüfft, blickte Cathérine wie stumpfsinnig auf die geschlossene Tür. Irgend etwas schnürte ihr die Kehle zu. Sie verspürte Lust, sich auf diese stumme Pforte zu stürzen, mit den Fäusten daran zu rütteln, um Sara wieder herauszuholen … Sie verspürte eine kindliche Lust zu weinen, einen Augenblick wieder in den Armen ihrer alten Freundin sichere Zuflucht zu suchen. Dieser Zwist, der sie trennte, kam sie schwerer an, als sie es sich eingestehen wollte. Sie hatte sich durch Hochmut verteidigt, und nun schien dieser Hochmut plötzlich sehr zerbrechlich! Zu viele Jahre gegenseitiger Zuneigung, zu viele gemeinsam erlittene Prüfungen, zuviel echte Zärtlichkeit verbanden sie! Sara hatte allmählich den Platz ihrer Mutter eingenommen, und Cathérine hatte das Gefühl, als sei ihr ein Glied amputiert worden.
    Sie näherte sich unschlüssig der Tür, hob die Hand, um anzuklopfen. Kein Geräusch war von der anderen Seite zu hören … Doch vor ihrem inneren Auge sah sie wieder den verwundeten Pierre, in der Erinnerung hörte sie seine Stimme, die von Liebe sprach … Wenn sie Sara gewähren ließ, würde die Zigeunerin Mittel und Wege finden, sie von dem jungen Mann zu trennen, und Cathérine wollte dieses zerbrechliche Glück, das sie nicht mehr erwartet hatte, noch nicht verlieren … Langsam glitt ihre Hand an ihrem Kleid herunter. Morgen würde sie Pierre auf seinem Krankenlager besuchen, würde ihn selbst pflegen, und was bedeutete es schon, sollte man in ihrer Haltung das Vorzeichen einer kommenden Verbindung sehen! Schließlich, wer könnte sie eigentlich hindern, Dame de Brézé zu werden? Pierre würde sie darum anflehen, und sie würde am Ende noch Lust dazu haben, und sei es auch nur, um in ihrem Leben etwas Endgültiges, nicht mehr zu Änderndes zu tun. In ihre Dickköpfigkeit verrannt, ging sie zu ihrem Bett zurück und ließ sich darauf fallen. Der letzte Blick, den sie auf die verschlossene Tür warf, war ein Blick des Trotzes und der Herausforderung.

Dreizehntes Kapitel
    Der Nachmittag war schon weit vorgeschritten, als Cathérine ihr Zimmer verließ und zum Vieleckturm ging, wo Pierre de Brézé wohnte. Sie hatte eine Migräne vorgetäuscht, um Königin Marie und die anderen nicht in den Obstgarten begleiten zu müssen, wo man einige Stunden die Lieder eines Minnesängers anhören und die Sonne genießen wollte …
    Die Sache mit der Migräne war nicht einmal eine Notlüge. Seit dem Morgen preßte ein Eisenring sich um Cathérines Schläfen. Sie hatte entsetzlich schlecht geschlafen, und das Erwachen, spät am Morgen, war höchst unerfreulich gewesen. Sie hatte so oft nach Sara rufen können, wie sie nur wollte – niemand hatte geantwortet. Und als sie sich, beunruhigt, ohne es sich eingestehen zu wollen, endlich entschlossen hatte, die am Abend zuvor so fest verschlossene Tür zu öffnen, hatte sie die kleine Kleiderkammer leer vorgefunden. Niemand war da, nur auf einer Truhe lag, deutlich sichtbar, ein Stück Pergament.
    Sie hatte es kaum mit den

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