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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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wieder auf den Weg …«
    Die ersten Strahlen der fahlen Wintersonne gaben den beiden Frauen neuen Mut. Diese Sonne wärmte zwar nicht, aber ihr Licht war wenigstens tröstlich. Als sie sich wieder am Fuß der Eiche befanden, die ihnen als Zuflucht gedient hatte, mußte Cathérine sogar lachen, wenn sie den seltsamen Anblick bedachte, den ihre ungewöhnliche Kleidung ihnen verlieh.
    »Weißt du, wem wir ähnlich sehen?« sagte sie zu Sara. »Gédéon, dem Papagei, den Herzog Philippe mir in Dijon geschenkt hat.«
    »Das kann schon sein«, brummte Sara, sich so gut wie möglich in ihr buntfarbiges Plaid hüllend. »Aber es wäre mir hundertmal lieber, wenn ich Gédéon selbst wäre, schön in der Wärme der Kaminecke deines Onkels Mathieu!«
    Man setzte sich wieder in Marsch, und bald bewahrheiteten sich die Voraussagen Bruder Etiennes aufs genaueste. Der kurze Kirchturm der Priorei Vezac tauchte auf, als man den Waldrand erreichte, beruhigend und friedlich in den ihn umwogenden dichten Nebel gehüllt.
    Im dämmernden Morgen des folgenden Tages langten Cathérine, Bruder Etienne und Sara genau in dem Augenblick vor den Pforten Aurillacs an, in dem sie geöffnet wurden. Ein Horn erklang auf der Umwallung, und schon erfüllte das Getöse der Kupferschmiedehämmer die klare, scharfe Luft, die trotz ihrer Schärfe den widerlichen Geruch der Gerbereien nicht zu verdrängen vermochte. Trotz der Kälte konnte man am Ufer der Jordanne und im Schatten des bemoosten Daches von Notre-Dame des Neiges Männer über merkwürdige, schief geneigte Platten gebeugt sehen, über die das eisige Wasser lief.
    »Das Wasser dieses Flusses ist dafür berühmt, daß es Gold mitführt«, erklärte Bruder Etienne. »Diese Männer dort lassen es durch Siebe aus dichtgewebten Tüchern laufen, um die winzigen Körnchen aufzufangen. Seht übrigens, wie man sie bewacht.«
    Tatsächlich ließen bewaffnete Posten keine Bewegung der Goldwäscher aus den Augen. Von der Böschung aus, ein paar Schritte von den im reißenden Wasser watenden Arbeitern entfernt, unbeweglich auf ihre Piken gestützt, hielten sie ihre Blicke fest auf die Wäscher gerichtet: magere Gestalten in Lumpen gehüllt, durch deren Löcher die frostblaue Haut zu sehen war. Neben den kräftigen, gut genährten und ausgerüsteten Soldaten boten sie einen trübseligen Anblick, der Cathérines Mitleid weckte. Vor allem einer der Männer im Fluß schien sich nur mit Mühe auf den Beinen zu halten. Er war alt, von den Jahren gebeugt, und seine von der Gicht knotigen Hände hielten das Sieb unter Schmerzen gepackt. Er zitterte vor Kälte und Erschöpfung, was einen der Landsknechte höchlichst zu belustigen schien. Als der Alte versuchte, wieder auf die Böschung zu steigen, gab er ihm mit dem Schaft seiner Lanze einen Schlag, der ihn aus dem Gleichgewicht brachte. Mit einem Schrei rollte der Unglückliche in das reißende Wasser und tauchte unter. Einer seiner Kameraden, ein junger, noch kräftiger Bursche, sprang ihm nach, aber die Strömung war so reißend, daß er seinerseits unter dem schallenden Gelächter des Haufens das Gleichgewicht verlor.
    Eine Zorneswelle schwoll in Cathérines Herzen. Sie war unfähig, sich so etwas wortlos mit anzusehen. Ihre nervöse Hand griff nach dem Dolch Arnauds in ihrem Gürtel. Ehe Bruder Etienne dazwischentreten konnte, hatte sie ihn gezogen und sprang mit hoch erhobener Klinge auf den Mann mit der Lanze zu. Sie erwog nicht ihre geringen Kräfte, dachte nicht einmal an die Zahl der Bewaffneten. Sie war einfach ihrem Impuls gefolgt, weil sie nicht anders konnte … vielleicht, weil sie nicht mehr mit anzusehen vermochte, daß die Schwachen immer brutal behandelt und unterdrückt wurden.
    Im Augenblick hatte sie den Vorteil der Überraschung auf ihrer Seite. Der Dolch bohrte sich in die Schulter des Soldaten, der aufschrie und, das Gleichgewicht verlierend, zu Boden stürzte; an ihn geklammert wie eine wutfauchende Katze, fiel Cathérine über ihn.
    »Du Schweinehund! Dir wird nicht mehr genug Zeit zum Leben bleiben, um noch mehr Greise zu töten!«
    Wie der Stachel einer Wespe fuhr ihr Dolch immer wieder aufs Geratewohl auf den Mann nieder, der wie ein abgestochenes Schwein schrie, ohne sich wirkungsvoll verteidigen zu können. Die Wut verlieh der jungen Frau unüberwindliche Kräfte. Doch die anderen Bewaffneten hatten sich bald gefaßt und fielen jetzt gleich einem Fliegenschwarm über sie her.
    »Auf den Schotten!« rief einer von ihnen. »Tötet

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