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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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oder vor Don Martin!«
    Cathérine antwortete nicht. Zur Stadt gewandt, verfolgte sie ängstlich den Verlauf des Dramas. Denn obgleich die Mehrzahl der Pilger sich widerstandslos abführen ließ, wehrten sich doch einige gegen die Männer des Alkalden, allen voran natürlich Gerbert Bohat. Man hörte ihn schreien:
    »Verrat! Wehren wir uns, meine Brüder. Gott will es!«
    Und er stürzte sich selbst mutig ins Getümmel, trat mit seinem lächerlichen Pilgerstab den Degen und Lanzen der Soldaten entgegen. Unfähig weiterzufahren, sahen Cathérine und Josse fasziniert zu, die Augen vor Entsetzen geweitet. Auf der Brücke rann das Blut in langen dunklen Bächen, die unter der bereits hoch am Himmel stehenden Sonne glitzerten. Der Brutalität der Kastilianer war freier Lauf gelassen, und in einiger Entfernung stand mit verschränkten Armen Don Martin und beobachtete den Vorgang, während er sich mit der Zunge genießerisch über die Lippen fuhr.
    Es dauerte nicht lange, denn der Kampf war zu ungleich. Bald waren alle Pilger überwunden. Cathérine vernahm außer sich den Todesschrei Gerberts, dessen Brust von einer Lanze durchbohrt wurde. Ein kurzer Befehl hallte wider, und der unglückliche Clermonteser wurde in den Fluß geworfen, dessen gelbe Flut, durch die letzten Regenfälle angeschwollen, ihn zuerst langsam, dann immer schneller davontrug. Die anderen Pilger wurden in die Stadt getrieben, und das Fallgatter rasselte wieder herunter …
    Zornig rüttelte Cathérine Hans auf, der wie vom Schlag gerührt dasaß.
    »Schnell, fahren wir! Die Straße ist frei … Und wir können ihn vielleicht herausziehen.«
    »Wen?« fragte Hans, ihr einen bedrückten Blick zuwerfend.
    »Ihn natürlich … Gerbert Bohat, den diese Elenden ins Wasser geworfen haben. Vielleicht ist er gar nicht tot …«
    Gehorsam setzte Hans den Karren in Marsch. Der Weg nach Las Huelgas folgte glücklicherweise dem Lauf des Arlanzón. Josse hatte seinen Platz hinten im Karren verlassen und sich zu den anderen beiden nach vorn gesetzt. Auch er machte ein bedrücktes Gesicht und blickte wie betäubt vor sich hin.
    Er stammelte: »Pilger! Fahrende Ritter Gottes, die nur um Asyl baten, wie es ihr gutes Recht ist …«
    »Ich sagte Euch doch, daß die Menschen hier Wilde sind!« warf Hans mit plötzlicher Heftigkeit ein. »Und Don Martin ist der Schlimmste von allen! Ich glaubte, Ihr würdet nach der Sache mit dem Käfig nicht mehr daran zweifeln, aber offenbar mußte erst Blut vergossen werden, um Euch zu überzeugen! ich wünsche sehnlichst, meine Arbeit hier bald zu beenden, dann werde ich mit Freuden in mein Vaterland am Ufer des Rheins zurückkehren … Ein großer Strom, ein echter Strom! Majestätisch, grandios! Nicht zu vergleichen mit diesem dreckigen kleinen Fluß hier!«
    Schweigend ließ Cathérine ihn seine Wut austoben. Die gespannten Nerven des Bildhauers hatten es nötig … Forschend betrachtete sie das gelbe Wasser, suchte die Leiche Gerberts. Plötzlich sah sie sie, eine lange schwarze Gestalt, preisgegeben der Gewalt der schmutzigen Wellen. Sie richtete sich auf, wies mit dem Arm.
    »Da! Da ist er! Haltet an!«
    »Er ist tot!« sagte Hans. »Weshalb anhalten!«
    »Weil er vielleicht nicht ganz tot ist. Und selbst, wenn er's ist, hat er das Recht auf ein christliches Begräbnis.«
    Hans hob die Schultern:
    »Das dreckige Wasser taugt soviel wie die Erde in diesem verkommenen Land! Halten wir an, wenn Ihr darauf besteht.«
    Er lenkte das Fuhrwerk neben den tief ausgefahrenen Weg. Schnell sprang Cathérine ab. Josse auf den Fersen, lief sie zum Arlanzón hinunter und blieb an einer Flußbiegung stehen, auf die die Leiche zutrieb. Ohne Zögern ging Josse ins Wasser, packte Gerbert und zog ihn ans Ufer. Von Cathérine unterstützt, hob er ihn aus dem Wasser und legte ihn auf die Kiesel der Uferböschung. Die Augen des Clermontesers waren geschlossen, die Nase wirkte spitz, und seine Lippen waren weiß und zusammengepreßt, aber er atmete noch schwach. In der Brust hatte er eine tiefe Wunde, die aber nicht mehr blutete. Josse schüttelte den Kopf.
    »Es dauert nicht mehr lange mit ihm! Wir können nichts mehr tun, Dame Cathérine. Er hat zuviel Blut verloren!«
    Ohne zu antworten, setzte sie sich auf die Erde und legte Gerberts Kopf mit unendlicher Sanftheit auf ihre Knie. Auch Hans war hinzugetreten und reichte ihr eine Art Kürbisflasche aus Ziegenhaut, die er sich vor Verlassen des Hauses an den Gürtel gehängt hatte. Es war Wein

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