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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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Cathérine ihre Freude. Sie hatte gewonnen, und begierig folgte sie ihrem Gastgeber durch das Labyrinth der Flure und Säle des Schlosses. Dann über eine Treppe, denn statt die junge Frau in die oberen Räume seines Wohnsitzes zu führen, wandte er sich diesmal den Kellern zu. Eine schmale, unter den blauen Azulejos des Audienzsaales verborgene Pforte gab eine Wendeltreppe frei, die ins Erdinnere hinunterführte. Eine Treppe, die häufig benutzt zu werden schien, denn sie war von zahlreichen Fackeln gut beleuchtet. Die Stufen waren niedrig, breit und bequem, und an einer dicken, an der Mauer angebrachten Seidenkordel konnte man sich festhalten. Die Wände selbst verschwanden unter gestickten Behängen. Und was die Pracht des Saals betraf, in den die Wendeltreppe mündete, so war sie einfach verblüffend. Wenn man die kostbaren Gobelins an den Wänden sah, die Brokatkissen auf den Sitzen, den goldeingelegten Tisch mit den mit Edelsteinen besetzten Pokalen und kostbaren Wasserkannen, die aus dem fernen China stammenden, da und dort auf dem roten Marmorboden verstreuten Seidenteppiche und die vergoldeten Kerzenständer, die ganze Wälder hoher weißer Kerzen trugen, erriet man, daß Don Alonso sich lange und häufig in diesem Raum aufhalten mußte, um den Inhalt der einen oder anderen großen Truhe aus duftendem Zedernholz oder goldbeschlagenem Sandelholz oder bemaltem und vergoldetem Leder zu betasten und in die Hand zu nehmen. Alle waren mit starken Bronzeschlössern versehen, die beinahe unüberwindlich schienen. Im Hintergrund dieses Raums, der länger als breit war, bemerkte Cathérine ein weit schlichter wirkendes Gewölbe. Auf einem großen Backsteinofen brodelte dort eine grüne Flüssigkeit in einem hohen Kolben, der mittels eines langen Rohrs mit einer riesigen Kupferwanne verbunden war, in der etwas rauchte. Zweifellos hatte sie die Küche des Alchimisten vor sich. Aber sie hielt sich nicht weiter damit auf, die Ausstattung im einzelnen zu betrachten; ihr Herzschlag setzte aus, ihre Lippen wurden trocken, sie hatte soeben neben einer der grünen, kleinen, schmalen Marmorsäulen, die das Gewölbe trugen, die ernste Gestalt Fray Ignacios entdeckt. Vor einer offenen Truhe stehend, prüfte der geheimnisvolle Mönch sorgfältig einen Topas von außergewöhnlicher Größe und Farbe. Er war derart in sein Tun versunken, daß er nicht einmal den Kopf gewandt hatte, als Don Alonso und Cathérine den Fuß in die Schatzkammer gesetzt hatten. Sein Herr mußte ihm die Hand auf die Schulter legen, damit er aufblickte. Cathérine erstarrte, als sie, voll angestrahlt vom Licht eines nahen Kerzenständers, das Gesicht ihres ersten Gatten erkannte. Sie spürte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat und das Blut zum Herzen zurückströmte. Dem Ersticken nahe, preßte sie nervös die Hände aneinander, um ihrer Erregung Herr zu werden. Nichts ahnend von dem Sturm, der im Herzen seines Gastes tobte, richtete Don Alonso schnell ein paar Worte an Fray Ignacio, der zustimmend nickte. Dann wandte er sich der jungen Frau zu.
    »Das ist Fray Ignacio, Dame Cathérine. Er ist ein geistreicher Mensch und gleichzeitig eine wahrhaft heilige Seele; hinzu kommt, daß er auf Grund seiner alchimistischen Forschungen auf dem Gebiet der Zusammensetzung der Edelsteine von seinesgleichen als eine Art Zauberer angesehen wird. Bei mir hat er die Ruhe und die für seine Arbeiten günstige Sammlung gefunden, ebenso wie die Mittel, sie zum guten Ende zu führen. Außerdem kenne ich auf dem Gebiet der Edelsteine keinen kompetenteren Fachmann als ihn. Zeigt ihm nun Euren Ring …«
    Die junge Frau, die sich bis dahin im Schatten einer Säule gehalten hatte, trat ein paar Schritte vor, erschien im vollen Licht und hob kühn den Kopf, um dem Mönch direkt ins Gesicht zu blicken. Angst krampfte ihr Herz zusammen, als das einzige Auge Fray Ignacios sich auf sie richtete, aber sie hatte genügend Gewalt über sich, um nichts zu zeigen. Prüfend musterte sie dieses aus dem Nichts hervorgetretene Gesicht, mit einer wilden Gier auf ein Zucken, ein Anzeichen der Bestürzung, der Unruhe lauernd … Doch nein! Fray Ignacio neigte mit ernstem Anstand den Kopf, um die Frau zu grüßen, die in ein auf ihre Augen abgestimmtes veilchenblaues, durch einen Goldgürtel über einem weißen Seidenrock geschürztes Samtgewand gekleidet war.
    Nichts in seinem verschlossenen Gesicht deutete das geringste Anzeichen eines Erkennens an.
    »Nun?« sagte Don Alonso ungeduldig.

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