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Cato 01 - Im Zeichen des Adlers

Titel: Cato 01 - Im Zeichen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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ihn offen an, bis sie den Blick niederschlagen musste. Ihre Geschichte klang sicherlich glaubwürdig. Aber wenn sie Vitellius noch immer liebte, war nicht auszuschließen, dass er sie überredet hatte, für ihn zu stehlen oder ihm Zugang zum Zelt des Legaten zu verschaffen, um die geheime Schriftrolle an sich zu nehmen, nachdem sie zu Bett gegangen war.
    »Du kannst jetzt gehen, Lavinia.« Vespasian schwenkte die Hand. »Aber merk dir Folgendes: Sollte Vitellius dich wieder einmal nach mir ausfragen oder ein weiteres Treffen arrangieren, dann musst du mir davon erzählen. Und ich warne dich, wenn du mir nicht die Wahrheit sagst, wird das von nun an schmerzhafte Folgen für dich haben. Sehr schmerzhafte. Haben wir uns verstanden?«
    »Ja, Herr.«
    »Gut. Dann geh.«
    »Wie war es?«, fragte Flavia Lavinia am Abend, als sie darauf warteten, dass die Zelte aufgeschlagen wurden.
    »Ich denke, er hat mir geglaubt, Herrin. Aber warum sollte ich ihm sagen, ich hätte mich an dem Abend mit Vitellius getroffen?«
    »Hättest du ihm lieber die Wahrheit gesagt und Cato in die Sache hineingezogen?«
    »Nein, Herrin. Natürlich nicht.«
    »Und wenn wir Cato heraushalten wollen, müssen wir jemand anderen darin verwickeln. Vitellius bietet sich da einfach an. Er passt sogar hervorragend.«
    Lavinia blickte ihre Herrin verwundert an. Offenbar ging es nicht bloß darum, Catos Haut zu retten. Flavia beobachtete die mit den Spannseilen hantierenden Legionäre mit einer Genugtuung, die nicht nur daher rühren konnte, dass sie den jungen Optio entlastet hatte. Lavinia fragte sich unwillkürlich, ob sie und Cato vielleicht nur Spielfiguren in einem viel größeren Spiel waren. Unvermittelt schaute Flavia wieder das Sklavenmädchen an.
    »Du musst dich strikt an die verabredete Geschichte halten, Lavinia. Halt daran fest, dann kann uns nichts geschehen, verstehst du? Aber verlange keine weiteren Erklärungen von mir. Je weniger du weißt, desto glaubwürdiger wirkst du. Vertrau mir.«
    »Ja, Herrin.«

28

    Die Sechste Zenturie marschierte durchs üppige, von schwellenden Frühlingsknospen berstende Gallien. Die Legionäre scherzten und plauderten – bisweilen stimmten sie auch zotige Gesänge an, um sich die Zeit zu vertreiben. Und die gute Stimmung hielt vor, trotz des Tempos, das Macro angeschlagen hatte, da er sein Ziel so rasch wie möglich erreichen und den kaiserlichen Sekretär abliefern wollte, ehe dieser ihn handgreiflich werden ließ. Narcissus hatte bislang keine Gelegenheit ausgelassen, spitze Bemerkungen über die Armee im Allgemeinen und die Soldaten und Macro im Speziellen zu machen. Einmal hätte der Zenturio dem selbstgefälligen Mistkerl liebend gern eins aufs Maul gegeben, um ihm klarzumachen, dass sein Verhalten fehl am Platze war: »Bist du in Rom, tue so wie die Römer, aber bist du in der Armee, halt den Mund und zeige verdammt noch mal etwas Respekt.«
    Bei der Vorstellung musste er lächeln, obgleich er wusste, dass er dergleichen niemals aussprechen durfte, ganz zu schweigen davon, es einem engen Freund und Vertrauten des Kaisers ins Gesicht zu sagen. Und so musste er gute Miene zu Narcissus’ Sarkasmen und Kritteleien machen – das Schicksal all derer, die mit unberechenbaren Karrieristen zu tun hatten. Cato hatte weniger unter ihm zu leiden, da ihr gemeinsamer gesellschaftlicher Hintergrund eine gute Gesprächsgrundlage abgab, wenngleich Narcissus unmissverständlich deutlich machte, dass sie ungeachtet ihrer Herkunft durch eine unüberbrückbare gesellschaftliche Kluft getrennt waren. Zum Glück ergab sich nur während der Zwischenhalte und am Abend, wenn das Lager aufgeschlagen wurde, eine Gelegenheit zur Konversation. In der Zwischenzeit führten Macro und Cato die Kolonne an, obwohl ein glattzüngigerer, ehrgeizigerer Offizier neben der Sänfte des kaiserlichen Sekretärs hermarschiert wäre, ihn in eine Unterhaltung verwickelt und jede Gelegenheit zu Schmeicheleien genutzt hätte. Ab dem zweiten Tag bestand Macro darauf, bei jeder Marschunterbrechung die Ausrüstung der Truppe zu inspizieren. Die Männer betrachteten seine Zurschaustellung von Pflichtbesessenheit mit Befremden und schüttelten wortlos die Köpfe, wenn der Zenturio Packriemen überprüfte und sich vergewisserte, dass die Waffen in Schuss waren.
    Am Abend des dritten Tages rechnete sich Macro aus, dass sie dank des hohen Tempos, das die kleine Eskorte vorgelegt hatte, die Küste am nächsten Abend erreichen würden. Wenn sie kurz vor

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