Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
erwiderte seinen prüfenden Blick einen Moment lang und nickte dann feierlich.
»Dann verstehen wir uns also.« Vespasian drückte ihre Hand, um sie ungeachtet des überstandenen Zwists seiner Zuneigung zu versichern. »Jetzt bin ich müde, sehr müde. Gibt es Platz für zwei in diesem Bett?«
»Natürlich, mein Mann.«
»Gut. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr es mir gefehlt hat, in deinen Armen zu schlafen.«
»Ich weiß«, flüsterte Flavia.
Vespasian zog sich die Tunika über den Kopf und beugte sich hinunter, um seine Militärsandalen aufzuschnüren. Während er sich auszog, legte Flavia ihm behutsam die Finger auf den Rücken und strich damit leicht über seine Haut, so wie er es gerne hatte. Doch heute Nacht würde keine Leidenschaft mehr aufkommen. Dafür waren zu viele Ungewissheiten und Verletzungen zwischen sie getreten. Vespasian schlüpfte unter die Decke und küsste seine Frau zärtlich auf die Stirn. Sie wartete, ob noch mehr kam, doch er schloss die Augen, und sehr schnell nahm sein Atem einen tiefen, gleichmäßigen Rhythmus an.
Sie betrachtete ihn eine Weile, drehte sich dann um und schmiegte sich sanft gegen ihn, spürte das drahtige Haar seiner Genitalien an ihren samtigen Pobacken. Doch diese Vereinigung mit ihrem Mann verschaffte ihr nur wenig Freude, und nachdem er schon lange eingeschlafen war, lag sie noch immer wach, zutiefst beunruhigt.
Es schmerzte sie, ihren Mann in die Irre geführt zu haben, doch sie hatte zuvor schon einen Schwur abgelegt – auf das Leben ihres Sohnes –, der Vorrang hatte. Die Liberatoren verlangten absolute Geheimhaltung und drohten denen, die dieser Forderung nicht nachkamen, die furchtbarste Rache an. Sie hatte ihnen zwar beinahe zwei Jahre lang loyal gedient, doch die tägliche Furcht vor einer Entdeckung war schließlich unerträglich geworden. Sie arbeitete nicht länger für die Liberatoren, und so war sie in dieser Hinsicht ihrem Mann gegenüber aufrichtig gewesen. Allerdings hatte sie inzwischen genug erfahren, um zu wissen, dass die Vorkehrungen für die Waffenlieferungen an die Briten von den Liberatoren getroffen worden waren, als der vorangegangene Kaiser – der wahnsinnige Caligula – beschlossen hatte, Britannien zu erobern. Man hatte immer den Plan gehabt, jeden Feldzug zu sabotieren, der dem kaiserlichen Ansehen Vorschub leisten würde. Mit jeder militärischen Niederlage und jedem auf den Straßen Roms in Umlauf gesetzten Gerücht würde die Glaubwürdigkeit der kaiserlichen Familie schwinden. Am Ende würde die Plebs die Aristokratie anflehen, die Kontrolle des Imperiums zu übernehmen. Das wäre dann für die Liberatoren die Krönung ihrer Bemühungen.
Doch dieser Tag lag in weiter Ferne, wie Flavia inzwischen klar geworden war. Die wenigen ihr bekannten Leute, die in Verbindung zu der Geheimorganisation gestanden hatten, waren inzwischen tot, und Flavia wollte ihr Schicksal nicht teilen. Sie hatte eine verschlüsselte Botschaft an die übliche Geheimadresse in Rom geschickt: ein nummeriertes Fach eines Kurierdienstes auf dem Aventin. Flavia hatte darin einfach nur erklärt, sie werde nicht länger für die Sache arbeiten. Sie wusste, dass die Liberatoren ihren Rückzug wahrscheinlich nicht so leicht hinnehmen würden, wie sie ihn angekündigt hatte. Sie würde auf der Hut sein müssen.
Flavia war zutiefst erschreckt, dass ihre Verbindung mit den Liberatoren von Vespasian aufgedeckt worden war. Wenn aber von ihm, von wem dann noch? Von Narcissus? Doch wenn der Obersekretär Bescheid wüsste, wäre sie inzwischen gewiss nicht mehr am Leben. Es sei denn, er spielte ein noch finstereres Spiel – verwendete sie als Köder, um andere Mitglieder der Verschwörung aus der Reserve zu locken.
41
Weit entfernt vom Pomp des kaiserlichen Umzugs machte Cato im befestigten Außenposten seiner Zenturienhälfte die Runde. Fünfhundert Schritt weiter am Hügelkamm entlang lag die von Macro und den anderen vierzig Mann bewachte Befestigung. Der Ring der Außenposten zog sich um das eine Meile weiter unten am Fluss gelegene Hauptlager, und der Hügelkamm bot einen guten Ausblick auf die Landschaft nördlich der Tamesis. Bei Tageslicht würde sich keine britische Streitmacht unentdeckt nähern können, und den kleinen Garnisonen blieb notfalls genug Zeit, sich zur Hauptarmee zurückzuziehen.
Nachts hingegen sah die Lage ganz anders aus, und die Wachposten spähten und lauschten angestrengt, um jedes verdächtige Geräusch und jeden huschenden
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