Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
wirkte dagegen absolut faul, und Nisus’ Verhalten stimmte Cato misstrauisch. Er musste mehr in Erfahrung bringen, und im Moment war sein einziger Hinweis der in seiner Tunika steckende Verband mit den sonderbaren Zeichen. Cato war der festen Überzeugung, dass die Lösung des Geheimnisses irgendwo bei Vitellius lag. Der Tribun hatte Nisus bearbeitet, ihn verändert und zum Komplizen irgendeines Verrates gemacht, den er vermutlich im Sinn führte.
Cato musste mit jemandem reden. Mit jemandem, dem er vertrauen konnte und der seinen Verdacht ernst nehmen würde. Macro würde sich vielleicht über seine Sorge lustig machen, oder aber, auch das war möglich, plötzlich mit einer förmlichen Beschwerde gegen den Tribun vorpreschen. Er musste jemand anderen finden – Lavinia. Natürlich. Er würde sie aufsuchen, sie an einen ruhigen Ort außerhalb des Lagers bringen und ihr sein Herz ausschütten.
Er legte die Waffen ab, zog seine Rüstung aus, schrubbte sich Spritzer getrockneten Bluts von Gesicht und Händen und legte eine saubere Tunika an.
Beim Überqueren der Brücke fiel ihm die übermäßige Geschäftigkeit im Lager am Südufer auf; die Armee bereitete sich auf die Offensive vor. Cato musste sich durch das aufgehäufte Gepäck des kaiserlichen Gefolges und der Prätorianergarde hindurchschlängeln. Im Gegensatz zum Lager auf dem anderen Ufer herrschte hier eine Atmosphäre gespannter Vorfreude, als wollte die Armee eine spektakuläre Militärparade abhalten und nicht da draußen einen fest entschlossenen, gefährlichen Feind bekämpfen. Die Wagen des kaiserlichen Hofs waren mit teurem Mobiliar vollgeladen, das nicht dafür geschaffen war, die luxuriösen Gemächer Roms zu verlassen, und dementsprechend mitgenommen aussah. Es gab riesige Kleidertruhen, Musikinstrumente, verziertes Essgeschirr und eine Überfülle der verschiedensten anderen Luxusgüter, alles von teuren Haushaltssklaven betreut, die nicht ans Reisen gewöhnt waren. Die Wagen der Kohorten der Prätorianergarde hatte man im Hinblick auf die geplante spektakuläre Siegesfeier in Camulodunum mit Festtagsuniformen und Festtagsausrüstung beladen.
Cato schlängelte sich durch den Wagenpark auf die Umfriedung zu, hinter der das kaiserliche Gefolge sich aufhielt. Dieser Bereich war durch ein großes Tor mit dem Hauptlager verbunden, von dem jetzt allerdings nur einer der mächtigen, aus Balken gezimmerten Flügel offen stand. Das Tor wurde von einem Dutzend Prätorianern in weißer Felduniform und voller Rüstung bewacht. Als Cato sich dem offenen Tor näherte, rührten sich die Wächter auf beiden Seiten und kreuzten ihre Speere.
»Besuchsgrund?«
»Eine Freundin besuchen. Zofe der Herrin Flavia Domitilla. «
»Hast du einen vom Obersekretär unterzeichneten Passierschein? «
»Nein.«
»Dann kannst du nicht rein.«
»Warum?«
»Befehl.«
Cato funkelte die Wächter wütend an, die in strammer Haltung dastanden und seinen Blick gelassen erwiderten, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Cato wusste, dass er sie nicht würde überreden können, ihn einzulassen. Die Männer der Prätorianergarde waren Experten in der Torbewachung und befolgten ihre Befehle buchstabengetreu. Wenn er sie beschimpfte, vergeudete er nur seinen Atem. Dazu kam noch, dass der Wächter, der ihn angesprochen hatte, wie ein Gladiator gebaut war; nicht gerade der Mann, mit dem er es gerne zu tun bekommen würde, wenn sie sich einmal außer Dienst begegneten.
Cato machte kehrt und schlenderte durch den Wagenpark. Mitten im Getümmel aus Soldaten, Angestellten und Haushaltssklaven und -sklavinnen ließ er die Augen über die Einfriedung schweifen, die den Bezirk des kaiserlichen Gefolges umschloss. Ein Teil der Wagen war inzwischen schon beladen und an den Rand gezogen worden, dicht zur Palisade. Insbesondere einer der Wagen zog Catos Aufmerksamkeit auf sich: Auf dem schweren, vierrädrigen Fuhrwerk war ein hoher Stapel gefalteter, bunt verzierter Lederzelte fest verzurrt. Die Ladung war so hoch aufgetürmt, dass sie die Palisade fast schon überragte. Cato ging um den Wagenpark herum, um sich diesem Wagen von der Seite zu nähern, die die Wächter nicht überblicken konnten. Nachdem er sich rasch vergewissert hatte, dass keiner ihn beobachtete, schlüpfte er zwischen die beladenen Wagen und schlich sich zu dem Fuhrwerk mit dem Zeltstapel vor. Er kletterte auf den Wagen und lag nun flach ausgestreckt oben, wobei er den Kopf nur hob, um über die Palisade in den
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