Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
zusammenzuckte, als einer der Elefanten den Schwanz hob und einen richtiggehenden kleinen Berg vor seine Hufe purzeln ließ. Der Obersekretär umritt eilig das abstoßende Hindernis und trabte an die Seite des kaiserlichen Tiers.
»Ah! Da bist du ja, Narcissus. Wird a-aber auch Zeit! Ich denke, ich steige jetzt in meine Sänfte um.«
»Bist du dir sicher, Cäsar? Denk doch an das heroische Bild, das du auf einem so großartigen Tier abgibst. Ein wahrer Gott, der seine Soldaten da in den Krieg führt! Wie inspirierend das für die Männer aussehen wird!«
»Nicht, wenn dieses dumme Vieh da mich zum Kotzen bringt, dann bestimmt nicht. Treiber! Das Tier soll sich hinlegen, auf der Stelle.«
Nach seiner letzten Erfahrung mit dem Absteigen von einem Elefanten hielt Claudius die Armlehnen seinen Throns fest umklammert und lehnte sich so weit wie möglich zurück, als der Elefant vorne in die Knie ging. Wieder auf sicherem Boden, blickte der Kaiser den Elefanten missbilligend an.
»Wie dieser Halunke H-Hannibal damit klargekommen ist, weiß ich wirklich nicht. Nun gut, Narcissus. Lass sofort meine Sänfte bringen.«
»Ja, Cäsar. Ich lasse sie vom Tross herholen.«
»Was hat sie denn da hinten zu suchen?«
»Du hast es so angeordnet, Cäsar. Vielleicht erinnerst du dich, dass du die Absicht hattest, den Vormarsch auf dem Elefantenrücken anzuführen.«
»Ach ja?«
»Du wolltst ›mehr Hannibal sein als Hannibal selbst‹. Erinnerst du dich, Cäsar?«
»Hmmm. Ja. Nun, das war gestern. Außerdem«, Claudius wedelte mit der Hand in Richtung Süden, »möchte ich nicht gerne auf einem E-E-Elefanten festsitzen, wenn das da losbricht.«
Narcissus drehte sich um, um die schwarzen Wolken zu betrachten, die auf die Tamesis zuwogten. Ein weißes Licht zuckte in ihrem Inneren auf, und kurz darauf hallte ein tiefes Grollen auf das römische Lager zu.
»Die Sänfte, Narcissus. So schnell wie möglich.«
»Sofort, Cäsar.«
Während der Obersekretär eilig die Anweisung weitergab, stand der Kaiser da und beobachtete das herannahende Unwetter mit finsterer Miene, als ließe es sich von seinem Missfallen umlenken. Ein kurzes Stück flussaufwärts schoss eine zackige weiße Linie in den Sumpf, und die Luft zersplitterte unter einem grässlichen Krachen wie von aufreißendem Metall.
Sabinus lenkte sein Pferd an die Seite seines Bruders.
»Mal wieder typisch«, meinte er leise. »Fast zwei Monate lang sitzen wir im wunderbarsten Sonnenschein auf dem Arsch und warten auf den Kaiser, und im selben Moment, in dem wir in die Offensive gehen, erwischt uns ein Unwetter.«
Vespasian lachte leise und erbittert auf und nickte dann. »Und keine Hoffnung, das Unwetter einfach auszusitzen. «
»Stimmt genau, Bruder. Bei diesem Feldzug steht zu viel auf dem Spiel, und Claudius wagt nicht, länger als unbedingt notwendig von Rom weg zu sein. Der Vormarsch läuft, egal wie das Wetter ist.«
»Oh, Mist.« Vespasian spürte einen Spritzer auf der Hand. Dann prasselten erste, schwere Regentropfen auf Helme und Schilde nieder. Über das breite Band der Tamesis fegte ein grauer Gürtel aufs Nordufer zu. Plötzlich schüttete es dann richtig; der Regen zischelte durch die Luft und fiel trommelnd auf jede Oberfläche. Mit dem Regen kam auch ein leichter Wind auf, rüttelte die Äste der nahe gelegenen Gehölze und ließ die schweren Militärumhänge der Offiziere flattern, die diese eilig fester um sich zogen. Claudius blickte gerade in dem Moment zum Himmel auf, als ein Blitz in einer blendend hellen Fläche weißen Lichts auf die Welt niederbrach und den wütenden Ausdruck in seinem Gesicht einen kurzen Moment lang einfror.
»Meinst du, das könnte ein Vorzeichen sein?«, fragte Sabinus halb im Ernst.
»Was für ein Vorzeichen denn?«
»Eine Warnung der Götter. Eine Warnung über den Ausgang dieses Feldzugs vielleicht.«
»Oder eine Warnung für Claudius?« Vespasian drehte sich um und wechselte einen wissenden Blick mit seinem älteren Bruder.
»Meinst du wirklich?«
»Vielleicht. Vielleicht ist es aber auch einfach nur ein Zeichen der Götter, dass es jetzt ein paar Tage lang schiffen wird.«
Sabinus’ Missbilligung, seine Überlegungen hier so beiläufig als Aberglauben verspottet zu sehen, war von seiner finsteren Miene abzulesen. Vespasian zuckte mit den Schultern und wandte sich nach hinten um, wo der Kaiser dem Himmel gerade etwas entgegenbrüllte. Seine Worte gingen im Donnerkrachen und dem niederpeitschenden Regen unter. Die
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