Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
Augen. »Das Leben ist schön, also genieße es.«
Gerne hätte Cato sich der Stimmung des Zenturios und der anderen Legionäre angeschlossen, doch er konnte keine Zufriedenheit empfinden. Nicht, solange ihn Visionen quälten, wie Vitellius Lavinia verführte. Das Gefolge des Kaisers war gegen Mittag zur Armee gestoßen und hatte sein Lager in der von General Plautius zugeteilten Ecke der Befestigungsanlage aufgeschlagen. Das Wissen um Lavinias Nähe ließ Catos Puls schneller schlagen, doch gleichzeitig erfüllte ihn die Aussicht, ihr wiederzubegegnen, mit tiefer Furcht. Diesmal würde sie sicherlich seine größten Ängste bestätigen und ihm sagen, dass sie ihn nicht mehr sehen wollte. Der Gedanke quälte ihn so sehr, dass er es nicht länger ertrug und das Bedürfnis, Bescheid zu wissen, die Angst vor dem Ergebnis seiner Nachforschungen besiegte.
Cato ließ den friedlich in der Sonne dösenden Macro liegen und zwang sich, durchs Lager zu den vornehmen Zelten des kaiserlichen Gefolges zu gehen. Jeder Schritt, der ihn näher zu Lavinia führte, kostete ihn Mühe, und die gute Laune der Legionäre um ihn her verstärkte das Elend nur noch, das ihm gewiss bevorstand. Er brauchte nicht lange, um das Zelt der Frau des Legaten und ihres Reisehaushalts zu finden, doch dann dauerte es eine Weile, bis er den Mut aufbrachte, auf den Eingang zuzugehen. Ein vierschrötiger Sklave, den er noch nie zuvor gesehen hatte, stand Wache, und aus dem Inneren drang das gedämpfte Plaudern weiblicher Stimmen. Cato spitzte die Ohren, um vielleicht Lavinias Stimme zu vernehmen.
»Was hast du hier zu suchen?«, fragte der Sklave, zwischen die Zeltklappe und den jungen Optio tretend.
»Es ist persönlich. Ich möchte mit einer Sklavin Flavias sprechen.«
»Kennt die Herrin dich?«, fragte der Sklave verächtlich.
»Ja. Ich bin ein alter Freund von ihr.«
Der Sklave runzelte die Stirn und wusste nicht recht, ob er diesen verdreckten Soldaten abweisen oder es riskieren sollte, seine Herrin beim Auspacken zu stören.
»Sag ihr, dass Cato hier ist. Sag ihr, dass ich gerne mit Lavinia sprechen würde.«
Der Sklave blickte finster, kam dann aber widerstrebend zu einer Entscheidung. »Nun gut. Warte hier.«
Er betrat das Zelt und ließ Cato allein zurück. Der drehte sich weg und betrachtete beim Warten auf die Rückkehr des Sklaven das Lager. Ein Geraschel hinter ihm veranlasste ihn aber, sich eilig umzudrehen. Statt des Sklaven sah er sich nun der Herrin selbst gegenüber, die ihm mit einem angestrengten Lächeln die Hand zum Gruß entgegenstreckte.
»Werte Herrin.« Cato neigte den Kopf.
»Bist du wohlauf?«, fragte Flavia.
»Es geht mir gut, Herrin.« Er hob die Arme und drehte sich rasch einmal im Kreis, um sie zu belustigen. »Wie du ja siehst.«
»Gut …«
Es folgte ein verlegenes Schweigen, und als Flavia nichts von ihrer sonst so fröhlichen Laune erkennen ließ, stieg in Cato ein kaltes Gefühl der Furcht auf.
»Meine Herrin, darf ich vielleicht mit Lavinia sprechen? «
In Flavias Gesicht trat ein schmerzlicher Ausdruck. Sie schüttelte den Kopf.
»Was ist denn los? Ist Lavinia vielleicht krank?«
»Nein, es geht ihr gut.«
Catos Angst legte sich rasch. »Dann kann ich sie also sehen?«
»Nein. Im Moment nicht. Sie ist nicht da.«
»Wo kann ich sie denn finden, Herrin?«
»Ich weiß es nicht, Cato.«
»Dann warte ich hier auf ihre Rückkehr. Das heißt, falls du nichts dagegen hast.«
Flavia stand stumm da und antwortete nicht. Stattdessen blickte sie ihm in die Augen, und ein kummervoller Ausdruck trat in ihr Gesicht. »Cato, achtest du meine Meinung noch immer so sehr wie früher?«
»Selbstverständlich, Herrin.«
»Dann vergiss Lavinia. Vergiss sie, Cato. Sie ist nichts für dich. Nein! Lass mich ausreden.« Sie hob die Hand, um seinem Widerspruch zuvorzukommen. »Cato, du hast etwas Besseres verdient. Lavinia ist nicht gut für dich. In den letzten Wochen hat sie ihre Meinung über dich geändert. Sie hat … höhere Ziele.«
Cato zuckte vor Flavia zurück, und mit Schmerzen sah sie den kalten Zorn, der sein junges Gesicht verhärtete.
»Warum hast du mir nicht von Vitellius erzählt, Herrin? «, fragte er mit gepresster Stimme. »Warum?«
»Zu deinem eigenen Besten, Cato. Du musst mir glauben. Ich habe kein Verlangen, dir unnötig wehzutun.«
»Wo ist Lavinia jetzt?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
Cato konnte sich ohne weiters denken, wo Lavinia sich im Moment vermutlich aufhielt. Er starrte
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