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Cato 02 - Im Auftrag des Adlers

Titel: Cato 02 - Im Auftrag des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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die sie unbrauchbar machten. Der Abstand zwischen Catos kleiner Flottille und dem Ufer vergrößerte sich mehr und mehr, bis die Briten nur noch winzige Gestalten waren, die wild im immer schemenhafteren Licht der Fackel herumwuselten, das eine glitzernde Bahn tanzender Reflexe in Richtung der Römer warf.
    »Und was jetzt, Optio?«
    »Hm?« Cato drehte sich um, noch ganz benommen.
    »Wohin sollen wir steuern, Herr?«
    Cato runzelte die Stirn bei dieser förmlichen Anrede, bis ihm dämmerte, dass er nun das Kommando über die Zenturie hatte und die Männer von ihm Befehle und Rettung erwarteten.
    »Stromabwärts«, murmelte er und hob dann den Kopf zu den anderen Booten. »Paddelt stromabwärts! Folgt uns.«
    Im Licht des Mondes paddelten sie die kleinen Boote in einer Linie stetig mit der Strömung voran. Als das Fackellicht am Ufer endlich hinter der ersten Flussbiegung verschwand, ließ Cato sich gegen den Bootsrand sacken, legte den Kopf zurück und blickte müde dem Mond ins Gesicht. Jetzt, da die unmittelbare Gefahr vorbei war, galt sein erster Gedanke Macro. Was war ihm zugestoßen?
    Der Zenturio war ohne einen Moment des Zögerns zurückgeblieben und hatte gekämpft, um das Leben seiner Männer zu retten, als wäre das die natürlichste Sache der Welt. Er hatte Cato und den anderen die Zeit zur Flucht erkauft, aber hatte er mit dem Leben bezahlt? Cato schaute wieder stromaufwärts und fragte sich, ob Macro vielleicht auch auf irgendeine Weise entkommen sein mochte. Aber wie? Seine Kehle schnürte sich zusammen. Er verfluchte sich selbst und versuchte, seine Gefühle vor den anderen Männern im Boot verborgen zu halten.
    »Hört ihr das?«, fragte einer. »Stellt mal kurz das Paddeln ein.«
    »Was ist los?« Cato löste sich mit einem Ruck aus seinen Gedanken.
    »Dachte, ich hätte Trompeten gehört, Herr.«
    »Trompeten?«
    »Ja, Herr … Da! Hörst du sie?«
    Beim Wellenschlag des Wassers und dem Geplatsche der hinter ihnen Paddelnden war das Cato nicht möglich. Dann aber ertönte stromaufwärts durch die warme Nachtluft der leise Klang von Blechbläsern. Die Melodie war für die Ohren eines jeden Legionärs unverkennbar. Die römische Armee blies zum Sammeln.
    »Das sind unsere Truppen«, brummte Cato.
    »Hört ihr das?«, rief der Legionär zu den anderen Booten hinüber. »Das ist unsere Seite, Leute!«
    Die Männer der Zenturie nahmen den Bläserklang mit begeisterten Rufen auf und machten sich mit erneuter Kraft ans Paddeln. Cato wusste, dass er ihnen eigentlich befehlen müsste, den Mund zu halten, nicht nur, weil vielleicht gegnerische Boote auf dem Fluss lauerten, sondern auch um der Disziplin willen. Doch ein großes Gewicht presste sein Herz zusammen. Macro war tot. Cato konnte seine Gefühle nicht länger zurückdrängen, Tränen rollten ihm über die Wangen und tropften auf seine dreckverkrustete Rüstung. Er wandte sich ab, um seine Trauer vor den Männern zu verbergen.

23

    Im Laufe der Nacht formierte die Legion sich nach und nach wieder, indem die Männer dem Trompetensignal folgten. Sie trafen in versprengten Gruppen, in Zenturien und manche sogar in kompletten Kohorten ein, geführt von den wenigen Oberzenturionen, die erkannt hatten, welche Gefahr das Terrain für den Zusammenhalt der Einheit darstellte. Die meisten Legionäre waren hundemüde und schlammbedeckt. Sie sackten in dem vom Kommandostab jeweils für ihre Zenturie gekennzeichneten Bereich nieder. Vespasian war kurz nach Sonnenuntergang bei der primitiven Anlegestelle eingetroffen, und sein kleiner Trupp aus Offizieren und der Wachmannschaft hatte nervös bei einem riesigen Signalfeuer gewartet. Die ganze Nacht über hatten die Legionstrompeter den Ruf zum Sammeln in regelmäßigen Abständen wiederholt, und die Anstrengung für Lunge und Lippen ließ sich an dem allmählich leiser und verwaschener werdenden Signal ablesen.
    Vom Rest der Armee abgeschnitten und ohne Hilfstruppen fühlte Vespasian sich wie auf dem Präsentierteller. Jede nennenswerte feindliche Kraft, die aus dem Sumpfland hervorbrach, konnte Stab und Wachzenturie mühelos auslöschen. Wenn von den Kämpfen, die dort im Dunkeln ausgefochten wurden, irgendwelche Geräusche bis zu ihm drangen, fürchtete er sogleich das Schlimmste. Und selbst als die Legionäre allmählich eintrafen, trieb die Befürchtung, dass es britische Krieger sein könnten, die Spannung jedesmal steil nach oben, bis die ausgegebene Losung mit dem richtigen Passwort beantwortet worden war.

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