Cato 02 - Im Auftrag des Adlers
Verachtung und Abscheu hervorrufen.
»Ich werde mich darum kümmern, Zenturio. Du bist entlassen.«
Der Zenturio nickte befriedigt, salutierte und schritt zu seinen Männern zurück. Vespasian sah ihm nach, wie er in der Dämmerung verschwand, und schalt sich selbst, dass er den Mann zum Zeugen seiner Verwirrung hatte werden lassen. Er musste lernen, mit solchen Dingen gelassener umzugehen. Außerdem gab es weit wichtigere Fragen zu bedenken. Die Existenz dieser Schwerter und die frühere Entdeckung von römischer Schleudermunition, die man unter den Geschossen der Briten gefunden hatte, fügten sich zu einem beunruhigenden Muster. Gewiss mochte die eine oder andere Waffe einem römischen Gefallenen abgenommen worden sein, doch das, was der Zenturio ihm da erzählt hatte, wies auf weit mehr hin. Jemand versorgte den Feind mit Waffen, die eigentlich für die Legion gedacht waren. Jemand, der über genügend Geld und ein Netzwerk von Agenten verfügte, um den Transport von so umfangreichen Lieferungen bewerkstelligen zu können. Aber wer?
»Das hier kommt uns gerade recht«, bemerkte Vitellius zum Dekurio gewandt. »Wir machen hier kurz Rast. Ihr könnt die Pferde tränken.«
Die Kolonne der Gefangenen und ihre berittenen Wächter hatten eine Stelle erreicht, wo der Pfad bei einem schmalen Flüsschen in ein kleines Wäldchen hinuntertauchte.
»Hier, Herr?« Der Dekurio warf einen Blick auf das dunkle Unterholz, das sie von allen Seiten umschloss. Er fuhr so taktvoll wie nur möglich fort: »Hältst du das für klug, Herr?« Normalerweise würde kein Offizier, der bei Verstand war, auf den Gedanken verfallen, eine Kolonne von Gefangenen in einer Umgebung Halt machen zu lassen, die einer Flucht so förderlich war.
»Hältst du es für klug, meinen Befehl in Frage zu stellen? «, entgegnete Vitellius knapp.
Der Dekurio drehte sich rasch im Sattel um und füllte seine Lungen. »Kolonne – Halt!«
Er befahl den Gefangenen, sich zu setzen, und der Wachmannschaft, ihre Pferde im schnellen Wechsel zu tränken, während Vitellius abstieg und sein Tier an einem Baumstumpf festband, der an der Einmündung eines dem Flüsschen folgenden Pfades lag.
»Dekurio!«
»Herr?« Der Dekurio kehrte zum Fluss zurück.
»Hol mir diesen Häuptling. Ich halte es für an der Zeit, noch einmal ein Wörtchen mit ihm zu reden.«
»Herr?«
»Wage es nicht, meine Befehle wiederholt in Frage zu stellen, Dekurio«, entgegnete Vitellius kühl. »Noch ein einziges Mal, und du wirst es für immer bereuen. Jetzt schaff mir diesen Mann her und kümmere dich um deine anderen Pflichten.«
Der auffällig gekleidete Brite wurde auf die Beine gezerrt und zum Tribun hinübergestoßen. Er starrte den römischen Offizier mit einem arroganten Grinsen ins Gesicht. Vitellius starrte zurück und ließ dann plötzlich den Handrücken in das Gesicht des Briten klatschen. Der Kopf des Mannes flog zur Seite, und als er wieder nach vorn schaute, lief ein dunkles Blutrinnsal, schwarz im Mondlicht, von seiner aufgerissenen Lippe herunter.
»Römer«, knurrte er mit rauem Akzent. »Falls ich diese Ketten jemals loswerde …«
»Wirst du aber nicht«, höhnte Vitellius. »Du kannst sie für den Rest deines Lebens als Teil deines Körper betrachten, soweit dir überhaupt noch viel Leben verbleibt.« Er schlug den Gefangenen erneut und rammte ihm die Faust so heftig in die Magengrube, dass der andere sich krümmte und um Luft rang.
»Ich glaube kaum, dass er mir jetzt noch Ärger macht, Dekurio. Fahrt mit dem Tränken der Pferde fort, bis wir zurückkommen.«
»Zurück von … Ja, Herr.«
Vitellius packte die Lederriemen zwischen den eisernen Handgelenksmanschetten des Briten und schleppte ihn den Pfad entlang, wobei er ihn bei jedem Stolpern grob auf die Beine zurückzerrte. Als der Pfad abbog und sie außer Sicht- und Hörweite der Gefangenenkolonne waren, blieb Vitellius stehen und zog den Mann hoch.
»Du kannst jetzt mit der Schauspielerei aufhören. So hart habe ich dich nun auch wieder nicht geschlagen.«
»Hart genug, Römer«, knurrte der Brite. »Und falls wir uns jemals wiederbegegnen, wirst du für diesen Schlag bezahlen. «
»Dann muss ich dafür sorgen, dass wir uns niemals wiederbegegnen«, antwortete Vitellius und zog seinen Dolch. Er führte die Spitze auf Fingerbreite an die Kehle des Briten heran. Der Brite zeigte keinerlei Anzeichen von Angst, sondern nur kalte Verachtung für einen Gegner, der sich so unmännlich verhielt, einen
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