Cato 03 - Der Zorn des Adlers
befahl Macro leise, und die drei Männer zogen ihre Klingen.
Macro ging voran, und seine Gefährten folgten ihm nervös, alle Sinne darauf gerichtet, die Herkunft des Geräuschs zu erkunden. Vor ihnen verbreiterte sich der Weg, und in der Dunkelheit ragte ein Pfahl auf, auf dem oben etwas Klumpenförmiges steckte. Als sie näher kamen, beleuchtete die Fackel dunkle Spuren von Rinnsalen, die den Pfahl von oben nach unten streiften, und auf der Spitze des Pfahls einen aufgespießten Menschenkopf.
»Scheiße!«, murmelte der Zenturio. »Ich wünschte, die Kelten würden das sein lassen.«
Sie stießen auf weitere Pfähle, die alle mit Häuptern in unterschiedlichen Verwesungsstadien gekrönt waren. Alle Köpfe schauten zum Pfad, sodass die drei Eindringlinge unter den Blicken der Toten weitergingen. Wieder erschien Cato die Luft besonders kalt, und er wollte gerade eine entsprechende Bemerkung machen, als ein erneutes Stöhnen die Stille durchbrach. Es kam von der anderen Seite des Hains und lag außerhalb des unruhigen Lichtkreises der Fackel. Diesmal steigerte sich das Stöhnen zu einem durchdringenden Schmerzgeheul, so grässlich in der Dunkelheit, dass den drei Sterblichen fast das Blut in den Adern gerann.
»Wir gehen weg!«, flüsterte Prasutagus. »Wir gehen weg, jetzt! Cruach kommt!«
»Quatsch«, entgegnete Macro. »Kein Gott gibt solche Geräusche von sich. Komm schon, alter Halunke. Sei kein Hasenfuß.«
Fast schon mit Gewalt zerrte er den Briten weiter, und auch Cato folgte den beiden nur widerstrebend. Am liebsten hätte er kehrtgemacht und wäre aus dem Hain hinausgerannt, doch dann hätte er das beruhigende Licht der Fackel verlassen müssen. Die Furcht, ganz allein in dieser grässlich dunklen Welt der Druiden herumzuirren, sorgte dafür, dass er so dicht wie möglich bei den anderen blieb. Ein weiterer Schrei erklang, diesmal wesentlich näher. Vor ihnen erhob sich jetzt ein flacher Altarstein, und dahinter befand sich das Wesen, dessen Schmerzensschreie das Grauen dieses fürchterlichen Ortes noch steigerten.
»Was ist denn das, verdammt nochmal?«, rief Macro.
Kaum fünfzehn Schritte von ihnen entfernt auf der anderen Seite des Altars krümmte sich die Gestalt eines Mannes unter Qualen. Er hing von einem Querbalken herab, an dessen rauem Holz er mit den Unterarmen festgebunden war. Unten stak er auf einem langen Holzschaft, der direkt hinter den Hoden in seinen Körper eindrang. Unter ihren Augen versuchte der Mann, sich mit den gefesselten Armen hochzuziehen. Überraschenderweise gelang ihm dies einen Moment lang, doch dann ließ seine Kraft nach, und er glitt wieder auf den Schaft hinunter, was ein weiteres schreckliches Schmerz- und Verzweiflungsgeheul auslöste. Das schier unmenschliche Geschrei ging in Gebete und Flüche über, in einer Sprache, die Cato fast so vertraut war wie sein eigenes Latein.
»Er spricht Griechisch!«
»Griechisch? Unmöglich … Es sei denn …« Macro trat näher an den Mann heran und hob dabei die Fackel hoch. »Es ist Diomedes …«
Beim Klang seines Namens bewegte sich der Grieche und zwang sich, die Lider zu öffnen. Er starrte mit einem verzweifelten Glanz in den Augen zu ihnen hinunter.
»Helft mir«, murmelte er auf Latein mit zusammengebissenen Zähnen. »Habt Erbarmen und helft mir!«
Macro blickte sich nach seinen Kameraden um. »Cato! Klettere diesen Balken hinauf und schneide ihn los. Prasutagus! Du hebst ihn hoch, damit er nicht noch tiefer gepfählt wird!«
Der Brite riss den Blick von dem schauerlichen Anblick los und sah Macro verständnislos an, der rasch mit der freien Hand eine Geste des Hochhebens machte und auf Diomedes zeigte. Prasutagus nickte und trat eilig zu dem Griechen hin. Er umfasste seine Beine, hob ihn hoch und trug mühelos sein ganzes Gewicht. Unterdessen zappelte sich Cato, der noch nie sonderlich sportlich gewesen war, daran ab, an den Trägerbalken emporzuklettern. Mit einem ungeduldigen Seufzer trat Macro zu ihm und stellte sich mit dem Rücken an den Pfosten.
»Du kannst auf meine Schultern steigen!«
Auf dem Querbalken angelangt, schob Cato sich zur ersten Fessel vor. Er säbelte eine Weile mit dem Schwert an dem groben Seil herum, bevor der linke Arm des Griechen freikam und schlaff herunterfiel. Cato reckte sich nach der anderen Fessel, und gleich darauf war auch der andere Arm frei. Der Optio ließ sich wieder vom Querbalken hinunter.
»Na schön, dann runter mit ihm vom Pfahl. Heb ihn hoch, du
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