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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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Brustharnisch wäre der Aufstieg wohl leichter gewesen. Das Gewicht der versilberten Bronze verdoppelte im Verein mit der restlichen Ausrüstung die Anstrengung, die ihn das Ersteigen der Leiter kostete. Der viele Papierkram und der Mangel an Training würden wohl bald dafür sorgen, dass sein Soldatendasein ein Ende nahm, überlegte Vespasian. Mit fünfunddreißig spürte er allmählich, dass er älter wurde, und er war Mensch genug, um ein gemütliches Zuhause mehr zu schätzen als das harte Leben des Feldzugs. Vespasians Verpflichtungszeit würde nächstes Jahr enden, und die Aussicht auf die Rückkehr nach Rom mit all den damit verbundenen Annehmlichkeiten war äußerst tröstlich. Für ein Entkommen aus dem grässlichen Klima dieser ständig feuchten und regnerischen Insel würde er doch glatt einen Arm oder ein Bein hergeben. Und doch hatte keiner der Einheimischen, mit denen er in Camulodunum gesellschaftlich verkehrte, sich seinen Klagen über das Wetter angeschlossen. Die Feuchtigkeit musste ihnen das Hirn vernebelt haben, entschied Vespasian mit einem schiefen Lächeln.
    Als er aufblickte, verjagte er diese Gedanken und konzentrierte sich auf die Situation, die sich im Licht der Frühmorgensonne vor ihm auftat. Unten waren die soliden Flügel des Südtors nach innen geöffnet, und die Erste Kohorte mit ihrer doppelten Mannzahl marschierte hinaus. Dahinter kamen zwei weitere Kohorten, alles in allem beinahe zweitausend Mann. Vespasian war überzeugt, dass diese Truppe bei weitem ausreichte, um die Durotriges zu verjagen, die in der Ferne die noch halb hinter einer Hügelkuppe verborgene Vierte Kohorte umschwärmten. Nach seiner Einschätzung war die Vierte noch beinahe drei Meilen entfernt, was bedeutete, dass der Entsatz erst in einer Stunde dort eintreffen würde. Die Vierte Kohorte sollte jedoch in der Lage sein, den Durotriges so lange standzuhalten. Vespasian freute sich über die Entwicklung. Nun brauchte er nicht Wochen damit zu vergeuden, im Gebiet der Atrebates die Verteidigungsanlagen auszubauen und den Überfallkommandos der Durotriges nachzujagen, denn die Druidenführer hatten sich ja netterweise in die Hände der Zweiten Legion begeben. Wenn es gelang, ihnen heute eine rasche Niederlage zu bereiten, wäre das wirklich eine perfekte Einleitung des Feldzugs.
    Das Knacken der Leiter veranlasste ihn, den Kopf zu drehen. Ein Mann von gewaltigen Körpermaßen quetschte sich durch die Luke. Über einen Meter achtzig groß und entsprechend breitschultrig, war der Lagerpräfekt der Zweiten Legion ein grauhaariger Veteran, dem eine blassblaue Narbe von der Stirn bis zur Wange lief. Als ranghöchster Mannschaftsoffizier der Legion zeichnete er sich durch eine ungeheure Erfahrung und enormen Mut aus. In Vespasians Abwesenheit oder im Fall seines Todes würde Sextus das Kommando der Legion übernehmen.
    »Guten Morgen, Sextus. Du willst auch den Kampf sehen? «
    »Aber ja, Herr. Wie halten sich die Burschen von der Vierten?«
    »Nicht schlecht. Die Reihen dicht geschlossen und auf dem Weg hierher. Wenn ich mit dem Entsatz dort ankomme, ist vermutlich alles schnell vorbei.«
    »Vielleicht«, antwortete Sextus achselzuckend und spähte mit zusammengezogenen Augen zu den Kämpfenden. »Willst du wirklich das Kommando der Entsatzkolonne übernehmen, Herr?«
    »Sollte ich das deiner Meinung nach nicht tun?«
    »Offen gesagt nein, Herr. Der Legat ist für die Legion als Ganzes verantwortlich und sollte sich nicht in Kleinkram verzetteln.«
    Vespasian grinste. »Das ist vermutlich deine Aufgabe.«
    »Ja, Herr. Zufällig.«
    »Nun, ich brauche mal wieder Training. Du nicht. Sei also so gut und kümmere dich ein Stündchen um den Laden hier. Ich werde auch versuchen, deine Erste Kohorte nicht in die Pfanne zu hauen.«
    Beide Männer kicherten; der Aufstieg zum Lagerpräfekten erfolgte über das Oberzenturionat der Ersten Kohorte, und daher betrachtete jeder Lagerpräfekt diese letzte Einheit, die er im Feld kommandiert hatte, mit besonderem Wohlwollen.
    Vespasian drehte sich um, schwang sich auf die Leiter und schlüpfte mühelos durch die Luke nach unten. Wieder am Boden angelangt, verharrte er beim Tor, wo sein Leibsklave ihm den Helm aufsetzte und die Kinnriemen sorgfältig zuband. Gerade stapfte die Dritte Kohorte vorbei, die sich vor dem Tor der schon aufgestellten Kolonne anschließen würde. Bei der Aussicht, den Entsatz selbst zur Vierten Kohorte zu führen, verspürte Vespasian ein erregendes Prickeln. Nach

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