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Cato 03 - Der Zorn des Adlers

Titel: Cato 03 - Der Zorn des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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dafür, dass sie Essen bekommen und sich ausruhen können.«
    Der Dekurio salutierte, machte zackig kehrt und entfernte sich im Marschtritt vom Schreibtisch des Legaten. Vespasian rief an ihm vorbei nach dem Dienst habenden Stabsoffizier. Gleich darauf stürmte einer der Untertribunen, ein jüngerer Vertreter der Camilli-Sippe – ein Schwachkopf in kostbar verzierter Tunika – ins Zelt und rannte den Dekurio dabei beinahe um.
    »Tribun!«, brüllte Vespasian ihn an. Sowohl der Dekurio als auch der Tribun zuckten zusammen. »Ich wäre dir für einen höflicheren Umgang mit deinen Offizierskollegen sehr verbunden.«
    »Herr, ich hatte doch nur auf deinen …«
    »Genug! Wenn so etwas noch einmal vorkommt, wird der Dekurio dich auf einen ausgedehnten Patrouillenritt mitnehmen, den du nicht so schnell wieder vergisst.«
    Der Dekurio grinste vergnügt bei der Vorstellung, dass ein Kavalleriesattel den vornehmen Arsch dieses jungen Aristokraten aufscheuerte. Dann schlüpfte er aus dem Zelt und machte sich auf den Rückweg zu seinen Männern.
    »Tribun, gib der Legion den Befehl, sich kampfbereit zu machen. Ich möchte, dass Erste, Zweite und Dritte Kohorte schnellstmöglich marschbereit sind. Die anderen Kohorten sollen sich auf dem Befestigungswall verteilen. Es geht um einen Sofortschlag, daher muss keine Marschverpflegung ausgeteilt werden. Ich möchte, dass die marschbereiten Kohorten sich vor dem Südtor formieren. Verstanden? «
    »Ja, Herr!«
    »Dann erledige das bitte.«
    Der junge Mann machte kehrt und rannte zum Eingang.
    »Tribun!«, rief Vespasian ihm nach.
    Der Tribun drehte sich um und sah zu seiner Überraschung ein leichtes Lächeln in Vespasians Miene.
    »Quintus Camillus, bemühe dich bitte bei der Ausübung deiner Pflichten um die gelassene Haltung eines erfahrenen Mannes. Das wird dir bei den Mannschaftsoffizieren Achtung verschaffen und den Männern unter deinem Kommando ein Gefühl der Sicherheit geben. Keiner findet den Gedanken beruhigend, dass sein Schicksal in der Hand eines zu alt gewordenen Schuljungen liegt.«
    Das Gesicht des Tribuns wurde brennend rot, doch es gelang ihm, Verlegenheit und Zorn hinunterzuschlucken. Vespasian deutete mit dem Kopf zum Ausgang; der Tribun machte erneut kehrt und marschierte steifbeinig hinaus.
    Die Bemerkung war sehr herabsetzend gewesen, doch von jetzt an würde Camillus besser über sein Verhalten nachdenken. Das Auftreten der Stabsoffiziere vor den Mannschaftsoffizieren und den einfachen Soldaten entschied, wie viel Achtung die Legionäre der römischen Aristokratie insgesamt entgegenbringen würden. Vespasian war sich schneidend bewusst, dass die einfachen Soldaten die jungen Adligen, die ihre Zeit bei den Legionen abdienten, normalerweise verachteten. Diese bedauerliche Tatsache wurde durch die Arroganz und Unreife junger Edelleute vom Schlage Camillus’ nur noch verschlimmert. Selbst wenn keiner noch zusätzlich Öl ins Feuer goss, waren Klassengegensätze innerhalb der Armee ein heikles Thema. Wenn Camillus in Zukunft mit der gelassenen Ruhe eines Berufssoldaten auftrat, würde das den Groll der Männer, die er vielleicht eines Tages in der Schlacht würde befehligen müssen, ein Stück weit besänftigen.
    Vespasians Gedanken kehrten zu dem Thema zurück, über das er nachgedacht hatte, bevor ihn die Nachricht von der Notlage der Vierten Kohorte erreichte. Er hatte noch immer keine Antwort auf seine Botschaft an General Plautius erhalten. Natürlich konnte der Bote aufgehalten worden sein; selbst bei den besten Wetterbedingungen war der Zustand des britischen Wegenetzes erbärmlich. Doch selbst wenn man eine Verspätung einrechnete, sollte Vespasian inzwischen vom General gehört haben.
    Er beschloss, noch einen weiteren Tag abzuwarten. Falls der General sich bis zum nächsten Morgen noch immer nicht gerührt hatte, würde er ihm eine zweite Botschaft senden. Unterdessen riefen die Trompeten zum Sammeln; die Legionäre stolperten jetzt gewiss aus den Zelten und zwängten sich fluchend in ihre Rüstungen. Jedem Mann war die sofortige Reaktion auf den Ruf der Trompete eingedrillt worden, und der Legat stellte da keine Ausnahme dar.
    »Lasst meinen Leibsklaven kommen!«, rief Vespasian.

    Die steile Leiter zum Wachturm über dem Südtor erinnerte Vespasian daran, wie sehr seine körperliche Tüchtigkeit in den letzten Monaten gelitten hatte. Er stemmte sich durch die Luke nach oben und lehnte sich einen Moment lang keuchend gegen die Brüstung. Ohne den

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