Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Vielleicht nehme ich ihn zeitweilig in meinen Stab, bis eine Stelle als Optio frei wird.«
Cato hatte sich bemüht, seine Enttäuschung zu verbergen; die Aussicht, als Optio in einer nicht von Macro geführten Zenturie zu dienen, war ihm nicht angenehm. Er hatte Monate gebraucht, um den widerwilligen Respekt des Zenturios zu gewinnen und ihn davon zu überzeugen, dass er diesen Posten verdient hatte. Bei seinem Eintritt in die Legion war Cato, ein ehemaliger Sklave des kaiserlichen Haushalts, das Ziel von Vorbehalten und Eifersüchteleien gewesen.
Cato erinnerte sich nur ungern an seine ersten Erfahrungen in der Zweiten Legion: die harte Disziplin der Ausbilder, die ihn gnadenloser herannahmen als jeden anderen Rekruten, und die Schikanen eines grausamen Ex-Kriminellen namens Pulcher und noch anderes mehr – aber das Schlimmste war wohl die offen zur Schau getragene Missbilligung seines Zenturios. Das hatte ihn mehr verletzt als alles andere und dazu angetrieben, sich bei jeder nur denkbaren Gelegenheit zu beweisen. Nun würde der Kampf um Anerkennung also von vorn beginnen. Außerdem hegte er eine gewisse persönliche Wertschätzung für Macro, an dessen Seite er die schrecklichsten Schlachten des Feldzugs durchgestanden hatte. Es würde nicht leicht sein, sich an den Führungsstil eines anderen Zenturios zu gewöhnen.
Vespasian hatte gesehen, welche Miene der Optio machte, und versucht, ihn aufzumuntern. »Mach dir nichts daraus. Du kannst nicht für immer Optio bleiben. Früher, als du jetzt vielleicht denkst, wirst du deine eigene Zenturie führen.«
Dass er damit den geheimen Ehrgeiz des Burschen ansprach, bezweifelte Vespasian nicht. Nach seiner Erfahrung träumten alle jungen Männer von Ehre und Beförderung, wie unwahrscheinlich diese auch sein mochten. Aber dieser Bursche hier würde es vielleicht schaffen. Er hatte seinen Mut und seine Intelligenz unter Beweis gestellt, und wenn eine einflussreiche Persönlichkeit in der richtigen Position ein wenig nachhalf, würde er dem Imperium mit Sicherheit gute Dienste leisten können.
Da die Wahrscheinlichkeit, dass Cato oder Macro je zur Zweiten Legion zurückkehren würden, ausgesprochen gering war, klangen Vespasians aufmunternde Worte jedoch ziemlich hohl. Sie waren so typisch für die abgenutzten Ermutigungen, die alle Kommandanten den Todgeweihten mitgaben, dass Cato sich später für die Bereitwilligkeit verachtete, mit der er sich einen Moment lang vom Legaten hatte blenden lassen. Auch jetzt behielt dieser Gedanke noch seinen bitteren Nachgeschmack.
»Dummkopf!«, schimpfte er leise über sich selbst und wälzte sich auf seiner mit Farnkraut gefüllten Schlafrolle herum. Er hüllte sich eng in die dicke Armeedecke und zog sie sich außerdem über den Kopf, damit die Wärme erhalten blieb. Wieder verbannte er alle Gedanken aus seinem Kopf, um endlich einzuschlafen, und wieder verführte ihn die Schlaflosigkeit unmerklich, sich erneut mit den Ereignissen des Vorabends zu befassen. Macros und Catos Überraschung, Boudica und ihren gefährlichen Vetter zu erblicken, spiegelte sich in den Gesichtern von General Plautius und Vespasian, als diese merkten, dass ihre britischen Kundschafter dem Zenturio und seinem Optio nicht fremd waren.
»Wie ich sehe, kennt ihr euch schon«, meinte Plautius lächelnd. »Das sollte die Dinge für alle Beteiligten einfacher machen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher, Herr«, entgegnete Macro und fasste den britischen Krieger misstrauisch ins Auge. »Bei unserer letzten Begegnung schien Prasutagus nicht allzu viel für uns Römer übrig zu haben.«
»Ach ja?« Plautius musterte Macro. »Hatte er nicht allzu viel für uns Römer übrig oder eher nicht allzu viel für dich?«
»Herr?«
»Du sollst wissen, Zenturio, dass dieser Mann uns von sich aus angeboten hat, uns auf jede erdenkliche Weise behilflich zu sein. Nachdem ich die Ältesten der Iceni darüber unterrichtet hatte, dass meine Familie gefangen gehalten wird, trat dieser Mann an uns heran und meldete sich freiwillig, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um mir bei der Befreiung zu helfen.«
»Traust du ihm, Herr?«
»Ich muss. Welche andere Wahl bleibt mir? Und du wirst eng mit ihm zusammenarbeiten. Das ist ein Befehl.«
»Ich dachte, wir hätten uns freiwillig gemeldet, Herr.«
»Das habt ihr, und jetzt, wo ihr euch gemeldet habt, werdet ihr meinen Befehlen Folge leisten. Ihr werdet mit Prasutagus an einem Strang ziehen. Er kennt Land und Sitten der
Weitere Kostenlose Bücher