Cato 03 - Der Zorn des Adlers
Satteldecken das Brandzeichen der Legion verbargen. Links und rechts hingen ihnen Satteltaschen vom Rücken, und daneben warteten noch zwei Pferde, die weitere Vorräte trugen.
»Gut, ihr reitet jetzt am besten los. Der wachhabende Offizier erwartet euch am Tor, ihr könnt also unauffällig verschwinden, ohne dass irgendein Idiot euch anruft.« Der Legat betrachtete die beiden Soldaten ein letztes Mal mit prüfendem Blick und klopfte dann Macro kurz auf die Schulter. »Viel Glück!«
»Danke, Herr.«
Macro holte tief Luft, schwang sein Bein übers Pferd und hievte sich hinauf. Es folgte ein unbeholfenes Gezappel unter einigem unterdrückten Gefluche, bevor er richtig saß und die Zügel gut im Griff hatte. Cato, der größer war, schaffte einen geringfügig stilvolleren Aufstieg.
Prasutagus flüsterte Boudica etwas zu, und Macro fuhr herum. »Was hat er gesagt?«
»Er hat sich gefragt, ob du und dein Optio nicht vielleicht besser zu Fuß reisen solltet.«
»Ach ja? Also, dann sag ihm …«
»Das reicht, Zenturio!«, herrschte Vespasian ihn an. »Reitet jetzt los.«
Der Iceni-Krieger und die Iceni-Frau stiegen behände auf und wendeten ihre Pferde zum Tor. Hinter ihnen ruckten Macro und Cato an den langen Zügeln der Packtiere und folgten. Sie ritten mit dumpfem Hufschlag über den gefrorenen Weg, und Cato warf einen letzten Blick über die Schulter. Doch Vespasian marschierte bereits in sein warmes Zelt zurück und verschwand schnell in der Dunkelheit.
Vor ihnen ragte das Tor auf und als sie näher kamen, ertönte ein leiser Befehl. Der Balkenriegel wurde kreischend zurückgeschoben, und ein Türflügel schwang nach innen auf. Beim Hinausreiten wurden sie von einer Hand voll schweigender Legionäre beobachtet, die zwar neugierig waren, aber strikte Anweisung hatten, kein Wort von sich zu geben. Jenseits der Palisade ließ Prasutagus die Zügel schnalzen und ritt seiner Gruppe voran den Hügel hinunter und auf jenen Wald zu, aus dem wenige Tage zuvor die Druiden mit dem Flottenpräfekten aufgetaucht waren.
Ohne Helm und Schild und die beruhigende Sicherheit des Lagers fühlte Cato sich plötzlich schrecklich verletzlich. Das hier war schlimmer als in eine Schlacht zu gehen. Viel schlimmer. Vor ihnen lag feindliches Gebiet. Der Feind aber ähnelte keinem Feind, dem die Römer je gegenübergestanden hatten. Beim Blick nach Westen, wo die Landschaft so dunkel war, dass sie fast mit der Nacht verschmolz, fragte Cato sich, ob seine Augen ihn trogen oder ob dort der Schatten der Druiden des Dunklen Mondes lag und die Dunkelheit sogar noch undurchdringlicher machte.
21
Als die Sonne sich über den milchigen Horizont schob und in den trübgrauen Himmel stieg, befanden sie sich schon tief im Wald. Sie ritten über einen gewundenen, ausgetretenen Pfad, vorbei an den knorrigen Stämmen alter Eichen, deren krumme Äste sich vor dem heller werdenden Licht nur noch schwärzer abzeichneten. In einigen der höchsten Baumkronen hatten Krähen ihre Nester gebaut, und das raue Gekrächze der schwarzen Vögel, die die vorbeiziehende Gruppe mit gierigen Augen beobachteten, erfüllte die Luft. Der Waldboden war mit totem Laub bedeckt: der Schnee war beinahe vollständig geschmolzen und die Luft feuchtkalt. Cato war von dieser düsteren Umgebung bedrückt und hielt nervös nach etwaigen Hinweisen auf den Feind Ausschau. Er ritt als Letzter, hinter sich nur noch ein Packpferd, das raschelnd durchs Laub stapfte. Unmittelbar vor ihm ging das andere Pferd, dessen Führstrick Macro an seinem Sattel festgemacht hatte. Der Zenturio selbst, der ohne Helm unsicher auf seinem Kavalleriepferd saß, ließ sich von der düsteren Umgebung anscheinend nicht weiter bedrücken. Er interessierte sich weit mehr für die Frau, die vor ihm ritt. Boudica hatte die Kapuze über den Kopf gezogen und sich, soweit Cato wusste, seit dem Aufbruch vom Lager kein einziges Mal umgedreht.
Das verwirrrte ihn; er hatte erwartet, dass Boudica sich über das Wiedersehen mit Macro freuen würde. Doch während der Instruktion am Vorabend war sie sowohl Macro als auch Cato mit unübersehbarer Zurückhaltung begegnet. Und jetzt schwieg sie schon die ganze Zeit seit dem Aufbruch aus dem Lager. Angeführt wurde die Gruppe von Prasutagus, der riesiger denn je aus dem Sattel des größten Pferdes aufragte, das man hatte auftreiben können, und gelassen voranritt. Bei der Instruktion hatte er die beiden Legionäre nicht beachtet, sondern sich nur durch Boudica mit dem
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