Cato 05 - Beute des Adlers
hoben die Schilde. Maximius befahl seinen Centurionen, zu ihren Einheiten zurückzukehren. Inzwischen hatten sich die Späher auf dem Pfad zum Lager hin verteilt, und der Decurio und drei seiner Männer näherten sich langsam dem Tor. Als Cato Figulus und die Sechste Kohorte erreichte, waren sie schon dahinter verschwunden.
»Was geht da vor sich, Herr?«
»Du bist doch nicht blind, Optio«, zischte Cato. »Sieh selbst.«
Während Figulus die Augen mit der Hand abschirmte und zum Tor hinüberspähte, bemerkte Cato, wie sich die Männer hinter ihm leise unterhielten. Er warf einen wütenden Blick über die Schulter.
»Ruhe!«
Cato hörte, wie ein Legionär seinem Nebenmann etwas zuflüsterte, fuhr herum und eilte mit ausgestrecktem Arm auf ihn zu.
»Du! Ja, du! Jetzt bist du fällig. Wie heißt du?«
»Titus Velius, Herr!«
»Warum redest du, wenn ich dir befohlen habe zu schweigen?« Cato blieb vor ihm stehen, beugte sich vor und funkelte den Legionär zornig an. Velius war etwas kleiner, mehrere Jahre älter und viel stämmiger gebaut als Cato. Er starrte mit ausdrucksloser Miene über die Schulter seines Centurio.
»Ich hab nur gesagt, dass wir jetzt Ärger kriegen, Herr.« Ihre Blicke trafen sich für einen Wimpernschlag. »Mehr nicht.« Er starrte wieder geradeaus.
Cato blähte die Nasenflügel und atmete wütend aus. »Optio!«
»Herr?« Figulus schlenderte auf ihn zu.
»Velius hat zehn Tage Latrinendienst.«
»Jawohl, Herr.«
Cato trat zurück und sah seine Männer an. »Der nächste Sprücheklopfer, der ungefragt das Maul aufreißt, wird zwanzig Tage in der Scheiße waten!«
Er drehte sich wieder zum Lager um. Der Torflügel, an dem der reglose Körper hing, war nun vollends aufgeschwungen. Dahinter war kein Lebenszeichen zu erkennen. Nur das Kreischen der gemächlich kreisenden Krähen durchbrach die Stille, die über dem Lager hing. Cato sah sich in der Umgebung um, doch weit und breit war keine Menschenseele zu erkennen. Keine Feinde, keine Hilfstruppen und auch keine Einheimischen.
Endlich tauchte der Decurio des Spähtrupps aus dem Schatten des Torhauses auf und ließ sein Pferd den Hügel hinab auf Centurio Maximius zutraben, der ungeduldig neben der Kohorte stand. Er konnte es nicht erwarten, zu erfahren, was mit der Besatzung des Forts geschehen war.
»Nun?«
Der Decurio wirkte tief erschüttert. »Sie sind alle tot, Herr.«
»Alle? Die gesamte Einheit?«
»Ich glaube schon, Herr. Ich habe nicht nachgezählt, aber da drin liegen über hundert Leichen. Und es sieht nicht so aus, als wären sie schnell gestorben.«
Maximius starrte das Lager einen Augenblick lang an, dann erteilte er dem Decurio seine Befehle. »Sammle deine Männer. Suche nach Spuren der Verantwortlichen. Finde heraus, wohin sie verschwunden sind und gib mir unverzüglich Bericht.«
Der Decurio salutierte, wendete das Pferd und trabte zu seinen Männern zurück, um sie in Formation zu bringen. Maxmimius ging entschlossen auf das Tor zu und betrat das Lager.
Während die Späher den Spuren der Feinde nach Norden folgten, warteten die Männer der Kohorte schweigend und ängstlich in der sengenden Sonne auf die Rückkehr ihres Kohortenkommandanten. Eine lange Zeit – nach Catos Schätzung über eine Viertelstunde – verstrich. Frustriert schlug er sich mit der Hand auf den Oberschenkel.
»Ob ihm etwas zugestoßen ist?«, fragte Figulus leise.
»Ich hoffe nicht. Aber er sollte zusehen, dass er da bald wieder rauskommt. Wir dürfen uns keine Verzögerung leisten. Er hat seine Befehle.«
»Vielleicht sollte mal jemand nach ihm sehen.«
Cato sah sich entlang der Kolonne nach den anderen Centurionen um. Macro erwiderte seinen Blick und hob ratlos die Hände.
»Du hast recht«, antwortete Cato. »Jemand muss nach ihm sehen. Du bleibst hier.«
Cato verließ seine Centurie. Felix und Antonius sahen ihn überrascht an, als er an ihnen vorbeiging und bei Macro stehen blieb.
»Der lässt sich ja verdammt viel Zeit!«, knurrte Macro.
»Ich weiß. Wir müssen weiter.«
»Aber wir brauchen das Werkzeug aus dem Lager.«
»Dann sollten wir es holen und zur Furt marschieren. Jemand muss da raufgehen … «
Macro kratzte sich am Kinn und überlegte. Centurio Tullius stieß zu ihnen. Auf seinem wettergegerbten Gesicht war eine ängstliche Miene zu erkennen.
»Was sollen wir jetzt machen?«
Macro sah Tullius erstaunt an. Als dienstältester Offizier hätte Tullius eigentlich Befehle geben müssen, anstatt um Rat zu fragen
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