Cato 08 - Centurio
jeden verfügbaren Mann brauchen, um sich den Parthern entgegenzustellen. Cato seufzte. Es war eine Ironie des Schicksals, dass ihm die Bedrohung durch die Parther gerade sehr willkommen war. Das sollte den Statthalter zumindest eine Zeit lang von seinem Rachedurst ablenken. Cato leerte seinen Becher, lehnte sich gegen die Wand und sah über die Stadt hinweg.
Die Sonne stand dicht über dem Horizont, und die Dachziegel und Kuppeln Antiochias schimmerten im Schein des schwächer werdenden Lichts. Wie in den meisten Städten, die unter römische Herrschaft gefallen und davor von den griechischen Erben Alexanders des Großen regiert worden waren, ragten im Stadtzentrum jene öffentlichen Gebäude auf, die man im ganzen Imperium fand. Hinter den hoch aufragenden Säulen der Tempel und Portiken schlossen sich schöne Stadthäuser und das Gassengewirr großer Armenviertel mit schmuddeligen Flachdachhütten an. In jenen Gassen herrschte der Gestank der dicht gedrängten Bewohner. Dort verbrachten die meisten Soldaten ihre Zeit, wenn sie dienstfrei hatten. Cato und Macro bevorzugten dagegen den relativen Komfort der »Überfließenden Amphore«, die mit ihrer leicht erhöhten Lage jeden erfrischenden Luftzug einfing, der über die Stadt wehte.
Sie hatten den größten Teil des Nachmittags getrunken. Cato versank allmählich in der warmen Umarmung müder Zufriedenheit und nickte hin und wieder kurz ein. Den ganzen letzten Monat über hatten sie ihre Hilfskohorte, die Zweite Illyrische, in dem riesigen Militärlager vor den Mauern Antiochias gnadenlos gedrillt. Die Kohorte war Macros erstes Kommando als Präfekt, und er war wild entschlossen, seine Männer zu einer schlagkräftigen Truppe auszubilden, die schneller marschierte und härter kämpfte als jede andere Kohorte in der Armee des östlichen Imperiums. Macros Aufgabe war durch den Umstand erschwert worden, dass nahezu ein Drittel der Männer unerfahrene Rekruten waren – Ersatz für die Leute, die er beim Kampf um Kastell Bushir verloren hatte. Da die Armee in Alarmbereitschaft versetzt worden war, hatte jeder Kohortenkommandant die Region nach waffenfähigen Männern durchkämmen lassen, um seine Einheit auf Sollstärke zu bringen.
Während Cato sich um die Ausbildung der Kohorte gekümmert und die nötigen Ausrüstungsgegenstände und Vorräte bestellt hatte, war Macro auf der Suche nach Rekruten die Küste von Pieria bis Caesarea entlanggereist. Er hatte zehn seiner kampferprobtesten Soldaten und die Standarte der Kohorte mitgenommen. In jeder Stadt hatte Macro einen Stand auf dem Forum aufgeschlagen und vor dem Publikum untätiger und rastloser Männer, die man wohl auf jedem Marktplatz des Imperiums fand, eine feurige Werberede gehalten. Mit dröhnender Exerzierplatzstimme versprach er ihnen eine Eintrittsprämie, anständigen Sold, regelmäßige Mahlzeiten, Abenteuer und, sollten sie so lange leben, zur Belohnung das römische
Bürgerrecht, wenn sie nach der kleinen Formalität einer fünfundzwanzigjährigen Dienstzeit schließlich entlassen wurden. Mit ein wenig Übung würden sie genauso eindrucksvoll und männlich sein wie die Soldaten, die hinter Macro standen. Jedes Mal, wenn er seine Rede beendet hatte, näherte sich ein kunterbunter Haufen von Bewerbern dem Stand. Macro nahm die gesündesten von ihnen auf und wies all jene ab, die untauglich, zu einfältig oder zu alt waren. In den ersten Städten konnte er es sich noch leisten, wählerisch zu sein, doch als er die Rekrutierungsreise fortsetzte, stellte er fest, dass andere Offiziere vor ihm da gewesen waren und sich bereits die besten Männer gesichert hatten. Trotzdem hatte er bei seiner Rückkehr genug Rekruten angeworben, um die Kohorte auf Sollstärke zu bringen, und genug Zeit für die Ausbildung, bevor ein Feldzug beginnen konnte.
Macro verbrachte die langen Wintermonate damit, die neuen Rekruten zu drillen, während Cato mit dem Rest der Männer mörderische Gewaltmärsche und aufreibende Waffenübungen absolvierte. Während die Zweite Illyrische ausgebildet wurde, traf ein steter Strom weiterer Einheiten in Antiochia ein und vergrößerte das wachsende Lager vor der Festung der Zehnten Legion. Im Gefolge der Soldaten kamen Scharen von Zivilisten. Die Gassen und Märkte Antiochias hallten von den Rufen der Straßenverkäufer wider. Jede Taverne war mit Soldaten vollgepackt, und vor den grell bemalten Bordellen, die nach billigem Parfüm und Schweiß rochen, standen die Männer
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