Cato 08 - Centurio
der Feind ihre Absicht durchschaute und die Verfolgung aufnahm. Reiter preschten aus der Dunkelheit heran, zügelten ihre Pferde und schossen einen Pfeil nach dem anderen ab, nachdem sie begriffen hatten, dass der Vorteil eines Überraschungsangriffs nicht länger auf ihrer Seite war. Während die Kohorte sich langsam den Pfad hinaufbewegte, bot sie dem Feind ein nur wenig lohnenswertes Ziel; eine Wand von Schilden schützte die kleine Schar von Überlebenden. Die Parther folgten ihnen so dicht, wie sie es wagen konnten, und schossen ihre Pfeile ab, sobald sich zwischen den Schilden auch nur die kleinste Lücke zeigte. Als sie die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens bemerkten, änderten sie ihre Taktik und nahmen die ungeschützten Beine der Verfolgten ins Visier, wodurch sie diese zwangen, so tief in Deckung zu gehen, dass sie nur noch langsam und mühselig vorankamen. Fünf weitere Männer wurden verwundet, ehe die kleine Kolonne von Hilfssoldaten den Rand des Felsplateaus erreichte. Hier oben wehte der Sturm noch immer heftig, aber wenigstens wurden sie nicht mehr von den Staubwolken eingehüllt und konnten frei über den dahinfegenden Sand hinwegblicken, der die Umgebung verdunkelte.
Castor ließ Septimus als Befehlshaber der Nachhut zurück und führte die verbliebenen Männer durch die Lücke des Haupttors. Die bereits errichteten Mauern waren viel
zu niedrig, um die Parther abzuwehren, und der einzige Ort, an dem die Soldaten sich dem Feind entgegenstellen konnten, war der beinahe fertiggestellte Wachturm am hinteren Ende des Kastells unmittelbar vor der Klippe.
»Hier entlang!«, brüllte Castor. »Folgt mir!«
Sie hasteten über das Labyrinth aus geraden steinernen Linien, die die Grundrisse der für das Kastell geplanten Gebäude und Durchgangswege markierten. Vor ihnen ragte der dunkle Wachturm vor dem sternenübersäten Nachthimmel auf. Sobald sie den Holzbau erreicht hatten, stellte Castor sich am Eingang auf und winkte seine Männer hinein. Sie waren nicht mehr als zwanzig, und er wusste, dass sie sich glücklich schätzen konnten, wenn sie am nächsten Morgen noch lebten. Castor schlüpfte als Letzter durch das Tor und erteilte seinen Männern den Befehl, die Aussichtsplattform und die Schießscharten im ersten Stock zu bemannen. Er selbst behielt vier Soldaten bei sich, um den Eingang zu verteidigen. Dann warteten sie auf Septimus und die Nachhut. Es dauerte nicht lange, dann rannten mehrere undeutliche Gestalten durch das unfertige Torhaus und stürmten auf den Wachturm zu. Gleich darauf tauchte eine Horde feindlicher Krieger auf und jagte mit Triumphgeschrei hinter ihnen her.
Castor legte die Hand an den Mund. »Sie sind direkt hinter euch! Lauft!«, rief er.
Die Männer der Nachhut, die schwer an ihren Rüstungen schleppten und zudem durch den langen Arbeitstag erschöpft waren, stolperten durch das sich noch im Bau befindliche Lager. Einer der Männer wurde von einem losen Stein zu Fall gebracht und stürzte mit einem durchdringenden Schrei zu Boden, doch keiner seiner Kameraden
sah sich auch nur nach ihm um. Gleich darauf spülte eine Welle von Parthern über den Gestürzten hinweg und wälzte sich auf den Wachturm zu. Im Schwarm fielen sie über den Soldaten her und hieben mit ihren geschwungenen Klingen grausam auf ihn ein. Sein Tod erkaufte seinen Kameraden die nötige Zeit, um den Wachturm zu erreichen. Sie drängten sich hinein, senkten die Schilde und schnappten nach Luft. Septimus befeuchtete sich die Lippen, zwang sich, Haltung anzunehmen, und erstattete heftig keuchend Bericht.
»Zwei Männer verloren, Herr … Den einen hinten auf dem Pfad und den anderen gerade eben.«
»Das ist mir nicht entgangen.« Castor nickte.
»Was jetzt?«
»Wir kämpfen, solange es uns möglich ist.«
»Und dann?«
Castor lachte. »Dann sterben wir. Aber vorher schicken wir noch mindestens vierzig von denen voraus auf den Weg zum Hades.«
Septimus zwang sich um der Männer willen, die das Gespräch mit anhörten, zu einem Grinsen. Dann warf er einen Blick über Castors Schulter, und seine Miene verfinsterte sich. »Da kommen sie, Herr.«
Castor drehte sich um und hob seinen Schild. »Wir müssen sie aufhalten! Formiert euch!«
Septimus stellte sich neben ihn. Die vier Männer hinter ihnen hoben ihre Speere, um damit über die Köpfe der beiden Offiziere hinweg nach dem Feind zu stechen. Vor dem Turm stürmten die Parther in einer dunklen Masse über den geröllübersäten Boden und warfen sich
Weitere Kostenlose Bücher