Cato 09 - Gladiator
nichts zu verlieren. Doch wenn wir zögern, gehen die Schiffe mit Sicherheit verloren. Deshalb müssen wir so bald wie möglich versuchen, sie zu retten. Wenn wir heute Nacht noch angreifen, können wir die Aufständischen vielleicht überrumpeln.« Cato schwieg einen Moment, um allen Gelegenheit zu geben, die Bedeutung seiner Worte zu erfassen.
Balbus wirkte nach wie vor skeptisch. »Sollte der Angriff fehlschlagen, und die Sklaven setzen die Schiffe in Brand, dürfte sich der Kaiser kaum davon überzeugen lassen, dass sie dies ohnehin vorhatten. Dann wird Claudius den Kopf der für die Vernichtung der Getreideschiffe Verantwortlichen fordern, Herr.«
Fulvius fuhr den Nauarch an. »Dann müssen wir eben verdammt nochmal dafür sorgen, dass der Angriff erfolgreich verläuft, nicht wahr? Du leistest mit deinen Schiffen deinen Beitrag, wir leisten den unseren.«
Dieser Einwurf wärmte Cato das Herz. »Balbus, wenn es dich beruhigt: Ich beabsichtige, die volle Verantwortung für den Angriff zu übernehmen. Das kann jeder Offizier auf Anfrage auch schriftlich haben.«
Der Nauarch nickte und erwiderte: »Danke, Herr. Das wäre mir sehr recht. Nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Angriff schiefgeht und die Schiffe abgefackelt werden.«
Cato seufzte schwer. »Es hat keinen Sinn, wenn mehr Leute als nötig den Preis für das Scheitern zahlen müssen, nicht wahr?«
»Nein, Herr«, stimmte Balbus eilig zu. Dann legte er fragend den Kopf schief. »Aber da ist noch etwas.«
»Ja?«
»Warum müssen wir heute Nacht angreifen? Das finde ich ein wenig voreilig.«
Cato erwiderte unverwandt den Blick des Nauarchs. Diese Frage hatte er gefürchtet. Sie war naheliegend, und wenngleich die Antwort, die er sich zurechtgelegt hatte, aus taktischer Sicht gut begründet war, war ihm bewusst, dass seine persönlichen Gefühle die größte Rolle bei der Entscheidungsfindung gespielt hatten. Wenn diese Männer bei einem Angriff ihr Leben aufs Spiel setzen sollten, hatten sie ein Recht darauf, dass er sie ins Vertrauen zog und ihnen die ganze Wahrheit sagte. Er räusperte sich und hob mit belegter Stimme zu sprechen an.
»Die meisten von euch wissen, dass die Aufständischen die Tochter des Statthalters und Präfekt Macro vor einiger Zeit als Geiseln genommen haben. Ajax hat mir mitgeteilt, dass sie noch leben und sich im Lager befinden.«
»Dann wird man sie sicherlich töten, sobald wir angreifen«, sagte Balbus. »Ein Grund mehr, noch abzuwarten. Dann kannst du wenigstens über ihre Freilassung verhandeln.«
Cato schüttelte den Kopf. »Wir können nicht warten. Ajax hat angekündigt, dass er morgen eine der Geiseln töten wird. Ich soll entscheiden, welche. Wenn ich mich weigere, tötet er beide. Deshalb muss der Angriff heute Nacht erfolgen.«
»Scheiße«, murmelte Fulvius und musterte Cato entsetzt, als ihm klar wurde, was das bedeutete. »Das tut mir leid, Herr.«
Cato rieb sich das Kinn. »Ajax spielt mit uns, abgesehen davon, dass er mich quälen will. Aber für uns ist das eine Chance. Wenn Ajax glaubt, ich wäre gelähmt vor Sorge um meine Freunde, wird er mir kein entschlossenes Handeln zutrauen. Außerdem wird er glauben, aus Angst um ihr Leben würde ich es nicht wagen, ihn anzugreifen. Deshalb müssen wir es heute Nacht versuchen, solange wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite haben.«
»Was ist, wenn das eine Finte ist, um uns zu einem Angriff zu verlocken?«, fragte Balbus.
»Was sollte er damit bezwecken? Wenn ich angreife und die Schiffe werden abgefackelt, haben die Aufständischen keine Verhandlungsbasis mehr.«
»Falls er überhaupt Anweisung gegeben hat, die Schiffe in Brand zu setzen.«
»Weshalb sollte er mir das weismachen wollen, wenn er mich zum Angriff provozieren will?« Cato seufzte schwer. »Das passt doch nicht zusammen, Balbus.«
Er war der Diskussion überdrüssig, denn er hatte gewusst, dass sein Vorhaben auf Widerspruch treffen würde. Balbus gehörte offenbar zu den Offizieren, für die Vorsicht eine Religion war und deren Unentschlossenheit durch die Behauptung verbrämt wurde, alle möglichen Entwicklungen in Betracht ziehen zu wollen, während sie gleichzeitig untätig blieben. Das war ein klassischer Fall von Selbstlähmung durch Ausflüchte. Jetzt verstand er, weshalb Macro bei solchen Gelegenheiten in Zorn geriet und sich stets für eine direkte Lösung des anstehenden Problems aussprach. Seine Entscheidung war gefallen. Cato ließ den Blick über seine Offiziere
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