Cato 09 - Gladiator
kann, ist, dass Leute wie du sich zu schade sind, sich die Hände schmutzig zu machen, indem sie ein Schwert in die Hand nehmen und verteidigen, was ihnen gehört: ihre Stadt, ihre Familie und ihre Freunde – mal vorausgesetzt, du hast welche. Wieso glaubst du eigentlich, du wärst so scheißbesonders, dass du es nicht nötig hast, deinen Platz an der Seite der anderen Männer einzunehmen, die bereit sind zu kämpfen?«
»Mein Vater zahlt seine Steuern«, entgegnete Pandarus. »Er zahlt sie dafür, dass niemand aus seiner Familie kämpfen muss. Das überlassen wir kleinen Leuten wie dir.« Er grinste höhnisch, doch kaum hatte er geendet, wurde ihm bewusst, dass er einen Fehler gemacht hatte. »Ich wollte sag…«
»Halt’s Maul!«, brüllte Macro ihn an. »Du mieser kleiner Feigling! Ihr seid die kleinen Leute. Du und all die anderen, die keinen Mumm haben, keinen Mut und kein Ehr- und Pflichtgefühl, die glauben, mit Geld könnten sie sich alles kaufen. Also, Geld ist im Moment meine geringste Sorge. Da draußen bereitet sich ein Heer von Sklaven darauf vor, diese Stadt anzugreifen. Glaubst du etwa, sie würden dich und deine Familie verschonen, weil ihr in Rom Beziehungen habt? Idiot.« Macro schüttelte zornig den Kopf. »Es gibt nur einen Weg, das hier zu überleben, und zwar wenn jeder einzelne kampffähige Mann auf der Stadtmauer steht, bereit, zu töten oder getötet zu werden. Im Moment ist es mir scheißegal, ob du ein verdorbener Lebemann oder der Kaiser höchstpersönlich bist. Du wirst genau wie die anderen Männer in der Schlange ein Schwert in die Hand nehmen. Du wirst lernen, zusammen mit den anderen Hilfssoldaten zu kämpfen. Du wirst wie ein Löwe kämpfen, um die Rebellenschweine von der Stadt fernzuhalten, und wenn es sein muss, wirst du sterben wie ein verdammter Held und mit dem Schwert in der Hand deinem Gegner ins Gesicht spucken. Hast du mich verstanden?«
Macro schob Pandarus sein Gesicht entgegen, worauf dieser verunsichert einen Schritt zurückwich.
»Ich wollte dich nicht beleidigen.« Pandarus wedelte mit den Händen.
»Herr!«, brüllte Macro, rammte dem jungen Mann seinen Stiefel hinter die Ferse und versetzte ihm einen Stoß gegen die Brust, so dass er zurückstolperte und stürzte. Macro warf sich auf ihn, setzte ihm das Knie auf die Brust, riss den Dolch aus der Scheide und hielt ihm die Klinge vor die Augen. »Ich sag’s nicht noch einmal. Du nennst mich Herr, wenn du mit mir redest. Verstanden?«
»Ja, ja, Herr!«, wimmerte Pandarus.
»Schon besser!« Macro richtete sich auf. »Und jetzt hol dir deine Ausrüstung und melde dich zusammen mit den anderen Rekruten beim Centurio auf dem Exerziergelände. Hoch mit dir! Beweg dich!«
Pandarus rappelte sich hoch und eilte zu dem Wagen, wo ein Optio der Hilfskohorte und vier von dessen Männern Schwert, Helm und Rüstung an die Rekruten ausgaben. Macro wandte sich wieder der wartenden Schlange zu. Die meisten waren ganz gewöhnliche Stadtbewohner, doch es waren auch ein paar besser Gekleidete darunter. Er schritt die Schlange ab und musterte sie, dann kehrte er in den Schatten der Plane zurück.
»Gibt es noch jemanden, der sich davor drücken will, an der Seite unseres heldenhaften Freundes Pandarus zu kämpfen? Ich höre.«
Die Männer wichen seinem Blick aus und warteten schweigend. Macro nickte. »Gut.«
Er ging zum Hocker, setzte sich hinter den Tisch und nahm den Stift in die Hand.
»Der Nächste!«
Acht Tage nach Catos Abreise nach Alexandria traf sich Macro mit Senator Sempronius und dessen Tochter zum Essen. Es gab einen dünnen Bohneneintopf mit Schweinefleisch und Brot, aufgetragen von einem der wenigen verbliebenen Sklaven des Hirtius. Die anderen waren in die Berge geflüchtet oder hatten sich Ajax’ Aufständischen angeschlossen.
Der Sklave war ein älterer Mann, gebeugt und gebrechlich. Er war es gewohnt, zu schweigen und den Blicken seiner Herren auszuweichen. Macro beobachtete ihn kurz und fragte sich, wie es wohl wäre, ein Sklave zu sein. Als Kind waren die Sklaven auf den Straßen von Ostia und Rom ein gewohnter Anblick für ihn gewesen, deshalb hatte er sich nie überlegt, wie es wäre, selbst einer zu sein. Seitdem hatte er viele Jahre bei der Armee zugebracht und war Sklaven nur außer Dienst begegnet. Einige Male hatte er erlebt, dass stolze Krieger gefangen genommen, in Ketten gelegt und in die Sklaverei geschickt wurden. Auch er hatte solche Gefangenen gemacht, und das Geld, das er für sie
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