Cato 09 - Gladiator
Anspannung der letzten Tage und der Sorge um das Eintreffen des Sklavenheers vor den notdürftig instandgesetzten Mauern tat es beiden Männern gut zu lachen. Als sie sich wieder beruhigt hatten, schenkte Macro dem Senator Wein nach und hob seinen Becher.
»Auf Cato. Möge er beweisen, dass die Schuhe eines Tribuns nicht zu groß für ihn sind, und möge er an der Spitze einer großen Streitmacht zurückkehren.«
»Darauf trinke ich.«
»Und ich auch.« Julia hob ihren Becher. Sie trank einen Schluck, dann sagte sie leise: »Bei den Göttern, er fehlt mir.«
Macro nickte, sagte aber nichts, da er nicht preisgeben wollte, dass er seinen Kameraden ebenfalls sehr vermisste. Außerdem hätte er Cato beim Bau der provisorischen Verteidigungsanlagen und der Ausbildung der Verteidiger gern an seiner Seite gehabt.
Sempronius nahm einen Schluck aus seinem Becher und setzte ihn ab. »Wie kommst du voran, Macro? Ist mit den neuen Männern etwas anzufangen?«
»Sie machen sich ganz gut. Die meisten schaffen es inzwischen, das Schwert richtig herum zu halten. Aber gute Soldaten werden nicht aus ihnen, ganz gleich, wie lange die Aufständischen sich mit dem Angriff Zeit lassen. Ich habe Centurio Micon zu ihrem Kommandanten bestimmt. So hat er Gelegenheit, sich zu bewähren. Viel ausrichten werden sie nicht, aber sie sind besser ausgerüstet als die meisten Sklaven, mit denen sie es zu tun bekommen werden.«
»Aber du kannst davon ausgehen, dass dieser Ajax Marcellus und dessen Männern die Rüstungen und Waffen abgenommen hat.«
»Das stimmt«, räumte Macro ein. »Dann stehen die Chancen für Micon und seine Leute bestenfalls ausgeglichen, wenn es zur Schlacht kommt.«
Sempronius seufzte schwer. »Somit wird er keine große Hilfe sein.«
»Ich kann nur hoffen, dass ich mich irre.«
Als in der Ferne eine Fanfare von drei Trompetenstößen ertönte, stockte die Unterhaltung. Das war das vereinbarte Alarmsignal. Macro erhob sich, gefolgt von den anderen. Sie eilten zum Verwaltungsgebäude und quer durch die Akropolis zum Wachturm über dem Haupttor. Die Ausrüstung in der Hand, stolperten Soldaten aus ihren Quartieren hervor und nahmen ihre Posten auf der Mauer ein. Macro stürmte die abgenutzte Steintreppe hoch, trat auf die Plattform und stürzte an die Brustwehr. In der Ebene war die Stadt ausgebreitet. Eine der Wachen zeigte nach Westen.
»Dort drüben, Herr.«
Macro beschirmte die Augen und schaute in die untergehende Sonne. Zunächst konnte er den Gegner in der Lichtflut nicht erkennen. Er wunderte sich, dass die Aufständischen von Westen kamen. Marcellus’ Kolonne war östlich der Stadt massakriert worden. Wo waren sie gewesen? Als er den auf die Stadt zumarschierenden Gegner besser erkennen konnte, traten seine Fragen in den Hintergrund. Die Sklaven hatten zwei Kolonnen gebildet. Die eine hielt geradewegs auf Gortyna zu, die andere schlug einen Bogen nach Süden, wohl um sich im Westen in Stellung zu bringen.
»Ajax will den Stier endlich bei den Hörnern packen.«
»Ja«, japste Sempronius, der Macro nachgeeilt war. »Sieht ganz so aus. Übrigens eine ausgesprochen treffende Metapher.«
»Ach ja?«
»Diese Insel ist der Herkunftsort des Stiersprungs, Macro. Damit bezeichnete man den Moment, da der Akrobat den heranstürmenden Stier bei den Hörnern packte und sich mit einem Salto über dessen Rücken schwang.«
Macro musterte den Senator. Cato hatte eine Menge Gemeinsamkeiten mit seinem zukünftigen Schwiegervater. Beide würden lange Winterabende damit verbringen, sich über solche Belanglosigkeiten zu unterhalten. Er seufzte. »Das ist faszinierend, Herr.«
Julia warf Macro lächelnd einen Blick zu, während ihr Vater fortfuhr.
»Die Sache ist nur die: Die Metapher stimmt so nicht. Wir sind es, die sich dem Stier entgegenstellen, und nicht Ajax. Und ich fürchte, wenn wir nicht ebenso behände und entschlossen vorgehen wie der besagte Akrobat, werden wir beim ersten Angriff im Staub landen.«
Macro schüttelte den Kopf. »Nein, Herr. So leicht lasse ich mich nicht unterkriegen. Die Sklaven sind unerfahren im Kampf und verfügen über keinerlei Belagerungsmaschinen. Einstweilen sind wir im Vorteil.«
»Ich hoffe, du behältst Recht.«
Sie beobachteten, wie das Sklavenheer rund um die Stadt Aufstellung nahm. Der von den zahlreichen Füßen, Hufen und Wagenrädern des Trosses aufgewirbelte Staub erfüllte die Luft mit rötlichem Dunst. Sempronius sagte seiner Tochter, sie solle in der Akropolis
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