Cato 09 - Gladiator
bekommen hatte, hatte ihr Schicksal schnell in Vergessenheit geraten lassen.
Als der Sklave das Essen aufgetragen hatte und an der Wand Aufstellung nahm, musterte er ihn, während er ein Stück Brot in die vor ihm stehende dampfende Schüssel tunkte. Er hätte gern gewusst, wie der Mann über Ajax dachte. Und was er von den Römern und Griechen hielt, die entschlossen waren, den aufständischen Gladiator und dessen Gefolgsleute zu besiegen. Falls er überhaupt eine Meinung dazu hatte.
Macro hielt inne. Es war kaum vorstellbar, dass ein Sklave sich keine Gedanken über den Aufstand machte, wo es doch in der Stadt kaum ein anderes Gesprächsthema gab. Empfand auch dieser schweigsame Sklave einen Hass auf seine Herren, brannte er darauf, sich dem Aufstand anzuschließen? Lauschte er den Unterhaltungen, deren Zeuge er wurde, und wartete auf eine Gelegenheit, zu fliehen und sein Wissen an Ajax weiterzugeben? Oder verfolgte er einen noch tückischeren Plan? Schließlich wäre es ihm ein Leichtes, Gift ins Essen zu mischen.
Misstrauisch beäugte Macro den Eintopf. Er legte den tropfenden Brotkanten auf seinen Teller und wandte sich dem Sklaven zu.
»Du da, komm mal her.«
Der Sklave näherte sich furchtsam und musterte mit flackerndem Blick die Römer, die um den Tisch herum auf Diwanen ruhten. Sempronius blickte seine Tochter an, und Julia wölbte fragend eine Braue.
Macro wischte sich den Mund ab. »Sklave, ich nehme an, du hast von Sempronius’ Niederlage gehört.«
Der Sklave nickte beflissen.
»Hast du dich über die Neuigkeit gefreut?«
»Herr?«
»Ich habe dich gefragt, ob du dich über die Nachricht gefreut hast. Du bist ein Sklave. Also, wie denkst du über den Sieg der Aufständischen? Nimmst du Anteil daran?«
Der Sklave senkte den Blick und schüttelte den Kopf.
»Sieh mich an«, befahl Macro. Der Sklave hob widerstrebend den Kopf und erwiderte Macros Blick. »Du stehst doch bestimmt auf der Seite derer, die dir die Freiheit schenken würden? Also? Red schon, Mann.«
Die Angst war dem Sklaven deutlich anzumerken. Macro wartete geduldig, und schließlich antwortete der Sklave: »Herr, ich wünsche mir die Freiheit. Wie viele andere Sklaven auch. Aber ich habe Ersparnisse, damit will ich mich eines Tages freikaufen. Die Sklaven, die sich Ajax anschließen, mögen sich im Moment zwar frei fühlen, aber ich glaube, sie leben in Angst vor der Rückkehr in die Sklaverei. Das ist keine Freiheit. Wenn ich irgendwann die Freiheit erlange, will ich nicht nur die Sklaverei abschütteln, sondern auch die Angst.« Er hielt inne und fasste nacheinander seine Herren in den Blick. »Ich habe meine Wahl getroffen. Die Anhänger des Gladiators ebenfalls.« Er sah wieder Macro an. »Ist das alles, Herr?«
Macro überlegte einen Moment, dann nickte er. »Lass uns allein.«
Der Sklave verneigte sich und ging zurück zur Wand.
»Er lügt«, sagte Macro leise.
»Was hast du erwartet?«, entgegnete Sempronius. »Hätte er seine Sympathien für Ajax offen bekennen sollen? Es war nicht recht, ihn so in die Enge zu treiben.«
»Mag sein.« Macro schob den Teller weg.
»Wie es Cato wohl ergehen mag?«, warf Julia ein. »Inzwischen müsste er Alexandria erreicht haben. Was meinst du, Vater?«
Nach kurzem Überlegen nickte Sempronius. »Das glaube ich auch, vorausgesetzt, dass alles glatt gegangen ist. Aber das ist es bestimmt«, setzte er eilig hinzu, tauchte seine Gabel in den Eintopf, fischte ein Stück Fleisch heraus und schob es sich in den Mund. Im nächsten Moment verzog er schmerzvoll das Gesicht. Macro sprang auf, eilte zum Senator und blickte gleichzeitig zum Sklaven hinüber.
»Herr! Was hast du? Alles in Ordnung?«
Sempronius hob beschwichtigend die Hand und nickte. Er schluckte und trank einen Schluck Wein. »Verdammt nochmal, ist das heiß!«
Mit einem Seufzer der Erleichterung kehrte Macro an seinen Platz zurück.
Julia musterte ihn forschend und pustete anmutig auf die Gabel. »Was hast du denn?«
»Nichts. Ich dachte nur … Egal.« Macro wechselte gezwungen lächelnd das Thema. »Ich würde wetten, Cato sitzt mit dem Legaten von Ägypten zusammen bei einem Festschmaus und schwatzt ihm seine ganze Garnison ab. Du weißt ja, wie er ist.«
Julia lächelte. »Ja, meistens bekommt er, was er sich in den Kopf gesetzt hat.«
Sempronius runzelte die Stirn, und Macro lachte schallend auf. Sempronius schaute noch einen Augenblick finster drein, doch dann stimmte auch er in das Gelächter ein. Nach der
Weitere Kostenlose Bücher