Cato 10 - Die Legion
Vier scharfe Eisenzinken, so geschmiedet, dass immer eine Spitze nach oben zeigte, gleichgültig wie man sie hinwarf. Wer bei einem Angriff über sie hinwegstürmte, spießte sich die Hufe oder die Füße auf. Hinter den Patrouillen aus Fußsoldaten hatte er auch Kavallerie gehört: Hufgetrappel und gelegentliches Wiehern. Die Kavalleristen ritten weiter außerhalb der Tempelmauern Patrouille.
Mitternacht kam und ging. Der niedrig stehende Mond wanderte über den Himmel, warf eine schimmernde Spur von Spiegelungen über das Wasser des Nils und verschwand dann hinter den Hügeln am anderen Ufer. Ajax wusste, dass er in der Falle saß. Die verbliebenen Männer, die den Aufstand auf Kreta überlebt hatten, und die arabischen Krieger, die Prinz Talmis – seine nubischen Krieger hatte er bei sich behalten – ihm anvertraut hatte, alle waren dem Untergang geweiht. Weder Furcht noch das Gefühl, versagt zu haben, erfüllten sein Herz. Er spürte nur eine tiefe Enttäuschung, dass er Rom in seinem kurzen Leben nicht mehr Schaden zugefügt hatte. Er hoffte, dass sein Speer den Präfekten tödlich getroffen hatte, und war zornig, weil Macro noch immer lebte und wohl auch den letzten Angriff auf den Tempel überleben würde. Der Gedanke, zu sterben, obwohl sein Verlangen nach Rache erst zur Hälfte gestillt war, erfüllte Ajax mit Widerwillen. Seine Männer bekamen davon allerdings nichts mit; mit undurchdringlicher Miene schaute er zur römischen Front hinüber. Gegenüber seinen Kriegern gab er sich so furchtlos und entschlossen wie immer, und sie nahmen sich bereitwillig ein Beispiel an ihm.
Eine Stunde nach Mitternacht ertönten eilige Schritte aus dem Pylon herauf, und gleich darauf stand Karim keuchend an seiner Seite.
»Was ist los?«
»General, bitte komm mit. Jetzt gleich.«
Ajax bemerkte, wie dringlich die Stimme des anderen klang. »Was ist denn los?«
»Es ist einfacher, wenn du mir folgst, Herr.« Karim blickte bedeutungsvoll auf die anderen Männer auf dem Pylon. Einige ihrer Offiziere sowie etliche Araber waren in Hörweite.
»Nun gut.« Ajax nickte und folgte seinem Gefährten die Treppe hinunter. Nachdem er die ersten drei Treppenfluchten hinuntergestiegen war, sagte er leise: »Was ist geschehen?«
Karim blickte sich über die Schulter um. »Unser Mann ist da, General. Er ist hier im Tempel.«
»Canthus?« Ajax war überrascht. Er konnte sich nicht vorstellen, warum der Spion das Risiko eingegangen war, den Tempel zu betreten, und unterdrückte seinen aufsteigenden Zorn. Der Spion hatte nützliche Informationen über die römische Armee und ihre ranghohen Offiziere geliefert und sie an Prinz Talmis’ Kundschafter weitergegeben, die vor Diospolis Magna warteten. Seine Identität musste geheim bleiben. Was auch immer der Spion für einen Grund gehabt hatte, in den Tempel zu kommen – es war hoffentlich ein guter.
Karim nickte. »Er ist über die nördliche Barrikade gekommen. Er sagt, er muss mit dir sprechen.«
»Wo ist er?«
»Ich habe ihn in einen der Opferräume gebracht, damit niemand ihn sieht.«
»Gut«, sagte Ajax. Selbst wenn der Tempel fiel, konnte Canthus für Prinz Talmis noch immer von Vorteil sein, wenn seine Identität geheim blieb.
Sie durchquerten den Hof und betraten den Säulensaal, der zum Heiligtum führte. Es war dunkel im Tempel, und nur die im Heiligtum brennende Flamme erhellte ihnen den Weg. Zu den Seiten lagen zwei kleine Kammern, in denen die heilige Barke stand. Es war sehr lange her, seit die Priester des Tempels so reichlich Opfer für die Götter empfangen hatten, wie es früher üblich gewesen war. Jetzt rochen der Saal und die Kammern muffig und verlassen.
Eine dunkle Gestalt tauchte in der Tür der Opferkammer links des Heiligtums auf.
»General?«, flüsterte eine Stimme.
»Canthus.« Ajax trat mit harter Miene auf ihn zu. »Was machst du hier?«
»General, du musst dieser Falle entkommen, solange es noch möglich ist. Wenn du hierbleibst, wirst du sterben.«
»Wenn es das ist, was die Götter wünschen, werde ich diesen Römern zeigen, wie ein echter Mann in Würde und Ehren stirbt.«
Es folgte ein kurzes Schweigen, und dann sagte Karim: »Das werden sie nicht zulassen. Sie werden dich erst töten, wenn du ein gebrochener Mann bist und sie sich deiner auf die demütigendste Weise entledigen können. Das wird das Vermächtnis sein, das du den Sklaven des Imperiums hinterlässt, General.«
Ajax wusste, dass das stimmte, und nickte müde. »Dann darf ich
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