Cato 10 - Die Legion
nicht lebend in ihre Hände fallen. Ich werde hier sterben, wenn nicht durch das Schwert eines Römers, dann von eigener Hand oder durch dich, mein Freund.«
»Nein«, unterbrach Karim ihn. »Solange die Möglichkeit besteht, dass du unseren Kampf gegen Rom fortführst, musst du am Leben bleiben. Solange Ajax frei herumläuft, kann kein Römer ruhig schlafen. Das ist es, was zählt. Nur das kann denen Hoffnung geben, die noch immer in Ketten sind, General. Du musst am Leben bleiben. Du musst fliehen.«
»Er hat recht«, sagte Canthus. »Und ich bin der Einzige, der dich durch den römischen Belagerungsring nach draußen schaffen kann. Es gibt einen Weg, und falls man uns anruft, wird man mich erkennen.«
»Fliehen?« Ajax schüttelte den Kopf. »Soll ich mir selbst Schande bereiten?«
»Es steht mehr auf dem Spiel als nur dein Stolz«, beharrte Karim. »Manchmal weist die Bedeutung eines Mannes über ihn selbst hinaus. Er wird zum Vorbild für andere. Sein Name ist eine Waffe im Herzen derer, die ihm folgen, und eine Bedrohung für seine Feinde.«
»Das trifft auch dann zu, wenn er stirbt«, entgegnete Ajax.
»Wenn du stirbst, ist alles verloren, was du noch erreichen könntest und wofür dein Name noch stehen könnte.«
Ajax senkte den Kopf und dachte kurz nach. Früher am Abend hatte er sich darauf eingestellt, hier in diesem unbekannten Tempel am Rande einer wegelosen Ödnis den Tod zu finden. Er hatte es satt, vor Rom davonzulaufen. Doch wie Karim gesagt hatte, ließ sich mehr aus dieser Situation herausholen. Er blickte zu Canthus’ dunkler Gestalt auf. »Wie lautet dein Plan?«
Es war eine Stunde vor Tagesanbruch, als die kleine Gruppe von Männern über den offenen Streifen zwischen dem Tempel und der Lehmziegelmauer huschte. Von der anderen Seite des Tempels hörten sie das Gebrüll, mit dem Hepithus eine große Truppe von Verteidigern in einen Ausfall gegen die Römer führte, die die Bresche bewachten. Auch die Bedienungsmannschaften der Bolzenwerfer dahinter wurden angegriffen. Der Nubier hatte sich bereit erklärt, zurückzubleiben, um die Flucht seines Anführers zu decken. Ajax gelobte sich im Stillen, das Andenken seines Gefährten so schnell wie möglich mit dem Leben von zehn Römern zu ehren.
Die Seile, mit deren Hilfe Canthus die Mauer überklettert hatte, waren noch immer an Ort und Stelle. Einer nach dem anderen stiegen die Handvoll Gladiatoren und die besten der arabischen Krieger, die Ajax als Begleitung ausgewählt hatte, über die Lehmziegelmauer. Sie robbten über die Oberkante der Mauer und stiegen dann leise auf der anderen Seite hinunter. Als der letzte Mann sich in die Dunkelheit fallen ließ, zupfte Ajax am Ärmel von Canthus’ römischer Tunika.
»Und jetzt?«
»Durch dieses Feld führt ein trockener Bewässerungskanal.« Canthus deutete auf ein undeutlich auszumachendes Weizenfeld ein kurzes Stück vor der Mauer. »Ihr folgt mir und duckt euch dabei so tief wie möglich. Etwa hundert Schritte vom Graben entfernt sind zu beiden Seiten römische Vorposten. Wenn wir daran vorbei sind, mündet der Graben in einen breiteren Bewässerungskanal. Darin fließt Wasser, deshalb müssen wir langsam gehen. Eine Viertelmeile weiter befindet sich ein Kavallerie-Vorposten. Als ich auf dem Weg zum Tempel daran vorbeikam, hatten die Männer sich gerade zur Ruhe begeben. Die Pferde stehen ein kleines Stück vom Kanal entfernt und werden von drei Soldaten bewacht. Falls man uns anruft, werde ich antworten. Ich kenne die Parole. Wir werden über sie herfallen, bevor sie reagieren können. Dann nimmst du die Pferde und reitest los, Herr.«
»Du kommst nicht mit?«
Canthus schüttelte den Kopf. »Wenn ich rechtzeitig auf die richtige Seite des Tempels zurückkehre, bevor ich vermisst werde, sollte ich keine Probleme bekommen. Mein Deckmantel hat sich bis jetzt sehr gut bewährt. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sie herausbekommen werden, wer ich wirklich bin. Ich kann dir und unseren Verbündeten noch eine Weile nützlich sein.« Die Zähne des Mannes schimmerten matt, als er lächelte. »Das hier ist die beste Rolle meines Lebens. Wenn nur die anderen Schauspieler in Rom mich jetzt sehen und mir Anerkennung zollen könnten.«
»Anerkennung? Sei froh, dass sie nicht hier sind.« Ajax erwiderte das Lächeln und boxte den Spion dann leicht gegen die Schulter. »Gehen wir.«
Canthus ging voran. Die Reihe dunkler Gestalten schlich sich tief geduckt zum Rand des Feldes. Hinter ihnen
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