Cato 10 - Die Legion
besiegt.«
Bevor Macro begriff, was er damit meinte, drehte Ajax sich um, rannte zum Eingang und stürmte in die Dämmerung hinaus.
»Verdammt!« Macro warf einen Blick auf Cato, einen Augenblick lang von dem Verlangen überwältigt, seinem Freund zu helfen. Dann machte er kehrt und rannte hinter Ajax her. Der Gladiator nahm nicht den Weg, der zum Kai hinunterführte, sondern hastete über die rissigen Platten vor dem Tempel, rutschte die glatten Felsbrocken hinunter und sprang ins hohe Gras. Macro folgte ihm, geriet aber wegen seiner kürzeren Beine ins Hintertreffen. Das Gras peitschte raschelnd um seine Füße. Verbissen rannte er hinter Ajax her, der bereits fünfzig Schritte Vorsprung hatte und diesen mit jedem Schritt weiter ausbauen konnte. Macro sah, dass die Inselspitze dem westlichen Ufer nahe war. Die Entfernung übers offene Wasser betrug vielleicht fünfzig Schwimmstöße. Ajax drang ins Schilf ein und trat mit seinen Stiefeln platschend ins flache, schlammige Wasser. Als Macro beim Schilf ankam, watete Ajax bereits bis zu den Hüften im Nil. Er blickte zurück und lächelte, als er sah, welche Entfernung er zwischen sich und Macro gebracht hatte. Dann stapfte er aus dem Schilf heraus, ließ sein Schwert los und stürzte sich in die Strömung. Mit kräftigen Schwimmstößen zog er durchs Wasser.
Macro blieb stehen, als ihm das Wasser bis zum Knöchel reichte, und schob den Schwertgurt über den Kopf. Seine Finger krallten sich in die Schnallen seines Harnischs. Als er den Harnisch über den Kopf zerrte und beiseite warf, hörte er es im Schilf ein kleines Stück entfernt laut rascheln. Dann glitt ein schwerer Körper mit einem Platschen ins Wasser. Eine dunkle Gestalt schoss zwischen den Schilfhalmen hervor und hielt über das Wasser schräg auf Ajax zu.
Im letzten Augenblick drehte der Gladiator sich um und entdeckte die starren Augen des Krokodils, die aus der schuppigen, harten Haut hervorlugten. Er drehte sich um und sah Macro an. »Nein! Nein!«
Dann ruckte sein Kopf vor. Mit hochgeworfenen Armen versuchte er, nach dem Ungeheuer zu schlagen, das ihn mit den scharfen Zähnen seines mächtigen Kiefers gepackt hielt. Es brodelte im Wasser, als das Krokodil auftauchte und sich herumwälzte. Sein heller Bauch glänzte im letzten Licht des Tages auf. Dann war es verschwunden. Das aufgewühlte Wasser schlug noch leichte Wellen, und gleich darauf floss der Nil wieder friedlich in der tiefer werdenden Dämmerung dahin.
Macro hielt den Blick noch eine Weile auf die Stelle gerichtet, um sicherzugehen, dass Ajax verschwunden blieb. Sein Körper fühlte sich wie taub an vor Bestürzung über den Tod seines Feindes. Dann überkam ihn ein schrecklicher Zorn, der aus seiner Magengrube aufstieg. Er brannte ihm im Herzen, und er biss die Zähne zusammen und verfluchte die Götter mit jedem Quäntchen Wut, das ihm zur Verfügung stand. So lange hatte er Ajax verfolgt, und nun das! Macro ballte zitternd die Fäuste.
»Verdammt … Verdammt! … VERDAMMT!«
Seine Worte hallten schwach vom anderen Ufer zurück. Dann herrschte Stille. Er wandte sich langsam vom Nil ab, hob seine Rüstung auf und watete auf trockenen Grund. Schließlich eilte er zum Tempel zurück, um nach seinem Freund Cato zu sehen.
Epilog
Z
wei Monate später stieg Cato den Pfad zur kaiserlichen Villa hinauf, die auf der Ostseite der Insel Capreae auf den Klippen thronte.
Sie hatten sich in Alexandria auf einem kaiserlichen Postsegler eingeschifft und der rauen Herbstsee getrotzt. Nachdem sie das Mittelmeer überquert hatten, waren sie auf dem Weg zum Hafen von Ostia an der Tibermündung die Westküste Italiens hinaufgesegelt. Als sie im Marinestützpunkt Puteoli haltmachten, erfuhren sie, dass Kaiser Claudius und der kaiserliche Sekretär Narcissus auf Capreae überwinterten. Folglich änderte der Kapitän des Postschiffs seinen Kurs und steuerte die kleine Felseninsel an, die unmittelbar vor der Bucht von Neapolis aus dem Meer aufragte. Cato hatte Macro in einer der Schenken des kleinen Fischerdorfes neben dem Hafen zurückgelassen.
Während er den Pfad hinaufstieg, vorbei an Kontrollpunkten mit misstrauischen Prätorianergarden, sammelte Cato seine Gedanken, damit er dem kaiserlichen Sekretär genauestens Bericht erstatten konnte. Mit der Niederlage der Nubier und Ajax’ Tod war sein Auftrag in Ägypten abgeschlossen. Sobald die Zweiundzwanzigste Legion zu ihrem Stützpunkt in Memphis zurückgekehrt war, hatten Cato und Macro sie
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