Cato 11 - Die Garde
nicht hierlassen! He! Ich rede mit euch !«
Der Mann lief den beiden sich entfernenden Gestalten ein paar Schritte nach, dann hielt er an. Von der kaiserlichen Loge her war ein kurzes Aufstöhnen zu vernehmen, gefolgt von einem gedehnten Seufzer. Als der Mann sich umdrehte, war der tödlich verwundete Hüne auf die Seite gekippt und rührte sich nicht mehr. Aus seiner Brust ragte das Heft eines Dolches.
Kapitel 28
I m flackernden Schein derselben Öllampe, mit der sie sich bei Verlassen des Kaiserpalasts geleuchtet hatten, traten Cato und Macro aus dem Geheimtunnel, der zum Circus Maximus führte. Macro vergegenwärtigte sich kopfschüttelnd die Situation.
»Ich kapiere das nicht. Weshalb sollte Narcissus Nero und Agrippina ermorden wollen ?«
Cato hob vorsichtig den Riegel der Tür, durch die Narcissus sie nur wenige Stunden zuvor hinausgelassen hatte. Sie war noch immer unverschlossen. Er drückte sie auf und spähte in den Raum, in dem das Brennmaterial für das große Badehaus des Palasts gelagert war. Säuberlich gestapelte Holzscheite säumten die Wände. Cato lauschte einen Moment. Als er nichts hörte, bedeutete er Macro, ihm zu folgen. »Überleg mal, Macro. Eigentlich solltest du die Antwort kennen .«
»Komm mir nicht von oben herab « , brummte Macro. »Red schon .«
»Du hast doch gesehen, wie Agrippina und Pallas miteinander zugange waren, erinnerst du dich ?«
»Wie könnte ich das vergessen? Die Gemahlin des Kaisers in den Klauen eines schmierigen kleinen griechischen Freigelassenen ist kein besonders erhebender Anblick .«
»Richtig .« Cato lächelte. »Aber es nutzt nichts, vor der Wahrheit die Augen zu verschließen. Agrippina hat sich Pallas zum Geliebten genommen. Sein Schicksal ist mit dem ihren und dem ihres Sohnes verknüpft. Pallas bringt sich für den Tag in Stellung, da Claudius an der Götterpforte anklopft. Wenn Nero, so wie’s aussieht, Kaiser würde, wäre Pallas als Agrippinas Geliebter in einer sehr mächtigen Position .«
»Offenbar « , seufzte Cato.
»Und was wird dann aus Narcissus, was glaubst du ?«
Macro blieb abrupt stehen. »Moment. Willst du damit sagen, er könnte so weit gehen, den Sohn der Kaiserin zu ermorden ?«
»Warum nicht? Für ihn wäre das naheliegend. Wenn er nur Pallas tötet, würde Agrippina sich mit Sicherheit einen neuen Liebhaber suchen, und dann stünde Narcissus wieder da, wo er jetzt steht. Wenn er Nero tötet, hat Britannicus keinen Rivalen mehr, und Agrippinas Einfluss wird schwinden und mit ihr auch der von Pallas. Natürlich ist es nicht ganz ohne, Nero auf eine Weise zu beseitigen, die keinen Verdacht auf Narcissus lenkt. Zu diesem Zweck hat er Cestius und dessen Bande eingespannt. Deshalb hat Cestius Britannicus verschont. Er hatte Anweisung, nur Nero und vielleicht auch noch dessen Mutter zu töten. Narcissus war mit uns zusammen dort, deshalb hätte es so ausgesehen, als wäre er ebenso in Gefahr gewesen wie alle anderen .«
Macro schwieg einen Moment, während sie sich vorsichtig der schmalen Tür näherten, die auf den Dienstbotengang führte. »Bei den Göttern, Narcissus und seine Freunde spielen wahrlich ein gefährliches Spiel .«
Cato zuckte mit den Schultern. »Willkommen im Kaiserpalast. Intrigen, Verrat und Mord sind hier an der Tagesordnung .« Er lächelte kläglich. »Jetzt verstehst du vielleicht, weshalb ich froh darüber war, dass man mich in die Legion geschickt hat. Wäre ich wie mein Vater in den kaiserlichen Dienst eingetreten, hätte ich kaum so lange überlebt. Bei der Armee kennt man seinen Gegner wenigstens … «
Macro schnaubte. »Meistens schon, aber nicht bei der Prätorianergarde. Das ist ein Haufen hübscher Puppen, die gleichzeitig Soldat und Politiker spielen .«
Cato nickte. »Und deshalb sind sie für den Kaiser so gefährlich. Tiberius wäre wegen der Prätorianer fast gestürzt worden, und Caligula hat ihretwegen sein Leben verloren. Alles spricht dafür, dass Claudius und einen Großteil seiner Nachfolger ein ähnliches Schicksal ereilen wird .«
»Es sei denn, die Liberatoren bekommen, was sie wollen .«
Cato blickte seinen Freund an. »Stimmt. Jedenfalls müssen wir jetzt leise sein .« Er hob den Riegel an und drückte die Tür auf. Es war niemand auf dem Gang. Licht spendete allein eine flackernde Fackel am Fuß der Treppe, die in den Palast hochführte. Cato löschte die Lampe und stellte sie neben der Tür ab, dann tappten er und Macro den Gang entlang, vorbei an weiteren Türen. Die
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