Cato 11 - Die Garde
Schicht aus Ruß und Vogelkot verschwunden war. Die Metzgerstände verströmten Blut- und Fleischgeruch. Hinter dem Eingang öffnete sich der Blick auf ein Gelände, auf dem eine ganze Legion hätte lagern können. Die Verkaufsstände wurden bereits abgebaut und zusammen mit den Waren auf kleine Handkarren geladen und zu den Magazinen am Rand geschafft. Auch die Läden wurden bereits für die Nacht verschlossen. Um das Boarium verlief eine zweistöckige Kolonnade. Das Erdgeschoss war Geschäften und Lokalen vorbehalten, darüber residierten die Beamten, die Steuern und Mieten eintrieben. Auch viele Bankiers hatten in der oberen Etage Räumlichkeiten gemietet, wo sie ungestört ihre Gewinne zählen konnten.
Der Weinberg des Dionysus war leicht zu finden. Über dem Eingang prangte ein großes Plakat. Es stellte einen Mann mit breitem Grinsen dar, der auf einem Weinberg stand und ein randvolles Trinkhorn in der Hand hielt. Inmitten der mit üppigen Trauben beladenden Reben tummelten sich Liebespaare und stellten eine faszinierende Vielzahl von Stellungen zur Schau. Macro blieb stehen und beäugte das Plakat skeptisch.
»Also das da, das ist unmöglich .«
»Du musst nur genug Wein intus haben !« , entgegnete eine muntere Stimme. Ein untersetzter Mann mit geöltem Haar löste sich von den Säulen, die den Eingang flankierten, und winkte sie heran. »Der Weinberg des Dionysus ist in ganz Rom bekannt. Willkommen, Freunde! Bitte, tretet ein. Hier gibt es Platz für jeden, ein warmes Feuer, gutes Essen, edle Weine und die beste Gesellschaft, die man sich nur wünschen kann .« Er zwinkerte ihnen zu. »Und das alles zu einem bescheidenen Preis, werte Herren .«
»Wir möchten essen und trinken « , erwiderte Cato. »Mehr nicht .«
»Fürs Erste jedenfalls « , setzte Macro hinzu, der noch immer nicht den Blick von den Illustrationen lassen konnte. »Dann sehen wir weiter, einverstanden ?«
Der Türsteher winkte seine Kunden hinein und folgte ihnen. Das Lokal war größer, als Cato erwartet hatte, und maß etwa sechzig Fuß in der Tiefe. In der Mitte der einen Wand gab es eine von Alkoven flankierte Theke, an zweien war der Vorhang vorgezogen. In einem der Alkoven saß eine hagere, stark geschminkte Frau mit drahtigem rotem Haar und gelangweiltem Gesichtsausdruck. Das Kinn auf die Hand gestützt, schaute sie mit leerem Blick in den Schankraum. Im Lokal hatten sich bereits die ersten Kunden des Abends versammelt: die Händler, die ihren Stand abgebaut oder ihren Laden abgesperrt hatten. Die meisten wollten noch einen trinken, bevor sie sich heimbegaben. Auch ein paar alte Säufer waren da, mit verquollenen Augen und geplatzten Äderchen an Nase und Wangen. Für sie fing der Abend gerade an und würde erst im Vollrausch enden.
Der Türsteher, der sie von der Straße eingefangen hatte, rief dem Wirt etwas zu. Der Mann nickte und machte zwei Kreidestriche an der Wand.
»Das ist euer Tisch .« Der Türsteher zeigte auf einen schlichten Holztisch mit vier Hockern, nicht weit vom Eingang. Cato und Macro bedankten sich mit einem Kopfnicken, zwängten sich an den anderen Gästen vorbei, legten ihre Tragestangen an der Wand ab und nahmen Platz.
Macro blickte sich um und schniefte. »Narcissus hat eine gute Wahl getroffen .«
»Ja. Hier geht man in der Masse unter. Schön diskret .«
»Ich hab eher gemeint, dass es mir hier gefällt. Ist billig, munter, und jeden Moment gibt’s eine Rauferei .«
»Magst recht haben « , meinte Cato beiläufig. Er hielt Ausschau nach ihrem Kontaktmann. Nur eine Handvoll Gäste tranken für sich allein, doch keiner von ihnen erwiderte seinen forschenden Blick. Im nächsten Moment kam der Wirt zu ihnen herüber.
»Was hätten die Herren gern ?«
»Was gibt es denn ?« , fragte Macro.
»Steht an der Wand .« Der Mann zeigte auf eine lange Liste von Weinen der Region, die er mit Kreide hinter der Theke an die Wand geschrieben hatte.
»Hmm !« Macro lächelte genießerisch. »Wie ist der Etrusker ?«
»Ausgegangen .«
»Oh, na gut. Und der Kalabrier ?«
»Ausgegangen .«
»Der Falerner ?«
Der Wirt schüttelte den Kopf.
»Also, was gibt’s denn überhaupt noch ?«
»Heute den Ligurer und den Belgier. Das wär’s .«
»Belgium ?« Cato hob eine Braue. »Ich dachte, dort braut man eher Bier ?«
»Tun sie auch .« Der Wirt kratzte sich an der Nase. »Hätten meiner Meinung nach dabei bleiben sollen .«
»Ich verstehe .« Cato zuckte mit den Schultern. »Dann den Ligurer. Einen
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