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Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Schwelle an. »Euer Vater wünscht, daß wir unseren Spaziergang machen.« Sie blickte zu James More hinüber, er nickte, und wie ein gut disziplinierter Soldat wandte sie sich, um mit mir zu gehen. Wir wählten einen unserer alten Wege, den wir schon so oft gegangen waren in einem Glück, wie ich es gar nicht beschreiben kann. Ich ging einen halben Schritt hinterdrein, so daß ich sie ungestört beobachten konnte. Das Poch, Poch, Poch ihrer kleinen Schuhe auf dem Pflaster klang ungemein hübsch und traurig zugleich; und mich dünkte er seltsam, dieser Augenblick, da ich sowohl dem Anfang wie dem Ende so nahe war und gleichsam zwischen zwei Schicksalen wandelte, ohne zu wissen, ob ich diese Schritte zum letztenmal hörte, oder ob ihr Klang mit und neben mir eilen würde mein Leben lang, bis der Tod uns schied. Sie vermied es, mich anzusehen und ging nur vor mir her wie jemand, der weiß, was kommt. Ich erkannte, daß ich zu ihr sprechen müßte, bevor mich mein Mut ganz verließ, aber ich wußte nicht, wo anfangen. In dieser peinlichen Lage, da das Mädchen mir gleichsam mit Gewalt in die Arme gezwungen wurde, und in Anbetracht ihrer Bitte um Schonung schien jeder übermäßige Druck unehrenhaft; und doch mußte es allzu kalt anmuten, wenn ich jeglichen Druck vermied. Zwischen diesen beiden Extremen schwankte ich hilflos hin und her; ich hätte mir vor Verzweiflung die Finger zerbeißen mögen, und als ich endlich doch ein Wort über die Lippen brachte, sprach ich sozusagen ohne Überlegung, auf gut Glück. »Catriona,« sagte ich, »ich bin in einer sehr peinlichen Lage; wir beide sind es. Ich wäre Euch zu sehr großem Danke verpflichtet, wenn Ihr mir versprechen wolltet, mich ausreden zu lassen und mich nicht zu unterbrechen.« Sie gab mir schlicht das Versprechen.
    »Ja,« sagte ich, »was ich sagen muß, fällt mir sehr schwer; ich weiß auch ganz genau, daß ich eigentlich gar kein Recht zu reden habe. Nach allem, was vorigen Freitag zwischen uns vorgefallen ist, habe ich kein Recht mehr dazu. Wir sind in einen solchen Wirrwarr hineingeraten (einzig durch meine Schuld), daß Schweigen das Mindeste ist, was man von mir verlangen kann, und ich hatte auch die redliche Absicht zu schweigen; nichts lag mir ferner, als Euch noch einmal zu beunruhigen. Aber, Liebe, das Reden ist nun zur Notwendigkeit geworden – es gibt keine andere Möglichkeit. Seht Ihr, inzwischen ist mir auch mein Erbe zugefallen, wodurch ich eine bessere Partie geworden bin und, – und die ganze Sache sieht überhaupt nicht mehr so lächerlich aus wie früher. Außerdem behauptet man, unsere ganze Angelegenheit sei so verwickelt (wie ich vorhin schon sagte), daß es besser wäre, wenn wir es dabei bewenden ließen. Meiner Ansicht nach hat man diesen Teil der Sache ungeheuer übertrieben, und ich würde, wenn ich an Eurer Stelle wäre, keine zwei Gedanken mehr daran verschwenden. Es ist aber nur recht, wenn ich es Euch gegenüber erwähne, da es James More zweifellos beeinflußt. Dann meine ich auch, wir wären gar nicht so unglücklich gewesen, als wir noch zusammen lebten. Ich meine, wir sind doch recht gut miteinander ausgekommen. Wenn Ihr nur einen Blick in die Vergangenheit werfen wolltet, Liebe, – «
    »Ich will weder in die Vergangenheit noch in die Zukunft blicken,« unterbrach sie mich. »Sagt mir nur das eine: ist dies meines Vaters Werk?«
    »Er billigt es,« sagte ich, »er billigt es, daß ich um Eure Hand anhalte.« Gleichzeitig wollte ich mit einem stärkeren Appell an ihr Gefühl fortfahren, als sie mir, ohne darauf zu achten, das Wort abschnitt.
    »Er hat es Euch befohlen!« rief sie, »es nützt nichts, daß Ihr leugnet; Ihr sagtet selbst, nichts hätte Euch ferner gelegen. Er hat es Euch befohlen!«
    » Er hat als erster davon geredet, wenn Ihr das meint,« hub ich an. Sie ging jetzt ein wenig rascher und starrte gerade vor sich hin; bei meinen Worten stieß sie einen leisen, unartikulierten Laut aus, und ich glaubte zuerst, sie würde davonlaufen. »Ohne das hätte ich nach dem, was Ihr mir letzten Freitag sagtet, gar nicht erst lange gefragt,« fuhr ich fort; »aber als er mich darum ersuchte – was konnte ich wohl anders tun?«
    Sie hielt inne und drehte sich nach mir um. »Jedenfalls ist die Frage mit ›Nein‹ beantwortet, und damit hat's ein Ende.« Und sie begann von neuem vorwärts zu eilen.
    »Ich hätte mir ja denken können, daß es nicht anders möglich sei«, sagte ich, »aber ich finde, Ihr könntet, nun

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