Catriona
alles wirklich endgültig aus ist, ein wenig freundlicher sein. Ich verstehe nicht, weshalb Ihr so hart seid. Ich habe Euch sehr lieb gehabt, Catriona – was schadet es, wenn ich Euch zum letztenmal so nenne. Ich habe getan, was in meinen Kräften stand, ich versuche immer noch das Gleiche zu tun, und bedauere nur, daß ich nicht mehr zu tun vermag. Ich wundere mich, daß es Euch Freude macht, hart gegen mich zu sein.« »Ich denke nicht an Euch«, sagte sie, »ich denke nur an jenen Mann, meinen Vater.«
»Nun, auch in dieser Richtung kann ich Euch helfen; ich muß Euch sogar helfen. Es ist durchaus notwendig, Liebe, daß wir uns über Euern Vater beraten; so, wie unsere Unterredung geendet hat, wird James More sehr zornig werden.« Sie hielt noch einmal inne. »Ist es, weil ich meine Ehre verloren habe?« fragte sie.
»Das ist seine Art, die Sache zu sehen,« entgegnete ich, »aber ich sagte Euch ja bereits, Ihr solltet Euch nicht dran kehren.« »Mir ist es ganz gleich«, rief sie. »Ich freue mich, daß ich entehrt bin.« Ich wußte nicht recht, was ich darauf sagen sollte und schwieg.
Nach diesem letzten Ausruf schien sie heftig mit sich zu ringen, dann brach es aus ihr hervor: »Was soll das überhaupt heißen? Wie kommt es, daß solche Schande auf mein Haupt gehäuft wird? Wie konntet Ihr es nur wagen, David Balfour?«
»Liebe«, sagte ich, »was sollte ich denn tun?«
»Ich bin nicht Eure Liebe«, protestierte sie. »Ich verbiete Euch, mir derartige Namen zu geben.«
»Ich dachte im Augenblick nicht an meine Worte«, sagte ich. »Mir blutet das Herz, Miß Drummond. Was immer ich auch sage, seid überzeugt, ich habe volles Mitgefühl mit Eurer schwierigen Lage. Aber ich möchte, daß Ihr wenigstens eine Sache im Auge behaltet, wenn auch nur so lange, bis wir sie in Ruhe besprochen haben: es wird zu Hause einen heftigen Zusammenstoß geben. Nehmt mein Wort dafür: wir beide müssen zusammenhalten, wenn wir diese Affäre in Frieden beilegen wollen.« »Ja«, sagte sie. Auf ihre beiden Wangen trat ein roter Fleck. »Wollte er sich mit Euch duellieren?«
»Ja, das wollte er,« antwortete ich.
Das Lachen, das sie hervorstieß, war furchtbar. »Das hat nur noch gefehlt!« rief sie. Und dann zu mir gewandt: »Mein Vater und ich sind ein sauberes Paar, aber ich danke dem lieben Gott, daß einige noch schlimmer sind als wir. Ich danke dem lieben Gott, daß er mich Euch hat so sehen lassen. Auf der ganzen Welt lebt kein Mädchen, das Euch nicht verachten müßte.« Ich hatte ziemlich viel in Geduld über mich ergehen lassen, aber das schoß über das Ziel.
»Ihr habt kein Recht, so zu mir zu sprechen. Was habe ich Euch anderes als Gutes getan – oder doch zu tun versucht? Ist das hier der Dank? Oh, das ist wirklich zu viel.«
Sie sah mich immer noch mit bösem Lächeln an. »Feigling!« sagte sie.
»Das Wort in Eure und Eures Vaters Kehle!« schrie ich. »Ich habe ihm heute schon einmal getrotzt, um Euretwillen; ich werde ihm auch ein zweites Mal trotzen, dem stinkenden alten Iltis; komme, was da mag! Zurück mit Euch ins Haus; ich habe genug von Euch allen, genug von Eurer ganzen sauberen Hochlandsbande! Paßt auf, wie Euch zumute sein wird, wenn ich erst tot bin.«
Sie schüttelte den Kopf und sah mich immer noch mit dem gleichen Lächeln an; ich hätte sie schlagen mögen. »So ist's recht; lächelt nur immer weiter! Ich habe Euren sauberen Vater heute schon einmal lächeln sehen, aber nachher hat er's bereut. Nicht, daß er etwa Angst hatte,« fügte ich hastig hinzu; »aber er zog den anderen Weg vor.«
»Was soll das heißen?« fragte sie.
»Ich habe ihn gefordert.«
»Ihr habt James More gefordert?«
»Jawohl, und er hatte höchst wenig Lust zu kämpfen; wäre ich sonst hier?«
»Dahinter steckt etwas«, beharrte sie. »Was wollt Ihr damit sagen?«
»Er wollte Euch zwingen, mich zu heiraten,« erwiderte ich, »und ich wollte es nicht dulden. Ich sagte, Ihr solltet frei sein, und ich müßte Euch allein sprechen; freilich, daß es so kommen würde, ahnte ich nicht! ›Und wenn ich mich nun weigere?‹ sagte er. – ›Dann muß es wohl zum Halsabschneiden kommen‹, sagte ich. ›Ich dulde ebensowenig, daß man jener jungen Dame einen Gatten aufoktroyiert, wie ich mir ein Weib aufzwingen lasse.‹ Das waren meine Worte, die Worte eines Freundes; teuer habe ich dafür bezahlen müssen. Nun Ihr mich aus freien Stücken ausgeschlagen habt, lebt in den ganzen Hochlanden, ja in der weiten Welt kein
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