Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
aufrichtete. »Ist das nicht der Alan Breck, dem man die Schuld an dem Appiner Unglücksfall in die Schuhe schiebt?«
    Ich sagte »ja«, es wäre der nämliche, und eine Zeitlang hielt er mich von meinen anderen Briefen ab durch allerlei Fragen über die Art unserer Bekanntschaft, über Alans Leben in Frankreich, von dem ich ja nur sehr wenig wußte, und über den Besuch, den er mir vorgeschlagen. »Wir Verbannten hängen alle ein wenig zusammen,« erklärte er, »außerdem kenne ich den Gentleman; und obwohl seine Abstammung etwas zweifelhaft ist und er in Wahrheit gar nicht das Recht hat, sich den Namen Stuart beizulegen, wurde er bei Drummossie doch sehr bewundert. Er hat sich dort als echter Soldat gezeigt; hätten andere, deren Namen nicht genannt zu werden brauchen, sich ebenso benommen, der Ausgang würde jetzt nicht als so traurig in unserer Erinnerung haften. Zwei Männer haben an jenem Tage ihr Bestes hergegeben; das kittet uns zusammen.« Es fehlte wenig, und ich hätte ihm die Zunge gezeigt; fast hätte ich wünschen mögen, Alan wäre da gewesen, um ihn über die Bemerkung betreffs seiner Abstammung etwas genauer zur Rede zu stellen (obschon man mir sagt, daß sie wirklich nicht ganz einwandfrei ist). Inzwischen hatte ich Miß Grants Brief geöffnet und konnte mich eines Ausrufs nicht enthalten.
    »Catriona,« rief ich – zum erstenmal seit ihres Vaters Rückkehr vergaß ich einen Schnörkel hinzuzufügen – »ich bin endlich zu meinem Eigentum gekommen, jetzt bin ich wirklich Gutsherr von Shaw – mein Onkel ist gestorben.« Sie klatschte in die Hände und sprang von ihrem Sitz auf. Im nächsten Augenblick muß es uns beiden wohl klar geworden sein, wie wenig Grund zur Freude wir noch hatten, und wir starrten einander traurig an. Aber James zeigte sich als vollendeter Heuchler. »Meine Tochter,« sagte er, »ist das ein Benehmen, wie meine Base es dich gelehrt hat? Mr. David hat einen nahen Freund verloren; wir sollten ihm vor allem zu seinem Verlust unser Beileid aussprechen.« »Bei Gott, Sir,« erwiderte ich, mich in einer Art Zorn gegen ihn wendend, »ich bring's nicht fertig, Fratzen zu schneiden. Sein Tod bedeutet für mich eine so freudige Nachricht, als ich nur je empfangen werde.« »Eine wackere Soldatenphilosophie«, meinte James. »'S ist der Weg allen Fleisches; wir müssen alle, alle sterben. Und wenn der betreffende Gentleman wirklich so wenig Eure Gunst genoß – nun, dann habt Ihr recht! Aber wir dürfen Euch doch wenigstens zum Antritt Eures Erbes beglückwünschen?«
    »Das will ich auch nicht sagen«, entgegnete ich nicht minder eifrig. »Es ist zwar ein stattlicher Besitz; aber was hat das für einen Junggesellen, der bereits sein Auskommen hat, zu bedeuten? Da ich sparsam bin, genügte mir meine Rente bisher vollauf; außer durch den Tod dieses Mannes – der mich freut, zu meiner Schande sei's gesagt! – kann ich nicht finden, daß irgend jemand durch diese neuen Verhältnisse gewinnt.« »Pah, pah,« sagte er, »Ihr seid tiefer gerührt, als Ihr zugeben wollt, sonst würdet Ihr Euch nicht für so einsam erklären. Hier sind drei Briefe; das bedeutet, daß Euch drei Menschen wohlwollen, und ich kann allein in diesem Zimmer noch zwei weitere nennen. Ich kenne Euch erst kurze Zeit, aber Catriona wird, wenn wir allein sind, nicht müde, Euer Lob zu singen.« Der Blick, den sie ihm bei diesen Worten zuwarf, war ein wenig wild, und er glitt sofort in ein anderes Thema hinüber: den Umfang meiner Besitzungen. Dieser Gegenstand beschäftigte ihn den größten Teil des Mahles lebhaft. Aber seine Heuchelei war ganz umsonst; er hatte allzu plump an der Angelegenheit gerührt, ich wußte, was mir bevorstand. Das Essen war kaum vorüber, als er ganz offen seine Karten aufdeckte. Er erinnerte Catriona an einen Auftrag, den sie zu erledigen hatte, und hieß sie gehen. »Ich glaube nicht, daß du länger als eine Stunde fort sein wirst, und Freund David wird die Güte haben, mir bis zu deiner Rückkehr Gesellschaft zu leisten.« Sie beeilte sich, ihm schweigend zu gehorchen. Ich weiß nicht, ob sie ihn verstand, glaube es aber nicht; ich war mir dagegen vollständig im Klaren und stählte mich innerlich gegen das, was nun folgen mußte.
    Kaum war die Tür hinter ihr ins Schloß gefallen, als er sich in seinen Stuhl zurücklehnte und sich mit affektierter Leichtigkeit an mich wandte. Eines nur verriet ihn: sein Gesicht, das plötzlich über und über von kleinen Schweißperlen

Weitere Kostenlose Bücher