Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Catriona

Catriona

Titel: Catriona Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
Vom Netzwerk:
Knie reichten. Zweifellos sollten sie eine Art Verkleidung sein; da es jedoch ein warmer Tag zu werden versprach, machte Alan eine äußerst auffallende Figur. »Nun, David,« sagte er, »ist das nicht ein schöner Morgen? Heute ist ein Tag, wie er sein sollte. Das nenn ich mir eine Abwechslung nach dem Aufenthalt im Bauche des Heus; und während du hier schliefst und dich rekeltest, habe ich etwas getan, das ich vielleicht nur allzu selten tue.«
    »Was denn?« fragte ich.
    »Ach, nur so 'n bißchen gebetet.«
    » Und wo sind meine ›Herrschaften‹, wie du sie nennst?«
    »Das weiß allein der liebe Gott«, antwortete er.
    »Mit einem Wort, wir müssen uns auf unser Glück verlassen. Munter, David! Auf die Beine! Fortuna sei uns noch einmal hold! Es scheint, wir sollen einen wundervollen Spaziergang haben.«
    So ging es in östlicher Richtung weiter am Meere entlang bis an die Mündung des Esk, wo die Salzgruben dampften. Ohne Zweifel schien die Morgensonne strahlender als sonst auf Arthurs Sitz und auf die grünen Hügel von Pentland, aber der Zauber des Tages schien Alan gegen den Strich zu gehen.
    »Ich komme mir vor wie ein Holzklotz, an einem Tage wie heute Schottland zu verlassen«, bemerkte er. »Es will mir nicht aus dem Schädel; lieber, glaub ich, bleibe ich hier und lass mich henken.«
    »Es würde dir doch nicht gefallen, Alan«, sagte ich. »In Frankreich ist es ja auch ganz schön,« erklärte er, »aber es ist nicht dasselbe. Es ist, glaube ich, sogar schöner als hier, aber es ist nicht Schottland. Es gefällt mir großartig, wenn ich erst drüben bin; und doch bang ich mich nach schottischen Strohdächern und schottischem Torfgeruch.«
    »Wenn dich nichts anderes drückt, Alan, so ist es ja weiter nicht schlimm«, sagte ich.
    »Ich hab auch kein Recht, mich zu beklagen,« meinte er, »gerade jetzt, da ich eben erst aus dem verdammten Heu heraus bin.«
    »Du hattest deinen Heuschober also gründlich satt?« erkundigte ich mich.
    »Satt ist gar nicht der richtige Ausdruck«, entgegnete er. »Ich lass mich nicht so leicht entmutigen; aber ich fühl mich wohler an der frischen Luft mit dem Himmel über mir. Ich bin wie der alte schwarze Douglas (so hieß er doch?), der lieber die Lerche trillern als die Mäuse piepsen hörte. Und in dem Schober, David – der sich ja, wie ich zugeben muß, vorzüglich als Versteck eignete – war es stockfinster von morgens bis abends, weißt du. Es gab Tage (oder auch Nächte, wie sollte ich das wissen?) die mir so lang wie ein langer Winter erschienen.«
    »Wie wußtest du die Stunde für unser Stelldichein?« fragte ich.
    »Der Hausvater brachte mir so um elf mein Abendbrot und einen Tropfen Schnaps und ein Endchen Talglicht, um mir zu leuchten«, sagte er. »Wenn ich dann einen Bissen gegessen hatte, wußte ich, es war ungefähr Zeit, in den Wald zu gehen. Dort lag ich und bangte mich arg nach dir, David,« fuhr er fort, seine Hand auf meine Schulter legend, »und erriet aus dem Gefühl, wann die zwei Stunden vorbei waren – wenn nicht Charlie Stuart kam und es mir an seiner Uhr bewies, – und zurück ging's in meinen Schober. Ja, ja, das war kein kurzweiliger Aufenthalt, und dem Himmel sei Dank, daß ich mich durchgeschunden habe.«
    »Wie vertriebst du dir die Zeit?« erkundigte ich mich.
    »So gut ich konnte!« antwortete er. »Manchmal spielte ich das Knöchelspiel. Ich bin großartig im Knöchelspiel, aber es ist eine langweilige Geschichte, wenn keiner da ist, um einen zu bewundern. Und manchmal hab ich auch gedichtet.«
    »Wovon handeln denn deine Gedichte?« forschte ich weiter.
    »Oh, so von Hirschen und von der Heide und von den alten Häuptlingen, die längst gestorben sind – na, wovon Gedichte im allgemeinen handeln – und manchmal redete ich mir auch ein, ich hätte einen Dudelsack und spielte darauf. Großartige Melodien hab ich gespielt, und mir kam's vor, ganz meisterhaft; ich schwöre, mitunter hab ich's direkt schrillen hören! Aber die Hauptsache ist doch, daß es nun hinter mir liegt.«
    Danach brachte er das Gespräch wieder auf meine Abenteuer, die er sich ganz von vorne, aber ausführlicher erzählen ließ, und denen er mit außerordentlichem Beifall lauschte. Von Zeit zu Zeit erklärte er, ich sei doch »ein sonderbares Exemplar von einem Burschen«.
    »Du hattest also Angst vor Simon Fraser?« fragte er das eine Mal.
    »Große Angst!« rief ich.
    »Das hätte ich auch gehabt, Davie. Er ist, weiß Gott, ein furchtbarer Mensch. Aber

Weitere Kostenlose Bücher